Sind die Bushaltestellen für Bienen wirklich eine gute Idee?

Der Schutz unserer Wild- und Honigbienen ist sehr wichtig. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, um die summenden Insekten zu unterstützen, etwa Urban Gardening oder Bienen-Haltestellen. Wie gut diese Ideen sind und warum man bei der Anschaffung eines Insektenhotels vorsichtig sein sollte, das verrät ein Experte im Interview.

Die niederländische Stadt Utrecht geht mit gutem Beispiel voran: Sie führte sogenannte “Bienenhaltestellen“ ein – Wartehäuschen, deren Dächer mit bienenfreundlichen Blumen bepflanzt wurden, die nebenbei auch noch Schadstoffe aus der Luft filtern. Die kreative Maßnahme stößt auf Begeisterung und Lob in der Politik und in den sozialen Medien. Schon kündigten einige Städte der Bundesrepublik an, ebenfalls Dächer begrünen zu wollen, etwa in Berlin und Düsseldorf.

Bienenallergiker dürften bei den summenden Haltestellen aufschreien... Sind die blühenden Dächer also wirklich eine so gute Idee? Oder geht es auch anders? Yahoo Style sprach dazu mit Professor Dr. Werner von der Ohe vom niedersächsischen Institut für Bienenkunde in Celle.

Bees and honeycombs
Wild- und Honigbienen brauchen mehr Nist- und Nahrungsplätze. (Bild: Getty Images)

Yahoo Style: Herr Professor von der Ohe, was halten Sie als Experte von Utrechts Bienenhaltestellen?

Dr. Werner von der Ohe: Grundsätzlich ist das eine gute Lösung, da wir insgesamt mehr Lebensraum für die Insekten und insbesondere für die Wildbienen benötigen. Wenn man das, wie hier in kreativer Form, ermöglichen kann, umso besser. Jedes Angebot an Lebensraum und Nahrung hilft.

Yahoo Style: Bei allem Sinn für Artenschutz – für Bienenallergiker sind diese Haltestellen unter Umständen lebensgefährlich, oder?

Dr. Werner von der Ohe: Diese Angst ist vollkommen unbegründet. Die Honigbiene hat im Fall einer solchen Haltestelle gar kein Interesse daran, Wartende, die sich darunter befinden, zu attackieren. Sie ist nur auf die Nahrung fixiert und fühlt sich nicht bedroht.

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Yahoo Style: Trotzdem gibt es wohl eine Menge Leute, die aus Angst dann lieber laufen statt den Bus zu nehmen. Würde es mehr Sinn ergeben, die Bienen weiter oben, etwa auf Häuserdächern, anzusiedeln?

Dr. Werner von der Ohe: Im Gegenteil. Das verstößt gegen den Artenschutz – zumindest dann, wenn es sich um ein reines Flachdach ohne Bäume und Sträucher handelt. Ein solches Dach heizt sich sehr stark auf. Bienen müssen aber ihre Brutstätten kühlen. Befinden sie sich so weit oben, müssten sich die Tiere sehr anstrengen und auch nachts noch gegen die abstrahlende Hitze arbeiten. Mehr Sinn macht eine Ansiedlung in Bodennähe, möglichst im Halbschatten und von Bäumen und Sträuchern umgeben. Da gehören diese Tiere hin.

Yahoo Style: Angesichts des Ideenreichtums der Niederlande heißt es, Deutschland würde beim Bienenschutz “hinterherhinken”. Ist das aus Ihrer Sicht zutreffend?

Dr. Werner von der Ohe: Wir hinken absolut nicht hinterher. Deutschland tut bereits einiges für die Bienen, etwa durch mehr Lebensraum in den Parks und Grünflächen sowie zahlreiche Schutzinitiativen. Aber natürlich müssen wir uns langfristig darum bemühen, dass wir natürliche Nistarten für die Bienen schaffen. Es gibt leider auch Maßnahmen, die zwar gut gemeint, aber nicht durchdacht sind.

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Yahoo Style: Zum Beispiel?

Dr. Werner von der Ohe: Die sogenannten Insektenhotels, um die es ja einen regelrechten Hype gab. Diese Bauten sind oft schlecht gearbeitet und dienen mehr den Räubern der Insekten als den Tieren, für die sie konzipiert wurden.

Yahoo Style: Wie kann man es besser machen und den Bienen ein schönes Zuhause bieten?

Dr. Werner von der Ohe: Die beste Möglichkeit besteht darin, Nistplätze - etwa aus totem Holz - und Nahrungsplätze mit bienenfreundlichen Blumen im eigenen Garten zu schaffen. Letzteres ist auch auf dem Balkon einer Stadtwohnung möglich.

Yahoo Style: Wie sieht es mit dem Kauf von Honig aus? Es heißt ja immer, bloß keinen Billighonig aus dem Supermarkt...

Dr. Werner von der Ohe: Das Problem beim Honig, der aus weiter entfernten Ländern kommt, ist die lange Zeit, die dieser unterwegs ist. Er wird oft der Haltbarkeit wegen verändert. Am besten und wenigsten bearbeitet ist Honig direkt vom Imker. Dieser sorgt darüber hinaus mit seinen Schwärmen für die Bestäubung und so unterstützt man als Verbraucher lokal und direkt.

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