Ob schuldig oder nicht - Betrunkener rast deutsche Familie tot - absurdes Paraguay-Gesetz verhindert Gefängnis
Fast die gesamte Familie der deutschen Konsulin in Paraguay, Kristin B., stirbt bei einem schweren Autounfall. Der Unfallverursacher hatte Alkohol im Blut. Im Krankenhaus machte er ein schockierendes Angebot. Um das Gefängnis kommt er wohl wegen eines absurden Gesetzes aber herum.
Ein schrecklicher Autounfall ereignete sich am Sonntagmittag in der Nähe von Asuncion in Paraguay auf einer Landstraße. Am Ende starben dabei vier Menschen, unter anderem fast eine gesamte deutsche Diplomatenfamilie. Der Unfallverursacher ist ein 68-jähriger Mann, der trotz Überholverbots auf die Gegenfahrbahn lenkte und zwei entgegenkommende Wagen rammte. Er war betrunken. Was er im Krankenhaus anbietet, ist an Schamlosigkeit kaum zu überbieten. Das Gefängnis könnte er sich aber auch auf anderem Wege sparen, einem absurden Gesetz in Paraguay sei Dank.
Erst rammte der Mann, bei dem später 1,2 Promille Alkohol im Blut festgestellt werden, bei einem Überholversuch den roten Kia, in dem die Familie der deutschen Diplomatin Kristin B. saß. Sie, ihr Mann und der zweijährige Sohn starben, die Tochter (8) überlebte mit schweren Verletzungen. Im zweiten Auto, in das der 68-Jährige krachte, starb eine 57-jährige Frau. Überwachungskameras, die den Unfall filmten, sollen zudem zeigen, dass der Betrunkene am Steuer schon zuvor mehrfach riskant überholte.
Eiskaltes Angebot von betrunkenem Unfallfahrer: „Hat das Leben einen Preis?“
Den Angehörigen der getöteten 57-Jährigen macht der Unfallfahrer im Krankenhaus später ein eiskaltes Angebot, statt Reue zu zeigen: Er bot Geld, um die Sache zu regeln. Deren Tochter macht das wütend. „Hat das Leben einen Preis? Wie kann man das finanziell ausgleichen?“, fragt sie in der lokalen Tageszeitung „Hoy“.
Dass sich der 68-Jährige freikaufen könnte, fürchtet auch die Schwägerin der getöteten Diplomatin. „Ein zweijähriges Kind ist gestorben, ein achtjähriges Mädchen hat seine Familie verloren und kämpft um sein Leben“, sagte sie dem paraguayischen TV-Sender NPY. „Wir brauchen niemandes Geld. Wir wollen Gerechtigkeit."
Absurde Rechtslage in Paraguay: Betrunkener Todesfahrer kommt wohl um Haft herum
Möglicherweise ist es für den 68-Jährigen aber gar nicht nötig, sich freizukaufen. In Paraguay gilt man nämlich ab einem Alter von 70 Jahren als haftunfähig. Die dann mögliche Höchststrafe ist ein Hausarrest. Selbst wenn der Mann aber gegen einen solchen verstoßen würde, drohen ihm nur strengere Kontrollen des Arrests - eine Steigerung der Strafe ist nicht möglich.
Obwohl zunächst ein Haftbefehl wegen Totschlags erging, ist der Todesfahrer laut einer Richterin noch nicht in der Lage, vernommen zu werden. Bis er sich gesundheitlich so weit erholt hat, könnten noch Wochen oder gar Monate ins Land gehen. Bis dann ein Prozess gegen den 68-Jährigen startet, wird dieser wohl so alt sein, dass ein Hausarrest die einzig mögliche Strafe sein könnte.
Die Angehörigen haben in diesem Fall nur noch die Möglichkeit, via Zivilrechtsklage eine finanzielle Entschädigung zu erstreiten. Immerhin stehen hier die Chancen gut, dass der 68-Jährige zahlen könnte. Er ist Inhaber einer Papierfirma sowie Neffe eines Milliardärs, gilt zudem als gut vernetzt. Einem lokalen TV-Sender zufolge ist der Unfallverursacher zudem ein Jugendfreund des früheren Präsidenten von Paraguay, Horacio Cartes.
„Es bricht einem das Herz“: Baerbock schickt Unterstützung nach Paraguay
Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich via „Bild“ bestürzt. „Meine Gedanken sind bei der schwer verletzten Tochter, die auf einen Schlag ihre ganze Familie verloren hat. Wir trauern mit den Angehörigen. Es bricht einem das Herz.“
Das Auswärtige Amt teilte zudem mit, dass man personelle Hilfe geschickt habe, um der Familie der Diplomatin unbürokratisch zu helfen. Bisher hatte sie sich bei Todesfällen von Deutschen in Paraguay um die Hinterbliebenen gekümmert.