Schwerpunkte im Depot beimischen - Studie zeigt: Diese ETF-Strategie schlägt Einzelaktien

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S&P Dow Jones Indices/Composing FOCUS online

Performt ein Depot mit wenigen, gut ausgesuchten Aktien besser als ein breit gestreuter ETF? Oder ist das Risiko danebenzuliegen so groß, dass der passive Investor langfristig den Vergleich gewinnt? Eine neue Studie gibt darauf eine klare Antwort.

Angesicht der Kurssprünge, die zum Beispiel die Nvidia-Aktie in den vergangenen beiden Jahren vollführt hat, könnten da manchen Investoren die Zweifel gekommen sein. Ist doch ärgerlich, wenn man so einen Multibagger nur mit einer kleinen Gewichtung anteilig in seinem Fonds hat, statt Kursverdoppler und -vervierfacher feiern zu können.

Sollten Anleger also doch eher Einzelaktien auswählen? Oder vielleicht auf Sektor-ETFs setzen? Letzteres ist eine Strategie, der ich bisher nicht viel abgewinnen konnte, weil sie aus meiner Sicht die Gefahr birgt, kurzlebigen Trendthemen aufzusitzen, die sich schnell wieder verflüchtigen.

Möglicherweise muss ich aber umdenken, wenn der Sektor nur groß genug ist. Denn eine aktuelle Studie von S&P Dow Jones Indizes, dem Unternehmen, das die gleichnamigen Indizes zusammenstellt und managt, hat die historische Performance von Einzelaktien und Sektoren seit der Jahrtausendwende untersucht – und kommt zu interessanten Erkenntnissen.

Hier der Link zur Studie

9 von 11 Sektoren besser als der S&P 500-Index

Das erstaunliche und sehr eindeutige Ergebnis: Neun der elf Sektoren im S&P 500 Index haben im Zeitraum 2000 bis 2023 besser abgeschnitten als der Gesamtindex, und in allen elf untersuchten Sektoren fiel die Performance des Branchenindex insgesamt höher aus als die durchschnittliche Einzelperformance seiner enthaltenen Aktien.

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S&P Dow Jones Inidices

Man sollte dazu wissen, wie S&P diese Sektoren erstellt: Jede Aktie an der Börse wird einer von 163 Unterindustrien zugewiesen. Diese werden zu 74 Industrien und danach zu 25 Industriegruppen gebündelt, aus denen elf Sektoren zusammengefasst werden. Letztere haben eine ziemliche Bandbreite. So landet beispielsweise der Motorrad-Hersteller Harley Davidson in der Industriegruppe „Automobilhersteller und Teile“ und schließlich im Sektor „zyklischer Konsum“.

Unter Portfolio-Gesichtspunkten ist interessant, dass einige dieser Sektoren praktisch invers korreliert sind. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Blick auf die Überrenditen im Sektor Informationstechnologie (orange) im Vergleich zum Energiesektor (blau). Die Renditen der beiden Sektoren verlaufen fast gegenläufig (invers). Die orangene Linie bildet übrigens wirklich den IT-Sektor ab, denn im Schnitt sind die Überrenditen der Einzelaktien dort nicht so hoch wie die Kursanstiege von Nvidia, Microsoft & Co. vermuten lassen.

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Die Auswertung zeigt auch, dass Aktien stark mit der Performance ihres Sektors korrelieren, Ausreißer aus diesem Muster gibt es kaum. Besonders stark ist die Korrelation bei Energie- und Immobilienwerten ausgeprägt, eher schwach bei Healthcare und Verbrauchsgütern. Übrigens korrelierten alle Aktien über die gesamte Zeit eher schwach zum S&P 500-Index.

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Drei Viertel aller Aktie schlechter als der Index

Sollte man unter Rendite-Gesichtspunkten dann nicht einfach die besten Aktien aus den besten Sektoren aussuchen? Das funktioniert leider nicht, wie die folgende Grafik anhand des S&P 500-Index zeigt. Denn drei Viertel aller Aktien schneiden schlechter ab als der Index.

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Hätte ein Anleger vom 31. Dezember 1999 bis zum 31. Dezember 2023 in den S&P 500-Index investiert, hätte er einen addierten Gewinn von 410,9 Prozent gemacht (grüner Balken). Dabei ist zu beachten, dass der Index nach Marktkapitalisierung gewichtet ist, die größten Unternehmen beeinflussen die Gesamt-Rendite also überproportional. Der gleichgewichtete Durchschnitt aller Aktien lag darunter: bei 355,5 Prozent. Wichtiger jedoch: Der Median-Return aller 500 Titel, also der Punkt, an dem genauso viele Aktien unter diesem Wert lagen wie darüber, beträgt nur 55,4 Prozent. Das wäre angesichts des langen Zeitraums eine sehr dürftige per-annum-Rendite von gerade mal 1,85 Prozent. Tatsächlich haben nämlich 74 Prozent aller Aktien schlechter abgeschnitten als der Durchschnitt (ungewichtet). Und im IT-Sektor liefen sogar 88,9 Prozent der Aktien schlechter als der (ungewichtete) S&P 500. Heißt: Die Chance, zufällig einen Outperformer im IT-Bereich auszusuchen, beträgt – platt gesagt – nur zehn Prozent. Anleger können in neun von zehn Fällen falsch liegen.

Das spricht eindeutig dafür, eher auf einen ganzen Sektor zu setzen als auf einzelne Aktien.

Gleichgewichtet oder markwertgewichtet?

Bleibt noch die Frage, ob man dafür einen nach Marktwert gewichteten Index wählen sollte oder einen, in dem alle Aktien gleich gewichtet sind. Auch darauf haben die Autoren eine Antwort.

Das Beispiel stammt aus dem Sektor Einzelhandel (Retail). Verglichen werden der nach Freefloat und Marktwert gewichtete S&P Retail Select Industry Float-Adjusted Market Cap (FMC) und der eher gleichgewichtete S&P Retail Select Industry Index. Der FMC wird zu mehr als 50 Prozent von Amazon dominiert, selbst Giganten wie Walmart oder Costco machen im Vergleich dazu jeweils nur rund zehn Prozent des Index aus.

Die Grafik zeigt aber, dass der gleichgewichtete Branchen-Index (blau) den FMC (orange) über den betrachteten Zeitpunkt outperformt hat – obwohl Amazon in dieser Zeit zu einem drei Billionen Dollar-Unternehmen aufgestiegen ist. Denn immer dann, wenn der Einzelhandel sich erholte – etwa nach der Corona-Pandemie – legte der Sektor in der gesamten Breite zu.

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Es gibt also Anzeichen dafür, dass ein gleichgewichteter Index über lange Zeiträume besser performen kann als ein marktgewichteter. Allerdings laufen in Aufschwung-Phasen markwertgewichtete Indizes klar besser als ihr Sektor. Zu beobachten war das in den vergangenen Jahren im IT-Sektor, in dem Alphabet, Apple, Microsoft oder Nvidia die Index-Performance hochtrieben. In schlechten Phasen ziehen solche Schwergewichte dann allerdings auch ihren Branchen-Index wieder runter.

Was heißt das für uns als Anleger?

Wer die Aussichten einer Branche so hoch einschätzt, dass er in seinem ETF-Portfolio einen größeren Schwerpunkt darauf legen möchte, sollten lieber auf einen Sektor-ETF setzen als auf Einzelaktien. Denn das Risiko, falsch zu liegen, ist einfach zu groß.

Ich persönlich tendiere zu ungewichteten Indizes. Und euer ETF sollte immer mehr als 30 Titel enthalten, dazu rät auch S&P. Dieses Kriterium ist zum Beispiel im Sektor IT innerhalb des S&P 500 gar nicht gegeben. Auch viele Themen-ETFs schaffen diese Streuung nicht. Hinzu kommt, dass Themen-ETFs oft Sektoren mischen, was den Ansatz ad absurdum führen würde.

Und noch ein wichtiger Punkt zum Schluss: Setzt nie mehr als 20 Prozent – besser maximal zehn Prozent– eures Portfolios auf so einen Sektor. Bedenkt, dass euer Klumpenrisiko, bezogen auf US-Aktien oder die Magnificent Seven, schon in einem eigentlich breit gestreuten ETF auf den MSCI-World sehr hoch ist, wie ich in früheren Kolumnen erklärt habe.

 

Das Prinzip der Risikostreuung zahlt sich langfristig oft mehr aus als die Jagd nach einem Zehntel mehr Rendite.

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