Fußball-EM: So wird der Schweizer Überraschungssieg im Netz gefeiert

In diesem EM-Spiel war alles drin. Führungswechsel, verschossene Elfmeter und schließlich ein Happy-End für den Underdog. Natürlich wird auch im Internet das Achtelfinale Frankreich-Schweiz gefeiert.

Der alles entscheidende Moment: Gleich wird Sommer den Elfmeter von Mbappé halten und den Weltmeister aus dem Turnier werfen. (Bild: Marcio Machado/Getty Images)
Der alles entscheidende Moment: Gleich wird Sommer den Elfmeter von Mbappé halten und den Weltmeister aus dem Turnier werfen. (Bild: Marcio Machado/Getty Images)

Selten hat man so ein Wechselbad der Gefühle in nur einem Spiel miterlebt, wie gestern Abend beim Achtelfinal-Krimi zwischen dem amtierenden Weltmeister aus Frankreich und dem Gruppendritten aus der Schweiz. Die Favoritenrolle war klar verteilt, bis die Schweiz in Führung ging und per Elfmeter sogar auf 2:0 hätte erhöhen können. Doch Rodriguez verschoss und das Drama nahm seinen Lauf. Frankreich zog auf 3:1 davon, sah schon wie der sicherer Sieger aus, bevor es wie im ersten Achtelfinale des Tages zwischen Kroatien und Spanien auch ein spätes Comeback des Underdogs gab. Die Verlängerung blieb torlos, es kam zum Elfmeterschießen. Und fast jeder Schütze verwandelte souverän, es kam auf den allerletzten Schuss von Superstar Kylian Mbappé an. Dem 22-Jährigen versagten die Nerven, der nicht gerade als Elfmeterkiller bekannte Gladbacher Keeper Yann Sommer fischte den Schuss aus der Ecke und der Rest war eine eidgenössische Jubeltraube.

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Zum ersten Mal seit der Heim-WM 1954 übersteht die Schweiz ein K.O.-Spiel. Und was das bedeutet, ließ sich nicht nur an der überschäumenden Freude der Spieler sehen. Auch in den Gesichtern der Fans war die ganze Dramatik dieses Achtelfinales abzulesen. Besonders das Leiden, Hoffen und die Freude eines Fans fand sich schnell als Meme in den sozialen Medien wieder. Die ARD Sportschau teilte ein Vorher-Nachher-Bild dieses Schweizers auf Twitter betitelt mit: "How it started. / How it's going." Das zweite Bild zeigt den Fan mittlerweile ohne Hut und Shirt beim späten 3:3-Ausgleich der Schweizer durch Gavranovic:

Zwischen den beiden Aufnahmen lagen übrigens nicht einmal zwei Minuten. So schnell kann ein Fußballspiel kippen. Für die Schweizer Fans unter den 22.642 Zuschauern in der Arena Națională von Bukarest hatte sich die Anreise in jedem Fall gelohnt. Das entrückte Gesicht jenes Fans stand symbolisch für die Freude eines ganzen Landes. "Der füdliblutte Wahnsinn", schrieb dieser Fan zu dem Meme, ins Hochdeutsche übertragen bedeutet das "splitternackt".

Selbst der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan mischte mit und gratulierte den Schweizern. "Fußball, bloody hell! Unglaublich!", schrieb der britische Politiker, der selbst Fan des FC Liverpool ist. Und zum "Man of the Match" kürte er natürlich auch den leidenden Schweizer Fan.

Mindestens so emotional war auch der Live-Kommentar des Schweizer Fernsehens, den Kult-Kommentator Robby Hunke teilte. Mit überschlagender Stimme schreit er: "Sommer hält, Sommer hält. Die Schweiz. Boah. Viertelfinale." Selbst in der Freude gibt es noch ein kurzes Drama, als es so wirkt, als könne der Torrichter den Elfmeter wiederholen lassen. Doch dann ist klar, die Parade war korrekt: "Ja! Ja? Oder wird gecheckt? Was ist los? Ja, ja, er zählt!"

Vor dem Spiel hatten die französischen Medien einen Sieg ihrer Mannschaft für absolut sicher gehalten und sich teilweise eher verächtlich über die "Nati" geäußert. Frankreich habe das letzte Mal 1992 gegen die Schweiz verloren und auch das nur in einem Freundschaftsspiel. Ein Sport-Kolumnist schrieb sogar: "Seferovic kommt zu nichts und ausserdem war er noch nie ein grosser Torjäger." Nach dessen zwei Toren im Achtelfinale könnte der Journalist das möglicherweise inzwischen etwas anders bewerten. Manche Twitter-Fans sahen da sogar schon den Eiffelturm in Paris ganz in rot-weiß getaucht zur Anerkennung der schweizerischen Leistung.

Vorhergesagt hatte das kleine Fußballwunder übrigens dieses Tier-Orakel. Alpengemäß handelt es sich dabei nicht um eine Krake, sondern um eine Kuh, die den Gewinner-Eimer richtig auswählte.

Der Überraschungssieger trifft nun im Viertelfinale auf den nächsten Favoriten Spanien. Viel Zeit, um sich von der emotionalen Achterbahnfahrt zu erholen, bleibt den Eidgenossen nicht. Das Spiel wird bereits am Freitag um 18:00 angepfiffen.

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