Scharfe Kritik an Begrenzung der Biontech-Auslieferungen

Das Bundesgesundheitsministerium will bei Booster-Impfungen verstärkt auf Moderna und weniger auf das von Biontech setzen. Kritiker sprechen von einer Handbremse und einem schlechten Scherz.

München/Berlin (dpa) - Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek protestiert gegen eine vom Bundesgesundheitsministerium angekündigte Begrenzung der Biontech-Auslieferungen. Das sei inakzeptabel, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in München.

Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder ist, will dies nun auf die Tagesordnung der für Montag geplanten GMK-Beratungen setzen. «Das muss besprochen und gelöst werden.» Auch Politiker von Grünen und FDP sowie die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierten das Vorhaben. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte im Deutschlandfunk, es sei «ein schwieriger Beschluss, den ich so nicht richtig finde. Weil viele Menschen in Deutschland vertrauen dem Biontech-Impfstoff besonders. Der wird ja auch in Deutschland produziert.»

Das Bundesgesundheitsministerium hatte in einem Schreiben an die Länder betont, dass bis Jahresende genug Impfstoff auch für Auffrischungsimpfungen zur Verfügung stehe. Neben dem Präparat von Biontech/Pfizer solle dafür aber vermehrt das von Moderna eingesetzt werden. Andernfalls drohten eingelagerte Moderna-Dosen ab Mitte des ersten Quartals 2022 zu verfallen, was aber vermieden werden müsse.

Höchstgrenzen für Biontech-Bestellungen

Für Biontech sollen daher «Höchstbestellmengen» definiert werden, wie es in dem Schreiben heißt. Praxen sollen demnach vorerst maximal 30 Dosen pro Woche bestellen können, Impfzentren und mobile Impfteams 1020 Dosen. Betont wird: «Bestellungen für Moderna-Impfstoff werden keiner Höchstgrenze unterliegen und vollumfänglich beliefert.»

Bund und Länder hätten gemeinsam festgelegt, dass es nun eine große, gemeinsame Kraftanstrengung beim Impfen brauche, sagte Holetschek. «Diese werden alle Bundesländer mit aller Kraft in Angriff nehmen.» Erst- und Zweitimpfungen seien wichtig, besonders aber auch die Booster-Impfungen. Wenn man nun höre, dass der Biontech-Impfstoff eingeschränkt werden solle, sei das «absolut inakzeptabel und zerstört das notwendige Vertrauen, dass die Bürgerinnen und Bürger in dieser hochdramatischen Lage in uns haben müssen». Nicht nur für die Impfzentren sei dies inakzeptabel, sondern vor allem auch für die Ärzteschaft, die darauf sämtliche Planungen ausgerichtet habe.

FDP: Muss ein schlechter Scherz sein

Die beiden Impfstoffe, Biontech und Moderna, gelten als gleichwertig, dies sieht auch die Ständige Impfkommission (Stiko) so. In deren aktueller Empfehlung heißt es allerdings: «Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff benutzt werden, der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung gekommen ist.» Wenn dieser nicht verfügbar sei, könne aber «auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden». Biontech ist der in Deutschland bisher mit Abstand am häufigsten verwendete Impfstoff. Die Ärzteschaft rechnet deshalb nun mit deutlich erhöhtem Beratungsbedarf in den Praxen.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen schrieb am Freitagabend bei Twitter zu dem Vorhaben: «Das sollten wir nicht tun! Wir brauchen alles andere als eine Handbremse beim Impfen.» Gerade für junge Menschen sei der Biontech-Impfstoff besonders gut verträglich. «Auch die Wahl zwischen verschiedenen Vakzinen spielt bei der Entscheidung für die wichtige Erstimpfung eine Rolle.»

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer erklärte: «Das muss ein schlechter Scherz sein.» Es brauche massenhaft Impfungen, um kurzfristig die Boosterwirkung sicherzustellen und die Impfquote zu erhöhen. «Hier jetzt Höchstmengen zu definieren, ist absolut kontraproduktiv und setzt ein völlig falsches Signal. Alles was verimpft werden kann, muss verimpft werden.»

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