Sicherheitsbehörden warnen - Islam-Verband und verbotener Sender: So wiegelt die Hisbollah deutsche Anhänger auf

Einsatzkräfte der Polizei stehen während einer Razzia auf dem Gelände vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH).<span class="copyright">Daniel Bockwoldt/dpa</span>
Einsatzkräfte der Polizei stehen während einer Razzia auf dem Gelände vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH).Daniel Bockwoldt/dpa

Der Tod des Terror-Chefs Nasrallah und Israels Einmarsch in den Libanon könnte auch in Deutschland für Unruhe sorgen. Sicherheitsbehörden warnen vor einer Radikalisierung der hiesigen Hisbollah-Szene. Trotz Verboten kommt die antisemitische Hetze aus dem Nahen Osten auch in Deutschland an.

Die deutschen Sicherheitsbehörden sind in Alarmbereitschaft: Der Tod von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah könnte die radikale Szene in Deutschland weiter anheizen. Laut Informationen der „Welt“ könnte die Ermordung des Terror-Anführers im Libanon, verehrt als Symbol des Widerstands gegen Israel, Anhänger der Hisbollah „noch stärker emotionalisieren“– nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Deutschland. Auch durch den Einmarsch israelischer Bodentruppen in den Libanon dürfte diese Menschen sich provoziert fühlen.

Wie die „Welt“ berichtet, zählt der Verfassungsschutz in Deutschland rund 1250 Mitglieder und Unterstützer. Diese Anhänger der libanesischen Terrormiliz leben überwiegend in Ballungsgebieten in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hamburg. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Unterstützer noch deutlich höher liegt. Insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Südlibanon und deren Nachkommen bilden das Rückgrat der Miliz in Deutschland.

Islamisches Zentrum Hamburg galt als Hisbollah-Drehscheibe in Deutschland

Nach „Tagesspiegel“-Informationen beobachteten die Sicherheitsbehörden schon vor dem Tod Nasrallahs eine zunehmende Radikalisierung innerhalb der Szene. Darauf wiesen auch einige Politiker immer wieder hin. Im Gespräch mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung stellte der CDU-Innenexperte Christoph de Vries beispielsweise alarmiert fest, dass Deutschland „ein zentraler Aktions- und Operationsraum“ des islamischen Gottesstaates sei.

Tatsächlich gibt es in Deutschland nach Recherchen von FOCUS online nach wie vor zahlreiche Moscheen und Vereine, die der Hisbollah ideologisch nahestehen. Besonders problematisch war lange Zeit das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das bis zu seiner Schließung im Juli 2024 als wichtigste Drehscheiben für die Hisbollah in Deutschland galt.

Islam-Verband ist weiterhin aktiv - und wurde sogar vom Bundespräsidenten hofiert

Immer noch aktiv ist hingegen die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), ein vom IZH gegründeter Verband. Als im April 2020 jegliche Aktivitäten der Hisbollah in Deutschland durch das Innenministerium untersagt wurden, reagierte die IGS wütend. In einer Pressemitteilung kritisierte man die Maßnahmen auf das Schärfste. Im bayerischen Verfassungsschutzbericht von 2020 heißt es zur IGS, man habe „keine nennenswerten Reaktionen seitens der schiitisch geprägten Moscheevereine auf das Betätigungsverbot festgestellt“.

Obwohl die IGS erklärt, im Rahmen „der europäischen Gesellschaftsordnung und ihrer geltenden und existierenden Gesetze“ zu agieren, ist also fraglich, ob sie nicht der Hisbollah-Propaganda eine Bühne bietet. Die Vorstandsmitglieder bestreiten das immer wieder. Noch 2018 empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier IGS-Vertreter sogar zu Gesprächen.

50 Millionen schauen islamistischen Propaganda-Sender

Ebenfalls ein wichtiges Propaganda-Instrument der Hisbollah ist der islamistische TV-Sender „Al-Manar“. In Deutschland ist er eigentlich seit 2008 verboten. Doch in den Wohnzimmern hierzulande ist er ohne Probleme weiter empfangbar. Hisbollah-Anhänger können die antisemitische Hetze von „Al-Manar“ im Internet und per Satellit anschauen.

Im Programm: Aufrufe zur Vernichtung Israels, Verherrlichung von Selbstmordattentätern und antisemitische Verschwörungstheorien. Auch die jüngsten Drohungen von Hisbollah-Führern gegen den Westen und Israel finden hier ihre Plattform. Hashem Safieddine, hochrangiges Mitglied der Hisbollah, warnte US-Präsident Joe Biden, Israels Ministerpräsidenten Präsident Netanyahu und die „boshaften Europäer“ auf „Al-Manar“ im vergangenen Jahr: „Wenn ihr uns warnt, dann ist unsere Antwort an euch: Ihr solltet aufpassen. Passt sehr gut auf.“

Die Reichweite von „Al-Manar“ ist dabei gigantisch: Laut „Tagesschau“ empfangen weltweit schätzungsweise 50 Millionen Menschen das Programm – auch in Deutschland ist der Sender unter Anhängern und Sympathisanten der Miliz bekannt. „Al-Manar sei „wirklich gut“ und „sehr authentisch“, sagte bei „Report München “ ein junger Mann im Interview. „Mit voller Glaubwürdigkeit“ veröffentliche der Sender die Ereignisse zum Nahostkonflikt. Die Aussage zeigt, wie gefährlich dieser verlängerte Propaganda-Arm der Hisbollah ist.

Islamistischer Sender verbreitete sich über deutsche Server

Besonders pikant: Die Spuren des Senders führten „Report München“ zu Servern in Deutschland. Genauer gesagt nach Frankfurt am Main. Über die deutsche Firma Velia.net würden die Inhalte des libanesischen Senders in die Welt verbreitet. Die Daten kämen aus dem Libanon, würden „nach Deutschland übertragen und von dort aus in die Welt verteilt“,   so IT-Sicherheitsexperte Matthias Rosche im Bericht.

Arek Akilli, Geschäftsführer der deutschen Internetfirma Velia.net, erklärte im Interview mit „Report München“, seine Firma biete lediglich einen physischen Server: „Wir haben keinen Zugriff auf den Content.“ Hätten die Behörden die Firma informiert, hätte man dem libanesischen Sender sofort die Serverkapazitäten gesperrt, so Akilli.

Seine Firma reagierte nach den Enthüllungen des Beitrags und kappte die Verbindung – zu spät, denn „Al-Manar“ hatte sich bereits auf einen Server im Ausland verlagert.

Inneministerium verweist auf Ermittlungen

Die Tatsache, dass der Sender trotz Verbot hierzulande immer noch zu empfangen ist, lässt viele ungläubig mit dem Kopf schütteln: Der Vizepräsident des Middle East Media Research Institute, Alberto Fernandez beobachtet den Sender schon lange. Bei „Report München“ warnte er davor, die Inhalte von „Al-Manar“ würden antisemitische Narrative, nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen Juden im Westen und gegen den Westen im Allgemeinen verbreiten. Er halte es für „extrem gefährlich“ zuzulassen, dass „diese Art von Gift in Gesellschaften und Gemeinschaften einsickert, in denen die Menschen nicht gebürtig sind, die Sprache nicht sprechen und sich auf Inhalte aus dem Nahen Osten verlassen.“

Zwar teilte das Bundesinnenministerium auf Anfrage von „Report München“ mit, dass die Aktivitäten des Fernsehsenders gegen die Strafgesetze verstoßen und verwies auf laufende Ermittlungen. Zu empfangen ist der Sender trotzdem. Immerhin: Die Medienanstalten und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) teilten kürzlich mit, dass derzeit geprüft werde, „ob ein Verstoß gegen jugendmedienschutzrechtliche Bestimmungen vorliegt. Sollte ein solcher Verstoß festgestellt werden, werden wir über entsprechende Maßnahmen entscheiden.“