Scheidungsanwältin Sandra Günther - Hinter den Kulissen: So entscheiden Familienrichter wirklich
In den emotional aufgeladenen Sälen der Familiengerichte wird über das Schicksal von Familien entschieden. Scheidungsanwältin Sandra Günther erklärt die Herausforderungen und Verantwortungen, die mit dieser oft unterschätzten Arbeit verbunden sind.
Was sind die wichtigsten Aufgaben eines Familienrichters?
Familiengerichte haben in diesen Zeiten sehr viel zu tun. Scheidungen laufen dabei nur nebenbei. Streitigkeiten über das Sorgerecht, Probleme mit dem Umgangsrecht, Gewaltschutzverfahren und Uneinigkeit über die Zahlungen von Unterhalt sind die Angelegenheiten, die Familiengerichte sehr viel Zeit kosten. Dies liegt daran, dass es dabei schwerpunktmäßig um das Wohl der betroffenen Kinder geht und um den Schutz von Menschen, die im Rahmen ihrer Ehe oder Partnerschaft Gewalt erleben.
Die Aufgabe eines Familienrichters ist es, die wechselseitigen Anträge der Beteiligten zu lesen, rechtlich einzuordnen und dabei neutral zu bleiben. Ein Familienrichter, der sich von Beginn an befangen zeigt, läuft Gefahr, einen Befangenheitsantrag zu kassieren. Familienrichter müssen neutral sein. Das bedeutet, sie dürfen nicht für eine Seite Partei ergreifen. In der Praxis ist das natürlich nicht immer einfach. So positionieren sich Familienrichter hin und wieder eindeutig zu bestimmten Themenkreisen und Verhaltensweisen.
Familienrichter sind aber in der Regel neutral und versuchen stets, für beide Seiten das Optimale zu erarbeiten. Der Familienrichter hat die Verhandlungsführung inne. Er entscheidet, wer wann reden darf, der darf Beteiligte in ihre Schranken weisen und er entscheidet letztlich. Dabei bedient sich das Familiengericht der Auffassung der beigeordneten Verfahrensbeistände und den Berichten und Aussagen des Jugendamtes.
Wenn eine Angelegenheit nach Anhörung der Fachkräfte immer noch schwierig zu entscheiden ist, kann das Familiengericht ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Dies ist natürlich mit Kosten verbunden. Familienrichter müssen sich auf die jeweiligen Schriftsätze der Beteiligten einlassen, diese lesen und sich Gedanken dazu machen. Viele Familienrichter sind ausgebildete Mediatoren. Mediatoren sind Streitschlichter. Wer seine Sache gut macht, der sorgt dafür, dass sich jeder der Beteiligten verstanden und emotional abgeholt fühlt.
Es gibt natürlich auch hier die sogenannten " schwarzen Schafe", die jede Angelegenheit schnell vom Tisch haben wollen und sich nicht weitergehend mit den Beteiligten beschäftigen wollen. Dies stellen aber Ausnahmen dar. So machen Familienrichter in Dortmund beispielsweise einen tollen Job.
Wie sollte der Umgangston zwischen Anwalt und Mandant in emotional belastenden Familienrechtsfällen sein?
Anwalt und Mandant finden sich, genau so wie Arzt und Patient sich finden, erklärt Familienrechtlerin Sandra Günther. Wichtig ist es, dass der Mandant seinem Anwalt vertraut und die Ratschläge desselben annimmt. Gerade in familienrechtlichen Mandanten ist eine Vertrauensbasis unumgänglich. Familienrecht ist emotional, es ist persönlich und intim.
Viele Menschen warten lange damit, sich einer fremden Person gegenüber zu öffnen. Sie fühlen sich bei einer Trennung oft als Versager und sind emotional tief belastet. Ein guter Familienrechtler weiß, wie er Mandanten emotional auffängt und sie anwaltlich berät. Viele benötigen zunächst einmal ein Ohr. Rechtsanwalt und Mandant müssen eine Verbindung zueinander aufbauen.
Der Umgangston zwischen Anwalt und Mandant sollte natürlich respektvoll sein. Es gibt immer wieder Fälle, da drehen sich emotional belastete Mandanten im Kreis. Sie wünschen sich, voran zu kommen, bleiben aber immer wieder an derselben Stelle stehen. Hier muss es der oder die Mandantin auch aushalten, Gegenwind von dem beauftragten Mandanten zu erhalten. Wenn ein Mandat nicht zu dem erhofften Erfolg führen kann, sollte dies kommuniziert werden. Es gibt auch immer wieder Situationen, wo Mandatsverhältnisse von einer Seite beendet werden. Das ist normal. Es kann eben nicht immer passen. Wenn Sie sich bei Deinem Familienrechtsanwalt nicht verstanden oder gut aufgehoben fühlen, sollte dies zum Ausdruck gebracht werden.
Was ist der Verhaltenskodex für Anwälte und Anwältinnen im Familienrecht?
Die Zeiten, wo man sich vor dem Familiengerichten exakt nach einem Verhaltenskodex richten muss, sind vorbei. Auch die Kleidungsauswahl darf variieren. Zumindest unter der Robe. es müssen aber keine Pumps mehr sein, sondern auch Sneaker sind erlaubt. Familienrichter kleiden und stylen sich mittlerweile auch mal einzigartig. Es gibt Richter, die z.B. vollständig und in bunt tätowiert, ihren Bart zu einer Frisur flechten, oder die Haare knallrot gefärbt haben. Wieder andere Richter kommt in den buntesten Sneakern in die Sitzung.
Die Ansprache eines Familienrichters ist auch nicht mehr: " Euer Ehren". Vielmehr werden Familienrichter mit ihrem Nachnamen angesprochen oder mit " Herr oder Frau Vorsitzende. Einem Richter gegenüber muss sollte man sich respektvoll und wertschätzend verhalten. Auch sollte der Richter nicht unterbrochen werden. Wenn ein Richter jedoch abwertendes Verhalten nur im Ansatz zeigt, dann kann der Rechtsanwalt sich dagegen wenden.
Familienrichter, die den Beteiligten und den Rechtsanwälten ständig über den Mund fährt, dürfen jedoch gerne in die Schranken gewiesen werden. Das Duzen eines Richters in der Verhandlung sollte vermieden werden. Es macht einen befremdlichen Eindruck für die Beteiligten. Mandanten müssen häufig darauf hingewiesen werden, wie sie sich in einer anstehenden Verhandlung zu verhalten haben. Das Handy sollte während einer Sitzung ausgeschaltet sein, Kaugummi kauen sollte man unterlassen, die Sonnenbrille und Kopfbedeckung sollte abgenommen werden, und bitte kein Dazwischenreden. Nun könnte man meinen, dass diese Dinge selbstverständlich sind, aber nein, das sind sie nicht. Es ist Alles schon da gewesen.
Wie wird das Sorgerecht in strittigen Fällen am Familiengericht geregelt und welche Rolle spielt dabei der beauftragte Anwalt/ Anwältin?
Wenn sich getrenntlebende Eltern über das Sorgerecht streiten wird in der Regel viel schmutzige Wäsche gewaschen. Da ist die Kindesmutter zu streng und nachlässig was die Gesundheit des Kindes angeht. Die Kindesmutter wirft dem Kindesvater wird im Gegenzug vorgeworfen, dass er ständig wechselnde Frauenbekanntschaften hat und Drogen konsumiert.
Als Rechtsanwältin hört man zunächst einmal nur die eine Seite. Erst wenn die Gegenseite ihrerseits einen Schriftsatz zusendet, nimmt man als Rechtsanwältin auch die gegnerischen Angriffe und Argumente wahr. Oft sind die Darstellungen so widersprüchlich, dass man sich fragt, wer denn nun die Wahrheit sagt. Der Mandant sollte mit den gegnerischen Vorwürfen konfrontiert werden. Es ist auch unerlässlich, Mandanten darauf hinzuweisen, dass es in dem Sorgerechtsverfahren nicht um sie selbst geht , sondern allein um das Wohl des Kindes.
Als Rechtsanwältin müssen auch unangenehme Gespräche mit Mandanten stattfinden. Bei Lügen und Bindungsintoleranz sollte dem Mandanten klar gemacht werden, dass man sich nicht in der Aufgabe sieht, das Kind dem anderen Elternteil zu entfremden. Man sollte sich als Familienrechtsanwältin auchniemals " vor den Karren spannen lassen".
Es geht um die betroffenen Kinder. Diese haben ein Recht auf beide Elternteile. Die Prozesstaktik ist in sorgerechtlichen Verfahren unerlässlich. Was aber noch viel wichtiger ist, ist die Kompetenz, sich in Menschen einzufühlen und mit diesen gemeinsamen eine Lösung zu erarbeiten. Betroffene Eltern sind in der Regel, auch bei Strittigkeit, für Kompromisse zu haben. Sie selbst möchten schließlich auch ihre Ruhe haben und nicht bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gegeneinander kämpfen. Eine gute Familienrechtsanwältin ist in familienrechtlichen Verfahren nicht auf Streit aus, sondern sie arbeite lösungsorientiert und Interesse des Kindeswohls.