Sind diese Öle zum Kochen giftig?

Auf TikTok machen derzeit zahlreiche Videos die Runde, in denen Influencer davor warnen, Samenöle wie aus Raps, Sonnenblumen oder Sesam zu konsumieren. Sie seien giftig und würden Entzündungen verursachen. Ernährungsexperten erklären, was an diesen Behauptungen dran ist.

Mancher ist verunsichert - Samenöl kaufen oder nicht? (Bild: Getty Images)
Mancher ist verunsichert - Samenöl kaufen oder nicht? (Bild: Getty Images)

Ob als Dressing-Zutat für Salat oder zum Braten und Kochen – Samenöle finden in der Küche oft Verwendung und sie stecken auch in vielen verarbeiteten Lebensmitteln. Zu den gebräuchlichsten gehören etwa Öle aus Sojabohnen, Traubenkernen, Sonnenblumen, Disteln oder Raps. Sie enthalten unter anderem für den Körper wichtige Omega-6-Fettsäuren.

Doch mancher, der gerne TikTok-Videos zum Thema gesunder Ernährung schaut, mag derzeit verunsichert sein, was die Verwendung von Samenölen angeht. Auf dem Video-Portal kursiert derzeit eine ganze Flut an Beiträgen, in denen vor dem Konsum von Rapsöl & Co. gewarnt wird.

"Die giftige Wahrheit über Saatöle", heißt es da etwa in einem Video.

"Eliminiert Samenöle aus eurem Leben", warnt ein anderer TikToker und erklärt, dass der Glaube an deren gesundheitsfördernde Wirkung aus den 50-er, 60-er und 70-er Jahren stammt, aber das sei "F*CKING BULLSH*T".

Und auch in folgendem Video wird vor Samenölen gewarnt. Man solle besser einen großen Bogen darum machen und darauf achten, in welchen verarbeiteten Lebensmitteln die schlechten Öle stecken. Denn sie könnten Krankheiten wie etwa Krebs, Diabetes, Alzheimer, Depressionen und vieles mehr auslösen.

Huffpost wollte es genau wissen, wie viel Wahrheit in den Behauptungen der TikToker zum Thema Samenöl steckt. Die Onlinezeitung hat führende Ärzte und Ernährungsberater zu dem Thema befragt.

Und um es gleich vorweg zu nehmen: Die Frage, ob es gut oder schlecht ist, Samenöle zu konsumieren, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten.

Pro und Kontra zur Samenöl-Debatte

"Samenöle können ein gesunder Bestandteil einer Ernährung sein, besonders wenn der Verzehr dieser Öle in Verbindung mit einer ausreichenden Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren erfolgt, wie sie aus fettem Fisch oder Walnüssen stammen", erklärt die Ernährungsberaterin Lauren Manaker.

Andererseits stimme es aber auch, dass viele Lebensmittel, die mit Samenölen hergestellt werden, wie ultra-verarbeitete Lebensmittel und frittierte Lebensmittel, der menschlichen Gesundheit nicht zuträglich seien, so Ernährungsberaterin Ashley Kitchens gegenüber der Huffpost.

Gesundheitliche Folgen müssten sich daraus allerdings nicht zwingend ergeben, vielmehr sei es ein Problem, dass stark verarbeitete Lebensmittel große Mengen an Natrium, Zucker und raffinierten Kohlenhydraten enthalten. "Es wäre vorteilhafter für Ihre Gesundheit, Ihre Bemühungen darauf zu konzentrieren, Ihre Aufnahme dieser Arten von ultra-verarbeiteten und frittierten Lebensmitteln zu reduzieren, anstatt sich nur auf Samenöle zu konzentrieren", so Kitchens.

Diese Lebensmittel sind schlecht fürs Herz

Auch die Ernährungsberaterin Maddie Pasquariello weist darauf hin, dass vor allem das Erhitzen von Samenölen Risiken berge. Das sei meist bei der Herstellung hochverarbeiteter Lebensmittel der Fall, für die Samenöle zum Frittieren und für andere Zwecke benutzt würden.

Würden Samenöle, die große Mengen an Omega-6-Fettsäure mit sogenannter Linolsäure enthalten, über den Rauchpunkt hinweg erhitzt, könne sogenanntes Hydroxynonenal entstehen, das tatsächlich gesundheitliche Probleme wie etwa einen gestörten Energiestoffwechsel auslösen könne. Beim Kochen zu Hause sei es aber unbedenklich, Samenöl zu erhitzen, da die dabei verwendeten Mengen nicht ins Gewicht fallen würden, so die Expertin.

Verursachen Samenöle Entzündungen?

In vielen der TikTok-Videos wird behauptet, dass Samenöle Entzündungen auslösen können. Dass es diesbezüglich tatsächlich Bedenken gibt, bestätigt Dr. Christina Tennyson, staatlich geprüfte Gastroenterologin bei Augusta Health. Allerdings nur dann, wenn Omega-6-Fettsäuren in großen Mengen konsumiert würden "Ernährungsstudien sind notorisch schwierig durchzuführen und zu interpretieren, daher denke ich, dass die Jury immer noch uneins ist, was die aktuelle Forschung betrifft", so Tennyson.

Wichtige Omega-6-Fettsäuren

Die in Samenölen Omega-6-Fettsäuren sind wichtig für den menschlichen Körper. Sie sind verantwortlich für verschiedene Prozesse im Körper, etwa für die Regenerierung der Zellen und den Sauerstofftransport im Blut.

Allerdings sei es dafür nicht nötig, Samenöle zu konsumieren. "Ganze Sojabohnen, Nüsse, Samen, Fisch und Eier sind wahrscheinlich vorteilhaftere Quellen für Omega-6-Fettsäuren, wenn man ihr gesamtes Ernährungsprofil betrachtet, verglichen mit dem Verzehr von Öl", erklärt Pasquariello. "Also würde ich den Leuten raten, zuerst zu versuchen, diese alternativen Nahrungsquellen für Fett hinzuzufügen, wenn ihnen die Zugabe zusätzlicher Omega-6-Fettsäuren empfohlen wird."

Fazit der Experten: Die Menge macht das Gift. Samenöl zu Hause beim Kochen zu verwenden, ist entgegen der Behauptungen in TikTok-Videos unproblematisch. Entscheidend ist eine grundsätzlich gesunde, vollwertige Ernährung die auch Walnüsse, Sojabohnen oder Mandeln enthält. Auf stark verarbeitete Lebensmittel sollte dagegen besser verzichtet werden.

VIDEO: Diese Gemüsesorten sollte man auf jeden Fall gekocht essen