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So hat Wimbledon-Queen Kerber sich neu erfunden

Die Erfolgsgeheimnisse der Angelique Kerber

Angelique Kerber war schon ganz oben. Nummer 1 der Weltrangliste, Siegerin bei drei Grand-Slam-Turnieren.

Nun hat sie allerdings etwas vollbracht, was mindestens genauso hoch einzuschätzen ist: Sie hat sich aus einem langwierigen Tief wieder herausgekämpft - und diesen Wiederaufstieg nun mit einem Sieg in Wimbledon gekrönt, beim prestigeträchtigsten aller Turniere.

Nach einem missratenen Jahr 2017 (nur noch Platz 21 in der Weltrangliste, nur 29 gewonnene Matches) ist es Kerber gelungen, sich mit einem neuen Coach und einer neuen Einstellung erfolgreich neu zu erfinden.

SPORT1 erklärt wie.

- Schritt 1: Wim Fissette als neuer Trainer

Im November 2017 trennte sich Kerber schweren Herzens von ihrem bisherigen Trainer (und gutem Freund) Torben Beltz und tat sich stattdessen mit Wim Fissette zusammen: 38 Jahre alt, ehemalige Nummer 1291 der Herren-Weltrangliste.

Als Trainer ist der Belgier weit erfolgreicher, verhalf unter anderem Kim Clijsters und Simona Halep zu neuen Höhen, führte Sabine Lisicki 2013 ins Wimbledon-Finale.

Fissette gilt als kritischer und extrem fordernder Coach (weswegen viele Zusammenarbeiten nicht lange anhielten), aber auch als einer, dessen Arbeit sich bezahlt macht. Beides bestätigte sich im Fall Kerber.

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- Schritt 2: Schinderei zum Start

Als Fissette seine Arbeit aufnahm, unterzog er Kerber zunächst einem knallharten Fitness-Programm. "In den ersten beiden Wochen haben wir nur eine Stunde am Tag Tennis gespielt", sagte er dem Tennis Magazin.

Sein erstes Ziel lautete, Kerber für seine Herangehensweise zu öffnen: "Man braucht mit 30 Jahren mal eine neue Ansprache, eine andere Weise zu trainieren, eine andere Taktik."

Für Kerber, die als enorm fleißig und leistungsbereit, aber auch als Gewohnheitstier gilt, keine kleine Umstellung.

- Schritt 3: Ein neuer Aufschlag

Die auffälligste Veränderung an Kerbers Spiel im Jahr 2018: ein leicht veränderter Aufschlag, ihren linken Fuß zieht sie nun nicht mehr mit.

Kerber - die laut Fissette selbst den Impuls zu der Idee gab - hätte gemerkt, "dass es dem Rhythmus guttut". Die Veränderung und die intensive Arbeit am Service machte aus Kerber zwar immer noch kein Ass-Monster, aber sie gewann spürbar mehr Sicherheit.

Ansonsten sah Fissette keinen Anlass, Kerbers Spiel vom Kopf auf die Füße zu stellen, stellte nach eigenen Angaben nur "Kleinigkeiten" um.

- Schritt 4: Mentale Stärke zurückgefunden

Kerbers missratenes Jahr 2017 war auch psychisch bedingt. Der Trubel um ihre erfolgreiche Vorsaison 2016 hatte an ihr gezehrt. Schlecht erholt davon erwischte sie einen Fehlstart, jeder weitere Misserfolg vergrößerte den Knacks.

Vor dem Turnierjahr 2018 gönnte sich Kerber eine längere Pause und war hinterher laut Fissette "100 Prozent motiviert", die Trendwende zu schaffen. Der Coach half dabei, mit Videovorführungen ihrer vergangenen Erfolge und Mahnungen, ihren Drang, mit sich zu hadern, wieder in produktivere Bahnen zu lenken.

Auch noch nach Kerbers schwächstem Wimbledon-Auftritt gegen Claire Liu in Runde 2 hielt er fest: "Sie muss lernen, ihre negativen Emotionen besser unter Kontrolle zu halten."

Kerbers mentaler Anti-Lauf hatte sich da schon längst ins Gegenteil verkehrt: Sie merkte schnell, dass sie der Neustart wieder auf den richtigen Weg führte, auf dem Trainingsplatz und im Turnbierbetrieb.

In nur zwei von zwölf Turnieren 2018 verpasste Kerber das Viertelfinale, mit jedem kleinen Schritt nach vorn stieg das Selbstbewusstsein. Am Ende griff alles ineinander - und ermöglichte den erfolgreichen Griff nach der Wimbledon-Schale.