Sektenanführer wegen Todes von Anhängern in Kenia vor Gericht
Nach dem mutmaßlichen Hungertod von mehr als hundert Gläubigen in Kenia hat ein Sektenanführer am Dienstag vor Gericht erscheinen müssen. Die Staatsanwaltschaft kündigte dabei in der Küstenstadt Malindi an, dass Paul Nthenge Mackenzie des Terrorismus angeklagt werden soll. Ihm werde zudem Mord, Entführung und Kinderquälerei vorgeworfen.
Die mehr als hundert Leichen waren in den vergangenen Tagen im Shakahola-Wald nahe Malindi gefunden worden. Bei einem Großteil der Opfer handelt es sich um Kinder. Nach ersten Angaben von Forensikern zeigen die Leichen Anzeichen von Verhungern, andere Opfer erstickten offenbar.
Der selbsternannte Prediger Mackenzie wird verdächtigt, die Anhänger seiner sogenannten Internationalen Kirche der guten Nachricht zum Verhungern gezwungen zu haben. Er soll seine Anhänger aufgerufen haben, sich zu Tode zu hungern, um "Jesus zu begegnen". Er hatte sich Mitte April der Polizei gestellt.
In dem kleinen Gerichtssaal in Malindi drängten sich am Dienstag zahlreiche Angehörige der Opfer. Der mit einer rosa-schwarzen Jacke bekleidete Mackenzie wurde zusammen mit acht weiteren Angeklagten von Polizeibeamten hereingebracht. Er erschien laut dem Bericht eines AFP-Reporters äußerlich ruhig.
Nach einer kurzen Anhörung wurde der Fall an das Oberste Gericht in Kenias zweitgrößter Stadt Mombasa verwiesen, das nach Angaben der Staatsanwaltschaft für die Bearbeitung von Fällen "im Rahmen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes" zuständig ist.
Ein offenbar mit Mackenzie verbündeter einflussreicher Fernsehprediger sollte ebenfalls am Dienstag vor einem Gericht in Mombasa erscheinen. Ezekiel Odero werden Beihilfe zum Suizid, Betrug und Geldwäsche vorgeworfen. Das Gericht in Mombasa wies die Forderung der Staatsanwaltschaft, Odero für 30 Tage in Haft zu behalten, zurück. Es erlaubte allerdings der Polizei, den Angeklagten bis zur Anhörung am 4. Mai im Gefängnis zu lassen.
Odero werde am Donnerstag vor Gericht erscheiden - entweder, um entlassen oder um verurteilt zu werden, sagte einer seiner Anwälte, Danston Omari.
Die Staatsanwaltschaft verfügt nach eigenen Angaben über "glaubwürdige Informationen", welche die Taten Oderos mit denen des selbsternannten Pastors Paul Mackenzie Nthenge in Verbindung bringen. Einer von Oderos Anwälten sagte Reportern vor dem Gericht, es gebe keine Beweise für eine Verbindung zwischen dem Prediger und den Toten im Shakahola-Wald. Vor dem Gericht versammelten sich etliche von Oderos Anhängern, die sangen und beteten, während einige in Tränen ausbrachen.
Im hauptsächlich christlich geprägten Kenia sind mehr als 4000 Kirchen registriert. Versuche, Betrügern und Scharlatanen das Handwerk zu legen, scheiterten bislang an dem Vorwurf, dies verletze die Religionsfreiheit. Kenias Staatschef William Ruto hatte nach den erschütternden Funden angekündigt, mit aller Härte gegen "inakzeptable" religiöse Bewegungen vorzugehen.
lt/mid