Scholz kündigt rasche Asyl-Gespräche mit Union und Ländern an
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat baldige Gespräche mit der Union und Vertretern der Länder über Änderungen in der Migrationspolitik angekündigt. Der Kanzler reagierte damit am Mittwoch auf das Angebot von CDU-Chef Friedrich Merz zu einer Zusammenarbeit in der Migrationspolitik nach dem Messeranschlag von Solingen. Für Diskussionen sorgte die Ankündigung von Merz, auch nur mit Teilen der Ampel-Koalition schärfere Asylregelungen im Bundestag zu beschließen.
"Die Bundesregierung wird die nun nötigen Entscheidungen sehr zeitnah mit Vertretern der Länder und von CDU, CSU eingehend erörtern", sagte Scholz in Berlin. Dabei würden auch Vorschläge besprochen, "die aus diesen Reihen eingebracht werden". Einen konkreten Termin dazu nannte die Bundesregierung zunächst nicht.
Die Federführung bei den Gesprächen werde bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) liegen, sagte Scholz. Sie ludt nach eigenen Angaben bereits dazu ein.
"Wer legale Zuwanderung möchte, muss irreguläre Migration begrenzen, damit das Land nicht überfordert wird", betonte Scholz zum Ziel der Gespräche. Das könne und müsse "gelingen, ohne internationale Abkommen, ohne das gemeinsame europäische Recht und ohne das Grundgesetz in Frage zu stellen."
Die geplante Task Force werde sich ansehen, "was vernünftig, sinnvoll und zielgerichtet ist", erläuterte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Wenn es dafür dann einer Grundgesetzänderung bedürfte - Konjunktiv -, dann wäre das kein Hinderungsgrund." Wichtig sei aber, dass Scholz klargestellt habe, dass eine Veränderung des Asylrechtsartikels 16a "mit ihm nicht zu machen ist".
Der Messeranschlag von Solingen mit drei Toten vom Freitag hatte die Debatte um Asyl und Abschiebungen neu entfacht. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, hätte nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich schon im vergangenen Jahr in das EU-Land Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er zuerst europäischen Boden betreten hatte. Er wurde aber von den Behörden nicht in seiner Unterkunft angetroffen, die danach offenbar keinen neuen Versuch unternahmen.
Merz hatte Scholz am Dienstag eine Zusammenarbeit bei der Verschärfung der Migrationspolitik angeboten. Der CDU- und Unionsfraktionschef will dabei auf ein gemeinsames Vorgehen setzen "mit den Teilen der Koalition, die guten Willens sind".
Dass Merz damit einen Keil in die Ampel-Koalition treiben könnte, ist der Bundesregierung bewusst. Er blicke "mit einem gewissen Amüsement auf die Idee", sagte Hebestreit. "Ich sehe die Intention und nehme sie taktisch zur Kenntnis."
SPD-Chefin Saskia Esken stellte im RBB Inforadio klar, die Sozialdemokraten würden im Bundestag nicht mit der CDU gegen Grüne und FDP stimmen. Gespräche mit der Union seien aber möglich.
Der Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, begrüßte den Vorstoß von Merz zur Verschärfung des Asylrechts. "Wir wollen aber noch weitergehen und ausreisepflichtigen Dublin-Flüchtlingen die Sozialleistungen entziehen", sagte Dürr den Funke Zeitungen.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sah seine Partei nicht zwingend an die Koalitionsdisziplin gebunden. Wenn Scholz mit Merz über die Migrationspolitik verhandele, könne dies auch die FDP, sagte der Bundestags-Vizepräsident der Nachrichtenagentur AFP. "Lösungen sind wichtiger als die zwingende Betrachtung von Koalitionslinien."
Die Grünen im Bundestag reagierten mit scharfer Kritik auf die Merz-Forderung nach einer Verschärfung des Asylrechts. "Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion zündelt", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic der "Bild". Aber auch Mihalic zeigte sich grundsätzlich zu Gesprächen mit der Union bereit "über alle konstruktiven Vorschläge, die mit Verfassung, Grund- und Menschenrechten vereinbar sind".
Hebestreit betonte, die Regierung arbeite weiter an ihrem eigenen Maßnahmenpaket. Es befinde sich "in der Schlussredaktion", sagte er. Er rechne "sehr zeitnah" mit einer Bekanntgabe. Nach bisherigen Ankündigungen soll es dabei um den Kampf gegen den Islamismus, die europäischen Dublin-Verfahren zur Abschiebung Geflüchteter und um Verschärfungen des Waffenrechts gehen.
mt/pw