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Seyran Ates bei Markus Lanz: „Es gibt einen politischen Islam, der hier Antisemitismus verbreitet“

Seyran Ates hat sich als liberale Muslimin viele Feinde gemacht. (Bild: Screenshot ZDF)
Seyran Ates hat sich als liberale Muslimin viele Feinde gemacht. (Bild: Screenshot ZDF)

Die türkischstämmige Anwältin Seyran Ates geht bei Markus Lanz hart mit muslimischen Verbänden und der deutschen Integrationspolitik ins Gericht. Sie sieht einen klaren Anstieg des Antisemitismus bei Muslimen.

Auf den Straßen Berlins wird eine israelische Flagge verbrannt, an einer Schule wird ein jüdisches Mädchen bedroht, im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg wird ein kippatragender Lehrer körperlich angegriffen: In den vergangenen Monaten gingen mehrere Fälle von antisemitischen Zwischenfällen in Deutschland durch die Medien.

Die Rechtsanwältin Seyran Ates, die 2017 eine liberale Moschee in Berlin eröffnet hat, sieht dafür einen klaren Grund: „Es gibt einen politischen Islam, der hier Antisemitismus verbreitet“, erklärt sie in der aktuellen Sendung von Markus Lanz. Die Deutschtürkin, die unter anderem wegen ihrem Kampf für die Rechte muslimischer Frauen Morddrohungen erhält und unter Polizeischutz steht, erkennt einen Anstieg antisemitischer Tendenzen bei Muslimen.

„Es kann nicht sein, dass ein Antisemitismus in Deutschland begründet wird mit dem Nahostkonflikt“, so die Anwältin. Dennoch würden die Palästinenser-Opfer von konservativen Verbänden und Moscheen in Deutschland missbraucht, um den Hass auf Juden bei Muslimen zu fördern. Auch der türkische Staatspräsident Erdogan trage mit seiner stark nationalistischen Politik zu dieser Entwicklung bei.

Ates sieht jedoch auch den deutschen Staat in der Verantwortung: Seit den Achtzigern gebe es keine konsistente Integrationspolitik. Kulturelle und religiöse Brennpunkte und Zwischenfälle würden totgeschwiegen, um den Ausländerhass nicht zu schüren. In diesem Rahmen spricht sich die Berlinerin für ein Kopftuchverbot und gegen das Einhalten des Ramadan an Grundschulen aus.

Manfred Levy spricht sich gegen Stigmatisierungen aus. (Bild: Screenshot ZDF)
Manfred Levy spricht sich gegen Stigmatisierungen aus. (Bild: Screenshot ZDF)

Das Kopftuch sei „eine Waffe des politischen Islam“, so Ates. Es werde genutzt, um Geschlechterbilder zu verstärken, Liberale zu bekämpfen und sich als Opfer zu stilisieren. Die Rechtsanwältin sieht das Kopftuch außerdem als Zeichen der Sexualisierung, das kleine Mädchen nicht tragen sollten. Auch dass Kinder bereits in der Grundschule am Fastenmonat teilnehmen und im Zuge dessen den Unterricht verweigern oder nicht teilnehmen können, weil sie zu schwach sind, hält sie für unverantwortlich. „Das ist nicht der Islam“, befindet sie.

Eine deutlich gemäßigtere Gegenstimme findet sich in Manfred Levy, einem jüdischen Lehrer und pädagogischem Mitarbeiter des jüdischen Museums Frankfurt – der im Gespräch mit Ates aber kaum zu Wort kommt. „Ich würde mich gleich von Anfang an dagegen verwehren, dass man Antisemitismus sofort nur mit Islam und Muslimen verbindet“, wendet er ein. Er könne Ates’ Schilderungen des politischen und konservativen Islam an Schulen nicht bestätigen, so arbeite er etwa viel mit aufgeschlossenen Mädchen zusammen, die durch ihr Kopftuch etwas ausdrücken möchten.

„Ich versuche, nicht mit Vorurteilen direkt auf eine Gruppe zuzugehen und Schubladen zu haben“, sagt der Pädagoge, der bereits vor laufender Kamera als „Scheiß Jude“ beschimpft wurde, mit Blick auf die Anwältin – diese wiederum wirft ihm wiederholt eine „Verharmlosung“ der Zustände vor.

Levy sieht vor allem ein kulturelles und religiöses Unverständnis sowie eine fehlende Offenheit bei Lehrern als eines der großen Probleme bei der Integration an Schulen an. Außerdem seien die meisten Schulen und Lehrer nicht geschult im Umgang mit rassistischen oder antisemitischen Ausschreitungen. Er wünscht sich eine bessere Ausbildung und Vorbereitung der Pädagogen sowie einen offenen Dialog mit den Jugendlichen. „Mein Wunsch wäre, diese interkulturelle Vielfalt, die eine Schule hat, diese Diversität, nicht als Bestrafung zu sehen, sondern als etwas Positives“, erklärt er.