Scholz will Friedensbemühungen zur Ukraine beschleunigen - Russland rückt vor

Gut zweieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz dafür ausgesprochen, die Bemühungen um einen Friedensschluss zu beschleunigen. Unterdessen rückte die russische Armee weiter vor. (Piero CRUCIATTI)
Gut zweieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz dafür ausgesprochen, die Bemühungen um einen Friedensschluss zu beschleunigen. Unterdessen rückte die russische Armee weiter vor. (Piero CRUCIATTI) (Piero CRUCIATTI/AFP/AFP)

Gut zweieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür ausgesprochen, die Bemühungen um einen Friedensschluss zu beschleunigen. "Ich glaube, das ist jetzt der Moment, in dem man auch darüber diskutieren muss, wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen", sagte Scholz am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. Unterdessen rückte die russische Armee nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine weiter vor.

Zu den diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Kriegs sagte Scholz: "Es wird auf alle Fälle eine weitere Friedenskonferenz geben." Einen Zeitpunkt nannte der Kanzler nicht. Er sei sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aber "einig, dass es auch eine sein muss mit Russland dabei".

Mitte Juni hatte eine erste Friedenskonferenz in der Schweiz mit Vertretern aus 90 Ländern stattgefunden, aber ohne Russland. Scholz sprach sich damals wie andere Teilnehmer dafür aus, bei künftigen Konferenzen möglichst auch Moskau einzubeziehen. Mitte Juli schlug auch Selenskyj vor, russische Vertreter bei einem zweiten Friedensgipfel einzubeziehen, Ende August bekräftigte er diese Forderung.

In einem am Samstag veröffentlichten Interview hatte sich der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andryj Melnyk, für eine starke Rolle Deutschlands bei Friedensgesprächen ausgesprochen. In dieser Hinsicht könne Berlin eine "genauso wichtige Rolle" wie die USA übernehmen, sagte Melnyk der "Berliner Zeitung". Er glaube Kanzler Scholz könne "kreativ werden", um "auszuloten, ob Gespräche mit (dem russischen Präsidenten Wladimir) Putin sinnvoll wären".

Im Rahmen seiner mehrtägigen Reise durch Europa erhielt Staatschef Selenskyj unterdessen - nach seinem Besuch der Ukraine-Kontaktgruppe im rheinland-pfälzischen Ramstein - die Rückendeckung der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Bei einem Wirtschaftsforum in Cernobbio am Comer See sicherte sie Selenskyj die anhaltende militärische Unterstützung Italiens zu.

"Wir dürfen mit Blick auf die Ukraine nicht aufgeben", sagte Meloni. Die Hilfe für das Land und der "anhaltende Einsatz für die legitime Verteidigung der Ukraine und für einen gerechten und dauerhaften Frieden" nähmen eine "zentrale" Rolle im Rahmen des derzeitigen G7-Vorsitzes ihres Landes ein.

In Ramstein hatte Selenskyj zuvor erneut für die Erlaubnis geworben, mit westlichen Langstreckenwaffen auch Ziele auf russischem Gebiet angreifen zu dürfen. Deutschland sowie die USA reagierten hierauf erneut zurückhaltend. In Cernobbio sicherte der ukrainische Präsident zu, dass vom Westen gelieferte Langstreckenwaffen im Fall einer Erlaubnis für Angriffe auf russisches Gebiet keinesfalls gegen Zivilisten oder nicht-militärische Ziele gerichtet würden.

Im Osten der Ukraine rückte die russische Armee unterdessen eigenen Angaben zufolge weiter vor. Die Truppen hätten die in der Region Donezk gelegene Ortschaft Nowohrodiwka "befreit", erklärte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag. Am Samstag hatte Moskau bereits die Einnahme der kleineren Ortschaft Kalynowe bekanntgegeben. Putin hatte in der vergangenen Woche erklärt, das "vorrangige Ziel" seines Landes im Krieg gegen die Ukraine sei die Einnahme des gesamten Donbas, also der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk.

Russische Luftangriffe forderten am Wochenende zudem weitere Opfer. Im unweit der russischen Grenze gelegenen Sumy starben am Sonntag nach Angaben der örtlichen Militärbehörde mindestens zwei Menschen, zwei weitere wurden der örtlichen Staatsanwaltschaft zufolge in der Region Donezk durch eine russische Rakete getötet. Bei russischem Beschuss auf die ukrainische Stadt Kostjantiniwka in der Region Donezk wurden am Samstag Gouverneur Wadym Filaschkin zufolge mindestens drei Menschen getötet.

Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf die westrussische Region Woronesch wiederum brach Gouverneur Alexander Gusew zufolge ein Großbrand aus, der mehrere Explosionen auslöste. Die Attacke richtete sich nach Angaben des ukrainischen Inlandsgeheimdiensts SBU gegen "Militärflugplätze, Munitionslager und Infrastruktureinrichtungen" in Russland.

se/jes