Schrauberei verboten: Werkstatt-Inhaber klagen gegen Kölner Stadtverwaltung

Ihnen gehört die historische Hinterhofgarage an der Franzstraße in Lindenthal.

Das schwarzglänzende Schmuckstück, ein 73 Jahre alter Citroën 11 CV Légère, steht fahrbereit in der kleinen Werkstatthalle. „Den haben wir komplett zerlegt und bis zu kleinsten Schraube wieder in Schuss gebracht“, sagt Emil Rudolf (77) nicht ohne Stolz. Reparaturwerkstatt für Kraftwagen Ihm und seinem Bruder Hans-Peter (80) gehören nicht nur der Oldtimer, sondern auch die historische Hinterhofgarage an der Franzstraße in Lindenthal. Hier hat sein Großvater, einer der ersten Taxiunternehmer Kölns, 1913 eine Reparaturwerkstatt für Kraftwagen eröffnet. Hier haben seine Eltern als Nachfolger ihren Lebensunterhalt verdient, hier haben auch Emil Rudolf und später dann ein Pächter an Karosserien gewerkelt. Und hier, so will es zumindest die Stadtverwaltung, soll ein für alle Mal Schluss sein mit der Schrauberei; die Baugenehmigung sei erloschen, die Betriebserlaubnis somit verwirkt. Emil und Hans-Peter Rudolf bezeichnen die Entscheidung der Bauaufsicht als „Unverschämtheit“. Über ihren Anwalt haben sie beim Verwaltungsgericht eine Klage gegen die Behörde angestrengt. Ihnen entgingen Monat für Monat 3000 Euro Einnahmen, weil sie ihre Werkstatt nicht mehr verpachten dürfen, heißt es in der Klageschrift. Dabei geht es dem Brüderpaar um mehr als das, was sich in Zahlen auf einem Bankkonto ausdrücken lässt. Sie wollen ihr Familienerbe bewahren, gegen die Bürokratie und eine vom Lärm genervte Nachbarin. Streit seit Jahrzehnten Der Streit um den Betrieb inmitten eines Wohngebietes besteht im Grunde genommen seit mehr als dreieinhalb Jahrzehnten. Schon damals wollte eine Nachbarin die mit der Werkstatt verbundenen Geräusche nicht hinnehmen. Die Stadtverwaltung stellte seinerzeit fest, dass der ursprüngliche Bauschein, wie die Genehmigungen früher hießen, „noch rechtskräftig ist“. 1983 vermerkte die Behörde zudem, Lärmmessungen hätten „keine Überschreitungen des für ein allgemeines Wohngebiet zulässigen Immissionsrichtwertes“ ergeben. Alles in Ordnung also, könnte man meinen. Emil Rudolf sitzt in dem Büro und blättert in einem Fotoalbum. Eine vergilbte Aufnahme zeigt eine junge Frau am Steuer eines Cabriolets. „Meine Mutter als 18-Jährige“, sagt er, und in seiner Stimme schwingt ein wenig Stolz mit. „Sie war vor fast 100 Jahren eine der ersten Kölnerinnen, die den Führerschein gemacht haben.“ Ihre Freude am Fahren und ihr Interesse für Automobile hat die Dame mit dem Glockenhut jedenfalls an ihre Söhne vererbt. Unzutreffende Annahme Was die Garageninhaber in dritter Generation besonders ärgert, ist eine zwar nicht abwegige, aber eben unzutreffende Annahme eines städtischen Bauingenieurs. Demnach habe der historische Betrieb seinen Bestandsschutz schon deshalb verloren, weil das Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut worden sei. „Hier ist alles unversehrt geblieben, zum Glück“, widerspricht Emil Rudolf. Zum Beweis deutet er auf mehrere alte Fotos. Tatsächlich, das Gebäudes scheint bis auf ein bischen Kosmetik an der Fassade und den Wintergarten für die Wohnung im Obergeschoss nahezu unverändert. Gleichwohl bleibt festzustellen: Es waren nicht zuletzt die Brüder Rudolf und ihr Pächter selber, die den Behörden einen Anlass zum Einschreiten gegeben hatten. Die Inhaber ließen zu, dass ihr Mieter auf dem Hof überdachte Regale aufstellte, um dort Reifen zu lagern. Mit Hilfe einer mobilen Montagebühne wurden die Räder im Freien gewechselt. Eine Bewohnerin des Nachbarhauses beschwerte sich bei der Stadtverwaltung, es kam zu einem Prozess vor dem Verwaltungsgericht. Mit dem Bau des Reifenlagers und dem Einsatz der Hebebühne auf dem Hof habe der Betrieb gegen die ursprüngliche Genehmigung verstoßen, stellte die Bauaufsicht 2013 bei einem Gerichtstermin fest. Der Pächter kündigte den Vertrag und zog in eine andere Werkstatt. „Das Reifenlager und die Außenbühne wurden entfernt, auch andere Auflagen wie das Zumauern von Fenstern wurden erfüllt“, sagt Rudolf. Damit sei den Anforderungen des Baugesetzes genüge getan, die Betriebserlaubnis habe weiterhin Bestand. Baugenehmigung untergegangen Das sieht die Bauaufsicht anders. „Infolge der abweichenden Nutzung und der in diesem Zusammenhang durchgeführten baulichen Änderungen ist die Baugenehmigung untergegangen“, heißt es in einem Schreiben an die Eigentümer der Werkstatt. „Infolge dessen liegt kein Bestandsschutz vor.“ Der auf dem Hof errichtete Unterstand, die neuen Tore, der Wintergarten auf der Dachterrasse – ist das Gebäude dadurch so stark verändert worden, dass die Entscheidung der Stadt berechtigt ist? Das haben die Verwaltungsrichter zu beurteilen. Er habe einen Interessenten, „einen jungen Monteur kurz vor der Meisterprüfung“, der die Halle übernehmen wolle, sagt Werkstattinhaber Emil Rudolf. Der Mann werde den Pachtvertrag verständlicherweise erst dann unterzeichnen, wenn der Streit mit der Stadtverwaltung beigelegt ist. Sofern es danach noch etwas zu unterschreiben gibt. Bestandschutz Im Baurecht hat der Bestandsschutz von Gebäuden hat eine große Bedeutung. Er soll im Sinne des Grundgesetzes das Eigentum schützen. Alle bestehende Bauten sind dadurch von nachträglichen staatlichen Anforderungen befreit. Sie dürfen trotz geänderter Bestimmungen – zum Beispiel für den Lärmschutz und den Brandschutz – weiter genutzt werden. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sie inzwischen den heutigen baurechtlichen Regelungen nicht mehr entsprechen. Veränderungen an einem Gebäude können dazu führen, dass der Bestandsschutz erlischt. Entscheidend ist, in welchem Umfang nachträgliche Um- oder Anbauten vollzogen werden – sowohl in der Qualität als auch in der Quantität. Sofern es „im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit erforderlich ist“, kann die Bauaufsicht Eigentümern älterer Gebäude trotz des allgemeinen Bestandsschutzes auferlegen, diese an die bestehenden Vorschriften anzupassen. (adm)...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta