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„Schlächter von Bosnien“: Mladic zu lebenslanger Haft wegen Völkermord verurteilt

Ratko Mladic
Ratko Mladic

Das UN-Kriegsverbrechertribunal hat den ehemaligen Armeechef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Richter in Den Haag sprachen ihn am Mittwoch unter anderem wegen des Völkermords von Srebrenica und der jahrelangen Belagerung Sarajewos schuldig. „Die Verbrechen gehören zu den abscheulichsten, die die Menschheit je gesehen hat, darunter Völkermord und Ausrottung als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagte der Richter Alphons Orie. Mladic hörte den Urteilsspruch selbst nicht im Gerichtssaal, weil er nach einer Beschimpfung des Gerichts während der Urteilsbegründung des Saales verwiesen worden war. Es wird erwartet, dass der 74-Jährige in Berufung geht.

Der von seinen Gegnern als „Schlächter von Bosnien“ bezeichnete Mladic wird in seiner Heimat von vielen Landsleuten wie ein Nationalheld verehrt. Er musste sich in insgesamt elf Anklagepunkten vor dem UN-Tribunal verantworten, in zehn Punkten sprach ihn das Gericht schuldig. Der Angeklagte sei Mitglied eines „kriminellen Unternehmens“ gewesen, das die „Säuberung“ Bosniens von Nicht-Serben betrieben habe. Mladic habe die über dreijährige Belagerung von Sarajewo, bei der durch Granatbeschuss und Heckenschützen 11.000 Zivilisten getötet wurden, persönlich geleitet, erklärte der Richter. Beim Völkermord in Srebrenica habe Mladic eine tragende Rolle gespielt und die dortige muslimische Bevölkerung vernichten wollen.

Der kleine Ort Srebrenica nahe der serbischen Grenze wurde unter dem Schutz von gut 300 niederländischen Blauhelm-Soldaten zunächst Zufluchtsstätte für Zehntausende bosnische Muslime. Im Juli 1995 nahmen bosnisch-serbische Soldaten unter Führung von Mladic Srebrenica ein und töteten in den folgenden Tagen rund 8000 muslimische Jungen und Männer. Das Massaker, das vom UN-Tribunal als Völkermord eingestuft wurde und als schlimmstes Kriegsverbrechen in Europa sei dem Zweiten Weltkrieg gilt, war der Auslöser für die Luftangriffe des Westens, die den Bosnien-Krieg schließlich nach dreieinhalb Jahren beendeten. Insgesamt wurden im Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995 rund 100.000 Menschen getötet.

Mladic: „Alles Lüge“

Während der Urteilsverkündung kam es zum Eklat. Als der Richter nach einer Unterbrechung für eine ärztliche Untersuchung Mladics den Antrag der Verteidigung abwies, die Urteilsverkündung aus gesundheitlichen Gründen zu vertagen, rastete Mladic aus. „Alles Lüge“, schrie er: „Ihr seid alle Lügner.“ Vor der Unterbrechung hatte er den Ausführungen des Richters teils mit versteinerter Mine und Kopfschütteln, teils mit einem Grinsen im Gesicht zugehört.

Der Prozess in Den Haag dauerte auch wegen der angeschlagenen Gesundheit des Angeklagten über vier Jahre. Mladic erlitt mehrere Schlaganfälle, seine Anwälte versuchten vergeblich, wegen gesundheitlicher Gründe die Verkündung des Urteils hinauszuzögern. Der Fall Mladic ist der letzte des 1991 eingerichteten Kriegsverbrechertribunals. Mladic war wie der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic 1995 angeklagt worden, konnte aber erst 2011 festgenommen werden. Im März 2016 war Karadzic unter anderem wegen des Massakers von Srebrenica zu 40 Jahren Haft verurteilt worden.

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