Scholz bedauert Merz-Absage an weitere Gespräche zur Migrationspolitik
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Absage von Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) an weitere Gespräche zur Migrationspolitik bedauert. Scholz finde dies "durchaus sehr schade", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Mittwoch in Berlin. Der Kanzler bleibe aber gesprächsbereit. In einer von der Union beantragten Debatte im Bundestag zur Migrationspolitik kritisierten Ampel-Vertreter das Vorgehen von Merz.
Merz hatte am Dienstagnachmittag die Beschlüsse des Spitzentreffens von Scholz mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder zur Migrationsfrage als unzureichend kritisiert. Er sah sie dabei "als den vorläufigen Endpunkt der gemeinsamen Gespräche zur Migrationspolitik" mit der Bundesregierung.
Scholz und die Länderchefs hatten sich bei ihrem Treffen im Kanzleramt in der Nacht zum Dienstag auf ein neues System der Finanzierung der Flüchtlingskosten verständigt. Zudem vereinbarten sie Leistungskürzungen für Asylbewerber und eine Verlängerung der Kontrollen an den Grenzen zu Nachbarländern.
Scholz hatte Merz davor zuletzt am Freitag vergangener Woche im Kanzleramt getroffen, um über Migrationsfragen zu sprechen. Der Kanzler habe danach durchaus den Eindruck gehabt, als ob Merz eine Fortsetzung wolle, sagte Vize-Regierungssprecherin Hoffmann. Sie verwies dabei auf Angaben aus der Unionsfraktion, wonach das Gespräch als "sehr gut" bewertet wurde.
Nach den Vereinbarungen von Scholz mit den Ländern habe es dann "eine andere Volte" des Oppositionschefs gegeben, sagte Hoffmann. Scholz sehe aber natürlich auch, "dass niemand zu einer konstruktiven Mitarbeit gezwungen werden kann".
Der Kanzler sei weiter bereit, mit Merz zu sprechen, betonte Hoffmann. "Ihm ist wichtig, dass die Tür offen ist, dass die Hand ausgestreckt bleibt", sagte sie. Wichtig sei dem Kanzler jedoch auch, dass in einer so wichtigen Frage "keine parteitaktischen Spielchen" gespielt würden.
In der von CDU/CSU kurzfristig beantragten Aktuellen Stunde im Bundestag unter dem Titel "Jetzt entschiedene Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration treffen" ging es am Mittwochnachmittag auch um das Vorgehen von Merz. Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese warf dem CDU-Chef vor, über die Migrationspolitik parteiinterne Streitigkeiten auszutragen. "Für uns gilt: Erst das Land, dann die Partei."
Ähnlich äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor. Sie verwies darauf, dass die Union an neun Regierungen in den Bundesländern beteiligt sei. Kaddor forderte die Unionsfraktion auf, mit ihrer "absurden Fundamentalopposition" in der Flüchtlingsfrage aufzuhören und das Land "mit ihren Scheinlösungen immer weiter zu spalten". Auch der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae appellierte an die Union, in der Frage gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.
Merz selbst sprach nicht in der Debatte. Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) kritisierte das Bund-Länder-Treffen als "vertane Chance". Die Ampel-Regierung konterkariere ständig ihre eigene Politik, indem etwa auf Maßnahmen für mehr Abschiebungen die Ausweitung von Arbeitsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber folge.
Die AfD bezeichnete das Treffen im Kanzleramt als "Showtermin für die Regierungspropagandamaschine" und "Moment historischen Versagens". Es fehle auf allen Seiten der politische Wille, die Migrationsfrage zu lösen.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger warf der Union wiederum vor, Forderungen der AfD zu übernehmen. Sie kritisierte zudem die beim Bund-Länder-Treffen vereinbarten Leistungskürzungen für Asylbewerber als "Angriff auf die Menschenwürde".
mt/lan
VIDEO: Bund und Länder verschärfen Asylpolitik