So ist es wirklich, als Golfballtaucher zu arbeiten

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Bei dem Satz „Ich verdiene mein Geld mit Tauchen“ denken die meisten an Korallenriffe, bunte Fische, und Menschen, die braun gebrannt und in bester Urlaubslaune sind. Bei Michel Frauen ist das anders. Sein Einsatzgebiet sind trübe Tümpel mit Wassertemperaturen um die vier Grad, und wenn er gefunden hat, was er sucht, geht die Arbeit erst richtig los. Der 30-Jährige erzählt Yahoo! Deutschland, wie er zum Golfballtauchen kam und warum er darin einen Markt für die Zukunft sieht.

1000 bis 2000 Golfbälle sind das durchschnittliche Ergebnis, wenn Michel Frauen abends die Tauchausrüstung ablegt und sich anguckt, was er den Tag über zutage gefördert hat. So genannte Lakeballs, Bälle also, die aus den Gewässern von Golfplätzen gefischt und für den Markt wiederbelebt werden, erfreuen sich in der Golfszene großer Beliebtheit. Dass sie bislang vor allem aus den USA importiert werden, brachte den Stabhochspringer 2014 auf seine Geschäftsidee. Zwei bis drei Mal im Jahr besucht der Gründer von Watercaddie seitdem rund zehn Golfplätze in Nordrhein-Westfalen, und das Potenzial ist riesig: „Insgesamt gibt es im Umkreis 100 bis 110 Plätze.“

Fitness und Stressresistenz als Voraussetzung

Die vielversprechenden Stellen auf dem Platz: „Direkt hinter dem Grün oder am Fairway.“ Auf manchen Golfplätzen gibt es für die Sportler bis zu acht Möglichkeiten, ihre Bälle zu versenken. „Da muss man schauen, wo am meisten zu holen ist.“ Und das ist ein echter Knochenjob. Ein Ball wiegt um die 50 Gramm, rund 500 passen in das Sammelnetz des Tauchers. Macht pro Fuhre 25 Kilogramm, die aus dem Teich gewuchtet werden müssen.

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Dazu Bedingungen, die auch erfahrene Taucher an ihre Grenzen bringen: „Es ist kalt und düster, man kann praktisch gar nichts sehen. Manche geraten da in Panik, gerade, wenn sie sich unter Wasser beispielsweise in den Wurzeln einer Seerose verheddern.“

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Frauens Hochsaison ist der Spätherbst. „Über den Sommer landen natürlich die meisten Bälle in den Gewässern. Und die Bälle sind qualitativ einfach besser, wenn sie nicht den ganzen Winter über im Schlamm liegen.“

Die Golfer stehen auf die Schnäppchen

Fünf Kategorien bietet Frauen in seinem Onlineshop an, von fast neuwertig bis zu Ausschussware, die nur noch zum Crossgolfen zu gebrauchen ist. Manche Bälle landen gleich bei ihrem Jungfernflug im Teich, ein Glücksfall für Frauen und seine Kunden. „Die sind praktisch neu, aber der Kunde bekommt sie zu einem Fünftel des Originalpreises.“

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Ein wahres Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass ein neuer Ball bis zu fünf Euro kosten kann. Dem Klischee vom Porsche fahrenden Golfer, der bei seiner Ausrüstung höchsten Wert auf Stil und Qualität legt, widerspricht seine Geschäftsidee nicht. Ganz im Gegenteil: „Die Leute sind ja nicht nur reich, weil sie viel verdienen, sondern auch, weil sie viel sparen. Den Sprit für den Porsche gibt es nicht günstiger, aber die Bälle schon. Und jeder mag das Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben.“

Golfballtaucher und Stabhochspringer

Bisher fischt der 30-Jährige quasi nebenbei im Trüben, im Hauptberuf ist er Stabhochspringer beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Seine Bestmarke liegt bei 5,55 Metern, Vereinskollegen wie Tim Lobinger haben auch schon die 6 Meter geknackt. „Ich habe neun Deutsche Meisterschaften mitgemacht, aber eine internationale Medaille habe ich nie gewonnen. Leben kann man davon auf Dauer nicht.“ Bisher vereint der Sportler, der seinen Tauchschein schon während des Studiums gemacht hat, noch beide Berufe.

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Aber schon in naher Zukunft will er sich vor allem auf den Vertrieb seiner Lakeballs konzentrieren, die vom Tauchgang bis zum Verkauf eine Menge Zeit verschlingen. Gereinigt werden sie mit einer Maschine, die sonst auch die Übungsbälle auf den Driving Rangen saubermachen, auf denen die Golfer ihre Abschläge üben. „Den Löwenanteil an Arbeit macht aber das händische Sortieren aus.“ Marke, Modell, Zustand, und dann natürlich die Verpackung, mit der er sich von den anderen Anbietern abheben will. „Bei mir werden die Bälle nicht in muffige Netze verpackt, sondern in eine hochwertige Geschenkboxverpackung aus recycleten Materialien.“

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Das Konzept der Nachhaltigkeit der wiederverwerteten Bälle wird hier aufgegriffen und soll den Kunden ein besonderes Kauferlebnis verschaffen. „Das bedient ja auch die Etikette, die den Golfsport durchaus ausmacht.“

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(Interview & Artikel: Ann-Catherin Karg / Bilder: Watercaddie)