Stammcockpit? Das ist jetzt Schumachers beste Option

Mick Schumacher ist derzeit ein gefragter Mann: Am Wochenende bretterte er noch übers Eis beim Race of Champions in Schweden, wurde Vizemeister. Nach der Pressekonferenz an der Seite von Sieger Mattias Ekström hatte es der 23-Jährige aber plötzlich eilig, musste direkt zum Flughafen, um seinen Flieger zu bekommen.

Das Ziel: England. Anfang der Woche stand für den Mercedes-Reservepiloten in der Silberpfeil-Fabrik in Brackley die Sitzanpassung für die neue Saison auf dem Programm. Einen Tag später wiederholte sich das Prozedere in Woking bei Traditionsteam McLaren, wo ebenfalls ein Cockpit für Schumacher vorbereitet wurde. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)

Hintergrund: McLaren hat als Motorenkunde von Mercedes Zugriff auf deren Ersatzfahrerpool - einen vergleichbaren Deal gab es auch schon in der Vorsaison, wo McLaren im Fall der Fälle aus Mercedes‘ Formel-E-Duo Stoffel Vandoorne und Nyck de Vries hätte auswählen können.

Für Schumi Jr. ist diese Vereinbarung der beiden Teams durchweg positiv. Denn theoretisch hat er damit schon vier potenzielle Einsatzchancen in der Formel 1: Fällt entweder Lewis Hamilton oder George Russell bei Mercedes, oder aber Lando Norris oder Oscar Piastri bei McLaren aus, käme er jeweils zum Zug. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)

Die Chancen auf einen kurzfristigen Aushilfsjob bei einem Top-Team sind also gar nicht so klein. Dass die Formel 1 durchaus Bedarf an Feuerwehrmännern hat, zeigt die jüngere Vergangenheit: Allen voran Nico Hülkenberg, der bei Aston Martin (damals noch Racing Point) erst für die an Covid erkrankten Sergio Perez und Lance Stroll, später auch für Sebastian Vettel einsprang, brachte sich damit wieder in Stellung für ein Stammcockpit - und ersetzt 2023 ausgerechnet Landsmann Schumacher bei Haas.

Mick Schumacher: Nyck de Vries macht Hoffnung

Auch das Beispiel Nyck de Vries macht Mick Mut: Der Niederländer kletterte, ebenfalls als Mercedes-Ersatzfahrer, in Monza 2022 kurzfristig bei Kundenteam Williams ins Cockpit, weil Alex Albon mit Blinddarmentzündung ausfiel. De Vries machte seine Sache mit einer Punktefahrt beim Debüt dermaßen gut, dass AlphaTauri den ehemaligen Formel-E-Champion für dieses Jahr als Stammfahrer verpflichtete. (NEWS: De-Vries-Deal mit Schattenseiten)

Allein: Mit Blick auf eine langfristige Zukunft als Stammpilot bei Mercedes oder McLaren scheinen die Türen für Schumacher erstmal verschlossen. George Russell (24) gilt als kommender Superstar bei den Silberpfeilen und Teamkollege Lewis Hamilton (38) denkt trotz seines Alters noch nicht ans Aufhören. Mercedes-Teamchef Toto Wolff bestätigte unlängst Vertragsgespräche mit dem Rekordweltmeister über zwei weitere Jahre, die ihn bis mindestens 2025 ans Team binden würden. (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)

McLaren hält mit Lando Norris (23) und Oscar Piastri (21) hingegen zwei ganz junge und entsprechend heiße Aktien am Fahrermarkt in den eigenen Reihen. Immerhin: Spekuliert wurde zuletzt über ein Interesse Ferraris an Norris. Ein baldiger Weggang des Briten scheint aber unwahrscheinlich, da die beiden aktuellen Scuderia-Piloten Charles Leclerc und Carlos Sainz noch bis 2024 Vertrag haben.

Audi bleibt Schumachers beste Alternative

Zunächst wird sich Schumachers Alltag an den F1-Wochenenden also auf der Reservebank abspielen, der Lernfaktor steht dabei im Vordergrund: Er kann die Rennen gemeinsam mit Teamchef Wolff und den Ingenieuren in der Box verfolgen, Daten studieren und ist bei den Debriefs und Teammeetings dabei. Hinzukommen Simulatorfahrten und im weiteren Verlauf der Saison eventuell auch Testmöglichkeiten auf der Strecke, beispielsweise im Freitagstraining oder bei den Kundenteams der Stuttgarter. In erster Linie arbeitet Schumacher aber für Mercedes, an McLaren wird er nur im Ernstfall ausgeliehen.

Auf lange Sicht bleibt für eine Rückkehr ins Renncockpit dennoch Audi Schumachers beste Alternative: Die Ingolstädter steigen 2026 in die Königsklasse ein, haben im Zuge ihrer geplanten Übernahme am Sauber-Team (aktuell Alfa Romeo) unlängst die erste Minderheitsbeteiligung erworben. Bis zum Einstieg soll dieser Anteil auf 75 Prozent ausgebaut werden. Außerdem wünschen sich die Audi-Verantwortlichen für ihr F1-Projekt einen deutschen Fahrer. Zumindest in diesem Punkt hat Schumacher wenig Konkurrenz.

Nico Hülkenberg ist bereits 35 Jahre alt, Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel hat seine Karriere gerade erst beendet. In den wichtigen Nachwuchsserien drängen sich indes keine deutschen Talente auf: In der Formel 2 ist 2023 überhaupt kein Deutscher am Start, in der Formel 3 nur der Deutsch-Däne Oliver Goethe, der zuletzt die Euroformula-Open-Serie gewinnen konnte. Einzig und allein Pascal Wehrlein, der mit Porsche aktuell die Formel-E-WM anführt, kommt leistungsmäßig einer Empfehlung für ein F1-Comeback in den kommenden Jahren nahe.

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