Seltener Test: China feuert Interkontinentalrakete in den Pazifik ab
China hat nach eigenen Angaben eine Interkontinentalrakete getestet und in den Pazifischen Ozean abgefeuert. Die Rakete sei mit einer Sprengkopfattrappe ausgestattet gewesen, erklärte am Mittwoch das Verteidigungsministerium in Peking. Ein Experte bezeichnete den Test als "außergewöhnlich", es sei wahrscheinlich der erste dieser Art seit Jahrzehnten. Andere Länder in der Pazifikregion reagierten mit Besorgnis.
Die ballistische Rakete sei in den "erwarteten Seegebieten" niedergegangen, erklärte das Verteidigungsministerium in Peking. Es bezeichnete den Testabschuss als "Routinemaßnahme in unserem jährlichen Trainingsplan". Zudem betonte das Ministerium: "Er steht in Einklang mit internationalem Recht und ist nicht gegen ein Land oder ein Ziel gerichtet."
Chinas Nachbarland Japan kritisierte allerdings, dass es "von der chinesischen Seite nicht vorab informiert" worden sei. Pekings Aufrüstung gebe Anlass zu "ernsthafter Besorgnis", erklärte ein Sprecher der japanischen Regierung. Neuseeland bezeichnete den Test der Rakete, die im Südpazifik landete, als "unerwünschte und beunruhigende Entwicklung".
In Australien sagte ein Sprecher des Außenministeriums, dass sein Land "China um eine Erklärung gebeten" habe. "Australien ist besorgt über alle Maßnahmen, die destabilisierend wirken und das Risiko einer Fehleinschätzung in der Region erhöhen", sagt er. Es werde nun Konsultationen zu den Folgen des Raketentests mit den regionalen Partnern geben.
"Dies ist außergewöhnlich und wahrscheinlich das erste Mal in Jahrzehnten, dass wir einen solchen Test gesehen haben", sagte der Sicherheitsexperte Ankit Panda von der Politikinstitut Carnegie Endowment for International Peace. Der Test sei wahrscheinlich ein Hinweis auf "Chinas fortschreitende nukleare Modernisierung, die sich in neuen Anforderungen für Tests offenbart".
Seinen ersten Test einer Interkontinentalrakete im Südpazifik hatte China in den 1980er Jahren vorgenommen. Seitdem führte Peking derartige Tests dem Experten Panda zufolge nur im eigenen Luftraum aus.
Peking hat in den vergangenen Jahren die Entwicklung seiner nuklearen Fähigkeiten verstärkt und seine Verteidigungsausgaben massiv erhöht. Das US-Verteidigungsministerium warnte im Oktober vergangenen Jahres, dass China sein Arsenal weitaus schneller entwickle als die USA es erwartet hätten. Im Mai 2023 verfügte China demnach über mehr als 500 einsatzfähige Atomsprengköpfe. Bis 2030 werde das Land wahrscheinlich über mehr als tausend verfügen, hieß es. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hat China den drittgrößten Bestand an Atomsprengköpfen nach Russland und den USA.
Washington und Peking hatten im November Gespräche über nukleare Rüstungskontrollen geführt, um im Vorfeld eines Gipfeltreffens zwischen Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping gegenseitiges Misstrauen abzubauen. Derartige Gespräche finden äußerst selten statt. Im Juli setzte China diese Gespräche als Reaktion auf US-Waffenverkäufe an Taiwan aus.
Die Führung in Peking kündigte in diesem Jahr eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent an. China hat den zweithöchsten Verteidigungshaushalt der Welt nach den USA.
ck/jes