Schutz vor Klimanwandel: Ein Sonnenschirm im All soll die Erde kühlen

Was für den heimischen Balkon oder den Badesee funktioniert, soll nun auf die Erde angewandt werden: Ein Sonnenschirm im Weltall soll die Sonne vor Überhitzung schützen.

Planet earth seen from the space
Um die Sonneneinstrahlung zu reduzieren, wollen Forscher ein gigantisches Sonnensegel im All platzieren (Symbolbild: Getty Images)

Das zumindest ist eine vereinfachte Darstellung dessen, was acht internationale Forschungseinrichtungen aus fünf Ländern, darunter der deutsche Satellitenhersteller OHB Systems AG. in Gemeinschaftsarbeit erwirken wollen. "Wir müssen Tausende Quadratkilometer abschirmen, um die Sonneneinstrahlung um zwei Prozent zu reduzieren", zitiert "Futurezone" Carsten Scharlemann, Studiengangsleiter für Aerospace Engineering an der FH Wiener Neustadt.

Ein Zusammenspiel aus 31.000 Sonnensegeln wäre nötig

Genau das haben die Forscher vor, und zwar nicht nur mit einem, sondern gleich mehreren großen Schirmen aus dünner Folie, die einen riesigen Sonnenschutz bilden sollen. "Im Augenblick zielen wir darauf ab, kein gigantisch großes Sonnensegel zu bauen, sondern eine Flotte von Tausenden kleineren Segel, die im Formationsflug Sonnenlicht abschirmen", erklärt Scharlemann.

Ein enormes Unterfangen, das sich die Wissenschaftler zur Aufgabe gemacht haben. 31.000 solcher Sonnensegel müssten es sein, um die nötige Größe zu erreichen. Hergestellt werden sollen die direkt im All auf Raumstationen. Aufgespannt soll das mehrteilige Segel direkt am Lagrange-Punkt - jedem Fleck im All, an dem sich die Anziehungskräfte von Erde und Sonne aufheben.

Saubere Lösung oder pure Science Fiction? Das Projekt hat Kritiker

Aufgrund des Ausmaßes des Projekts ist vorgesehen, den kühlenden Schatten zunächst auf einzelne, wichtige Punkte zu beschränken, beispielsweise um das Eis der Arktis zu schützen. "Man kann sich das wie eine kleine permanente Sonnenfinsternis in Regionen vorstellen, die ohnehin wenig bewohnt sind, wie etwa die Antarktis und die Arktis. Wir berechnen, wie groß ein solches Schild sein müsste und welchen Einfluss es auf die Erde hätte", sagt Gerrit Lohmann, Leiter der Arbeitsgruppe Dynamik des Paläoklimas am Alfred-Wegener-Institut in Bremen, "Futurezone".

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Doch nicht nur wegen Größe und damit verbundenen Kosten stößt das Unterfangen auf Kritik. "Reflektierende Objekte im Weltraum halte ich für Science-Fiction", sagt beispielsweise Andreas Oschlies, Klimaforscher am Geomar in Kiel, "Zeit Online". Zudem gibt es Experten, die derartige Geoengineering-Projekte als Vorwand sehen, den Klimaschutz auf der Erde nicht mehr vorantreiben zu müssen.

Selbst der OHB-Vorstandsvorsitzende Marco Fuchs räumt im Gespräch mit "Zeit Online" ein, dass das Vorhaben "teuer, schwierig und langwierig" sei. In seinen Augen ist es allerdings nach wie vor eines der spannendsten Optionen in Sachen Klimaschutz. Seine Begründung: Es sei eine saubere Lösung, da weder Partikel in der Atmosphäre noch herabfallende Trümmer oder andere Umweltbelastungen auf der Erde zu befürchten seien. An dem Lagrange-Konzept wird, wie auch an weiteren Geoengineering-Optionen, jedenfalls weiter fleißig gearbeitet.

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