Scheidung ist „kein Versagen“ - Anwältin sagt, wie Sie bei einer Trennung Geld und Gefühle schonen

Eine Trennung ist kein Versagen, sie kann eine Befreiung sein, man muss es nur zulassen, meint Familienanwältin Sandra Günther.<span class="copyright">Getty Images/Jacob Wackerhausen</span>
Eine Trennung ist kein Versagen, sie kann eine Befreiung sein, man muss es nur zulassen, meint Familienanwältin Sandra Günther.Getty Images/Jacob Wackerhausen

Eine Trennung bringt nicht nur emotionalen, sondern auch bürokratischen Ballast mit sich. Anwältin Sandra Günther erklärt, welche rechtlichen Schritte unerlässlich sind, um diesen Lebensabschnitt möglichst reibungslos zu bewältigen.

Was sind die ersten Schritte, die man bei einer Trennung oder Scheidung in rechtlicher Hinsicht unternehmen sollte?

Wenn sich eine Trennung anbahnt, sollten zunächst wichtige Dokumente, wie die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunden minderjähriger Kinder, Versicherungsunterlagen, Einkommensnachweise des Partners und sonstige wichtige Verträge gesichert oder kopiert werden. Diese Unterlagen können im Nachgang einiges erleichtern und haben möglicherweise Beweiskraft, wenn es zum Beispiel um ein unterhaltsrechtliches Verfahren geht. Auch ist es wichtig, sich anwaltlich beraten zu lassen.

Zu wissen was möglich ist und was nicht, kann nur ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Familienrecht richtig einordnen. An der Beratungsgebühr sollte daher nicht gespart werden. Eine plötzliche Trennung ist emotionale häufig schwierig zu verkraften. Man sollte sich dafür aber nicht schämen und am besten einen guten Freund oder eine Freundin mit einbeziehen. Wenn klar ist, dass einer von beiden auszieht, dann kann eine Auflistung der Hausratsgegenstände dabei helfen, den Hausrat entsprechend aufzuteilen.

Sprechen Sie nach Möglichkeit auch über Ihre Fahrzeuge, über die dazugehörigen KFZ Versicherungen und wie diese aufgeteilt werden sollen. Bei Sparvermögen, welches während der Ehe angespart wurde, sollte dieses hälftig geteilt werden. Sofern nämlich kein Ehevertrag besteht, befindet man sich in der Regel im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zugewinn wird somit unter den Eheleuten hälftig geteilt. Derjenige, der mehr verdient, muss übrigens dem anderen Trennungsunterhalt zahlen. Dies sind in der Regel 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens. Auch über Kindesunterhalt muss im Rahmen einer Trennung gesprochen werden.

Derjenige, der die Kinder überwiegend betreut, hat Anspruch auf Kindesunterhalt. Wenn eine Einigung friedlich nicht zu erzielen ist, dann besteht immer die Möglichkeit, dass Familiengericht mit einzubeziehen. Dies ist natürlich mit Kosten verbunden. Die Kosten für ein gerichtliches Verfahren werden allerdings übernommen, wenn der oder die Betroffene nur wenig bis gar kein Einkommen erzielt. Dies nennt sich dann Verfahrenskostenhilfe.

Eine Trennung ist kein Versagen. Sie kann eine Befreiung sein, man muss es nur zulassen.

 

Wie kann man mit den Ängsten und dem Gefühl des Versagens umgehen, die oft mit einer Trennung oder Scheidung einhergehen?

Viele Menschen empfinden in Trennungssituationen das Gefühl, versagt zu haben. Eine Trennung ist aber kein Versagen. Möglicherweise hat man es über viele Jahre geschafft, das perfekt oder weniger perfekte Ehe und Elternpaar abzugeben. Dies ist doch ein Erfolg. Wenn eine Beziehung dann aber zuende geht, hat dies seinen Grund. Im besten Fall haben beide keine Lust mehr auf den jeweils anderen. Im schlechtesten Fall, ist es einer, der geht und ein anderer, der die Beziehung erhalten möchte. Dies ist dann eine schmerzhafte Situation, in die Betroffene erst hineinwachsen müssen.

Wichtig ist in diesen Fällen, nicht alleine zu sein. Eine gute Freundin oder ein guter Freund können Betroffenen ihr Ohr leihen und sie unterstützen. Es hat sich auch als hilfreich erwiesen, bei Trennungsschmerz mehr Sport zu machen oder sich sonst wie abzulenken. Vorwürfe und Schuldgefühle bringen dagegen nur noch mehr Leid. Es gibt auch die Möglichkeit, sich einem Therapeuten anzuvertrauen.

Ich habe auch einige Mandanten erlebt und begleitet, die sich in eine psychologische Tagesklinik haben einweisen lassen. Dies hat geholfen, sich wieder neu aufzustellen. Eine Trennung kann ungeahnte Kräfte freisetzen. Man sollte sich von dem anfänglichen Schmerz nicht entmutigen lassen und weitermachen. Das Leben ist kurz, viel zu kurz, um sich aufzuregen und viel zu kurz, um einfach liegen zu bleiben. Wenn gemeinsame Kinder da sind, ist liegenbleiben ohnehin keine Option, oder?

Es hat sich auf bewährt, zunächst einmal Abstand von gemeinsamen Freunden und der Familie des oder der anderen zu gewinnen. So wird man nicht ständig an die Thematik erinnert. Eine optische Veränderung kann ebenfalls dabei helfen, sich selbst wieder zu finden. Auch das Internet bietet zahlreiche Informationen und Hilfen zum Thema Trennung.

Wenn Schlaflosigkeit vorherrscht, sollte versucht werden, diese umzupolen in eine Schaffensperiode: Gedichte schreiben, ein Tagebuch führen oder sonst wie kreativ zu werden, kann helfen, über den Schmerz hinwegzukommen.

 

Wie erkennt man eine toxische Ehe und welche rechtlichen Möglichkeiten hat man, um sich aus dieser Situation zu befreien?

Das Wort „toxisch“ ist heute in aller Munde. Aber was bedeutet das eigentlich, toxisch? Toxisch (abgeleitet aus dem englischen mit der Bedeutung giftig) bedeutet, dass eine Beziehung geprägt ist von emotionalen oder auch physischen Verletzungen. Toxisch bedeutet, schwierige oder mangelhafte Kommunikation. Eine toxische Beziehung belastet, sie belastet massiv und das nahezu täglich. Eine normale Diskussion mit dem eigenen Partner ist unmöglich. Ein friedliches Miteinander wird immer schwieriger. Man stellt sich wechselseitig als „ den Täter“ oder „ das Opfer “ hin. Es gibt keine gemeinsame Schnittmenge, außer vielleicht die sexuelle Anziehungskraft.

Die Beziehung besteht nur noch aus einem Auf und Ab der Gefühle. In rechtlicher Hinsicht hat die Tatsache, dass sich zwei Menschen nicht gut tun, keine Auswirkungen. Anders sieht es natürlich aus, wenn körperliche Gewalt an der Tagesordnung ist. Dann sollte man den Partner bei der Polizei anzeigen und, sofern erforderlich, ein Gewaltschutzverfahren nebst Wohnungszuweisung einleiten lassen. Wenn es sich um emotionale Gewalt handelt, hat man rechtlich kaum die Möglichkeit, dagegen vorzugehen.

Psychische Gewalt ist nicht sichtbar und vor Gericht geht es darum, Sachverhalte zu beweisen. Ich rate Betroffenen bei psychischer Gewalt dazu, sich von dem Partner zu distanzieren und sich von diesem zu lösen. Bei emotionaler Gewalt gibt es immer einen, der sie ausübt und einen, der es mit sich machen lässt. Es geht nur über den Weg Trennung, wenn man sich aus einer derartigen Situation befreien möchte. Niemand wird dazu gezwungen, in einer toxischen Beziehung zu verharren und dort seine wertvolle Lebenszeit zu vergeuden.

Der Weg der Ablösung ist zwar nicht immer einfach, da emotionale Abhängigkeiten eine große Rolle spielen, aber der Mensch wächst doch letztlich an seinen Aufgaben. Wenn die Trennung nicht aus eigener Kraft möglich ist, dann sollte man sich therapeutische Hilfe mit an die Seite nehmen. Heute beginnt der erste Tag vom Rest Ihres Lebens, sage ich immer zu meinen Mandanten.

Wie kann man mit dem emotionalen Schmerz umgehen, der oft mit einer Trennung einhergeht und welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

Emotionaler Leidensdruck kann zerstören, er kann mürbe machen und handlungsunfähig. Eine Trennung gleicht oft einem Tod eines nahestehenden und geliebten Menschen. Dieser Schmerz ist schlimm und schwer zu ertragen. Diesen Schmerz dauerhaft auszuleben, ist aber keine Lösung. Sicher ist es in Ordnung, zu Beginn der Trennung verzweifelt und hoffnungslos zu sein. Man sollte sich aber nicht darin verlieren, dazu ist das Leben zu kurz.

Es gibt Mittel und Wege mit dem Schmerz umzugehen. So kann man den Schmerz und die Gedanken, die damit verbunden sind, aufschreiben. Dies hilft dabei, die lästigen und schmerzhaften Gedanken loszuwerden. Eine weitere Möglichkeit, gerade bei Gedankenkreisen, ist der sogenannte Grübelstuhl. Man legt eine Stunde am Tag fest, wo man sich auf einen bestimmten Stuhl an einem ausgewählten Platz setzt, und dort alle Gedanken kommen und gehen lässt. Der Rest des Tages ist dazu da, produktiv zu sein. So kann erlernt werden, den Gedankenkreis zu durchbrechen oder ihn auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. Dies erleichtert enorm.

 

Es gibt auch Selbsthilfegruppen zu dem Thema Trennungsschmerz. Ich selbst habe zum Beispiel ein Coachingprogramm entwickelt, welches Betroffenen u.a. helfen kann, mit einer Trennung zurecht zu kommen. Es gibt auch Psychotherapeuten, die auf das Thema Trennungsschmerz spezialisiert sind. Diese sind zwar überlaufen, aber eine Anfrage kann nicht schaden.

Ferner ist es bei Trennungsschmerz hilfreich, weiterhin aktiv zu bleiben. Sitzen oder liegen zu bleiben, führt unser Gehirn dazu, in dem Zustand zu verharren. Ablenkung, ins Tun kommen - das ist die Lösung. Es wird der Zeitpunkt kommen, da wird es leichter und bis dahin sollten Betroffene stark bleiben für sich und die gemeinsamen Kinder. Wichtig ist an dieser Stelle für Betroffene: Es wird wieder bergauf gehen.