Schlafstörung, Schmerzen, Verdauungsproblem - Home-Office kann Schäden verursachen: Sind Sie selbst schon betroffen?
Was sind die Auswirkungen von Homeoffice und digitale Arbeit auf unsere psychische Gesundheit? Psychologin Eva Elisa Schneider gibt Tipps, wie wir in der neuen Arbeitswelt geistig gesund bleiben können.
Wie beeinflusst das Remote-Arbeiten unsere psychische Gesundheit?
Remote Work kann sich sowohl positiv als auch negativ auf unsere psychische Gesundheit auswirken. Auf der positiven Seite reduziert es Stress, wenn wenn wir eine größere Flexibilität und die Möglichkeit haben, unsere Arbeitsumgebung individuell anzupassen.
Außerdem fallen häufig Pendelzeiten weg, was uns mehr Freizeit ermöglicht und die Work-Life-Balance verbessern kann. Viele Menschen berichten zudem von einer gesteigerten Produktivität durch weniger Ablenkungen und bessere Konzentrationsphasen im Homeoffice.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch negative Aspekte. Der fehlende soziale Austausch mit Kollegen kann zu Gefühlen der Isolation und Einsamkeit führen. Ständige Erreichbarkeit und die Vermischung von Arbeits- und Wohnraum lassen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, wodurch uns wichtige Regenerations- und Ruhezeiten wegfallen.
Zudem bewegen wir uns oft weniger, wenn wir remote arbeiten, was langfristig zu körperlichen Beschwerden führen kann. Es ist daher wichtig, im Homeoffice stets eine ausgewogene Tagesstruktur zu gestalten.
Welche Strategien können wir anwenden, um die psychischen Herausforderungen des Remote-Arbeitens zu bewältigen?
Am wichtigsten ist, dass wir uns den Tag durch feste Arbeitszeiten und Routinen strukturieren. Außerdem sollten wir soziale Kontakte pflegen, sei es durch Meetings mit Kollegen oder ein gemeinsames Mittagessen mit jemandem, der in der Nähe wohnt. Darüber hinaus sollten wir uns regelmäßig an der frischen Luft bewegen, um Stress abzubauen und Erholungszeiten zu haben.
Beispielsweise kann man schon morgens einen kurzen Spaziergang machen, bevor man anfängt, zu arbeiten. Auch manche Meetings können durchaus mit einem Spaziergang kombiniert werden, da man für einige Absprachen nicht immer einen Laptop braucht. Wenn wir es aus zeitlichen Gründen nicht raus an die frische Luft schaffen, empfehle ich, sich einen Wecker zu stellen, um jede Stunde einmal kurz 2 Minuten aufzustehen, sich etwas zu strecken und zu mobilisieren. Selbst diese kleinen Bewegungen tun dem Körper und der Psyche gut.
Neben diesen Mikropausen sind ausgedehnte, regelmäßige Pausen unerlässlich, in denen wir weder Handy noch Laptop nutzen. Außerdem sollten wir Abends klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit ziehen, etwa indem wir den Computer in einen anderen Raum legen oder Abends soziale Aktivitäten planen.
Wie können wir trotz sozialer Distanzierung gesunde soziale Kontakte aufrechterhalten?
Auch wenn wir bereits viel digital arbeiten, kann es sehr guttun, sich hin und wieder mit Kollegen zu einem digitalen „Coffee Chat“ zu verabreden. Dort werden keine Arbeitsthemen besprochen, sondern was einen persönlich beschäftigt und wie es einem geht. Dieses ungezwungene Format ersetzt zwar nicht die beiläufigen Gespräche in der Kaffeeküche, aber ist ein wertvoller Austausch, um die Verbindung zu Kollegen zu erhöhen.
Außerdem empfehle ich, soziale Kontakte außerhalb der Arbeit zu suchen und bewusst zu pflegen. Dabei geht immer Qualität vor Quantität: Es ist besser, 2-3 Kontakte bewusst zu pflegen, als nur viele oberflächliche Begegnungen zu haben. Gemeinsame Aktivitäten wie zum Beispiel Sport können eine gute Plattform bieten, die nicht nur gut für unsere mentale, sondern auch für unsere körperliche Gesundheit sind.
Egal mit wem wir uns treffen: Offenheit ist das Credo - je aufrichtiger wir mit unseren Mitmenschen sind und über unsere Gefühle und Gedanken sprechen, desto fester können unsere Beziehungen werden.
Welche Auswirkungen hat die Isolation auf unsere mentale Gesundheit und wie können wir dagegen vorgehen?
Wir sind Herdentiere - wenn wir isoliert sind, kann das zu Gefühlen der Einsamkeit und Leere führen. Einsamkeit ist zudem ein großer Risikofaktor für Depressionen. Isolation kann auch körperliche Auswirkungen haben, da wir oft weniger aktiv sind, wenn wir sozial zurückgezogen leben.
Wir sollten diesen negativen Auswirkungen entgegenwirken, indem wir regelmäßig Kontakte pflegen (auch virtuell), Aktivitäten planen und bestehende soziale Beziehungen vertiefen. Andere Menschen können uns dabei helfen, Ängste und Unsicherheiten zu reduzieren, indem sie uns unterstützend zur Seite stehen, einen guten Ratschlag geben oder ein offenes Ohr haben. Fehlt uns das, ist das emotional sehr belastend.
Wie kann man sich selbst auf psychische Gesundheitsprobleme überprüfen, während man remote arbeitet?
Typische Überleistungsmerkmale bei der Arbeit sind, dass man sich überfordert, ausgelaugt, entfremdet oder motivationslos fühlt. Um diese Signale früh zu erkennen, sollte man sich regelmäßig fragen, wie es einem wirklich geht. Achtsamkeitsübungen können einen dabei gut unterstützen. Zudem kann ein Stimmungstagebuch hilfreich sein, in dem man seine Gedanken und Gefühle notiert. Dadurch lassen sich Veränderungen im persönlichen Empfinden besser erkennen.
Wenn einem diese Form der Selbstreflexion schwerfällt, kann es sehr hilfreich sein, auf körperliche Signale zu achten. Schlafstörungen, körperliche Schmerzen, Verdauungsprobleme oder Veränderung im Appetit können Anzeichen für psychische Belastungen sein. Außerdem sollte man regelmäßig überprüfen, inwiefern man sich mit Kollegen, Familie und Freunden verbunden oder sich eher einsam, missverstanden oder abgekapselt fühlt. Wenn sich diese Anzeichen häufen, sollte man sie unbedingt ernst nehmen und sich professionell beraten lassen.