Sexismus-Debatte um #HelmeRettenLeben: Das wahre Problem an der Kampagne

Die Fahrradhelm-Kampagne sorgte für eine Sexismus-Debatte. (Bild: Rankin/runtervomgas.de)
Die Fahrradhelm-Kampagne sorgte für eine Sexismus-Debatte. (Bild: Rankin/runtervomgas.de)

Es gibt sicherlich aufregendere Accessoires als Fahrradhelme. Da die Teile aber Leben retten können, hat das Bundesverkehrsministerium eine Aktion ins Leben gerufen, die den Kopfschutz attraktiver wirken lassen soll. Kurz darauf entbrannte eine Debatte im Netz. Der Grund: Viele betrachten die Werbung als sexistisch.

Eine Kolumne von Carlos Corbelle

Die Kampagne, die in Kooperation mit “Germany‘s Next Topmodel” entstand, zeigt junge Menschen, die neben ihrem Fahrradhelm nichts weiter als Dessous tragen. Der dazugehörige Slogan lautet: “Looks like shit. But saves my life” (“Sieht Scheiße aus. Rettet aber mein Leben”).

Andreas Scheuer: Sieht super aus. Rettet aber kein Leben. (Bild: Michael Kappeler/dpa)
Andreas Scheuer: Sieht super aus. Rettet aber kein Leben. (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Natürlich ist es begrüßenswert, dass auch eine im Grunde gut gemeinte Kampagne wie diese kritisch hinterfragt wird. Übrigens nicht nur im Hinblick auf die Bilder, die sie vermittelt. Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der sich mit der Kampagne als Held der Sicherheit im Straßenverkehr brüstet, sich gleichzeitig aber völlig hemmungslos gegen ein generelles Tempolimit in Deutschland stemmt, wird in dem Kontext kritisiert – so verweisen User beispielsweise auf die verbesserungsbedürftigen Radwege, die ebenfalls ein Sicherheitsrisiko darstellen und vom Bundesverkehrsministerium dringend in Angriff genommen werden sollten.

Was dagegen irritierend ist: Die bei vielen im Vordergrund stehende Kritik an der nackten Haut im allgemeinen. Sowohl bei Usern als auch bei SPD-Mitgliedern. “Halbnackte Frauen und Männer sollten nicht mit Steuergeldern auf Plakate gebannt werden”, sagt etwa SPD-Politikerin Katja Mast gegenüber der Passauer Neuen Presse.

Biedere Hochglanzbilder

Dabei ist doch nicht Freizügigkeit per se sexistisch. Zumal es sich hier – trotz der leichtbekleideten Frauen und Männer – um ziemlich brave, um nicht zu sagen biedere, langweilige Hochglanzbilder handelt. Nein, das in der hitzigen Debatte ignorierte Problem liegt vielmehr darin, dass wieder einmal ein vollkommen einseitiges Körperbild propagiert wird. Die Models der Kampagne sind alle schlank, jung, durchtrainiert. Was soll uns das sagen? Haben alle anderen keinen Fahrradhelm nötig? Kriegt man beim Tragen eines Helms automatisch einen Sixpack?

Schlank, jung, durchtrainiert: Die Models der Fahrradhelm-Kampagne. (Bild: Rankin/runtervomgas.de)
Schlank, jung, durchtrainiert: Die Models der Fahrradhelm-Kampagne. (Bild: Rankin/runtervomgas.de)

Nicht, dass wir uns missverstehen. Das Problem ist nicht, DASS hier durchtrainierte Menschen zu sehen sind. Das Problem ist, dass hier NUR durchtrainierte Menschen zu sehen sind. Somit also einmal mehr das von der Werbeindustrie so gern bemühte Ideal eines vermeintlich makellosen Körpers, das auch vom Kampagnenpartner GNTM so gerne propagiert wird, wenn Heidi Klum “ihren” ohnehin schon schlanken Mädchen vor laufender Kamera nahe legt, gefälligst auf die Figur zu achten.

Wir brauchen keine prüden Kampagnen, sondern solche, die ein vielfältiges Körperbild als Selbstverständlichkeit vermitteln. Vielleicht hilft es aber auch schon, wenn man Andreas Scheuer erklärt, dass GNTM nicht für “Germany‘s Next Topminister” steht…

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