Sophia Thiel über ihre Essstörung: "Wie ein Krieg zwischen mir und meinem Körper"

Fitness-Influencerin Sophia Thiel verschwand 2019 aus der Öffentlichkeit, wie sie später bekannt gab, aufgrund einer Essstörung. Seit Anfang 2021 ist Thiel wieder online und sprach nun in einem schonungslosen Interview über ihre psychische Erkrankung und den Erfolg der Therapie.

Fitnessbloggerin Sophia Thiel hat in der Therapie gelernt, sich und ihren Körper zu akzeptieren. (Bild: Hannes Magerstaedt / Getty Images)
Fitnessbloggerin Sophia Thiel hat in der Therapie gelernt, sich und ihren Körper zu akzeptieren. (Bild: Hannes Magerstaedt / Getty Images)

Über zwei Millionen Menschen folgen Sophia Thiel auf YouTube und Instagram - und das, obwohl die Fitness-Influencerin sich 2019 von heute auf morgen aus den sozialen Netzwerken zurückzog. Die Rückkehr folgte im Februar 2021, die heute 26-Jährige erklärte damals öffentlich, an der Essstörung Bulimia nervosa erkrankt zu sein, die sich vor allem durch plötzliche und starke Essanfälle auszeichnet. Mit der "Augsburger Allgemeinen" sprach Thiel nun in einem offenen Interview über die schwere Zeit und ihre Therapie. "Ich habe mir einen krassen Druck gemacht", gesteht die Fitnessbloggerin.

"Ich wollte unbedingt zu meiner Top-Form zurückkommen und war wie besessen von dem Gedanken, ich muss abnehmen, um wieder online und wieder glücklich sein zu dürfen." Allerdings sei sie hierbei immer wieder an sich selbst gescheitert und habe nur mehr zugenommen statt abgenommen. "Mein Körper funktionierte nicht mehr so, wie ich es wollte", erklärt Thiel. Dann habe sie ihr Freund bei einem Essanfall "auf frischer Tat" ertappt - sie habe ihm die Wahrheit erzählt und sei in Therapie gegangen.

Zunächst habe sie Vorurteile gehabt: "Ich dachte, ich bin stark genug, so etwas brauche ich nicht, was werden die anderen denken? Es hat sich angefühlt wie der Todesstoß." Doch schnell haben sich erste Erfolge sowie ein normaleres Verhältnis zum Essen eingestellt. "Ich habe die Diagnose Essstörung bekommen, das war natürlich sehr schlimm", so Sophia Thiel. "Aber schon in den ersten Sitzungen habe ich gemerkt, dass es mir besser geht." Bis heute habe sie aber damit zu kämpfen. "Manchmal sehne ich mich nach der extremen Kontrolle meiner Ernährungspläne zurück."

Nicht mehr der "Fitness-Erklärbär"

Dennoch habe sich die Therapie als absolut richtige Entscheidung für die Wahl-Münchnerin erwiesen. "Eine Therapie ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke", sagt sie heute. "Es ist gut, sich so früh wie möglich Hilfe zu holen - aber natürlich ist es nie zu spät dafür." Die Therapie habe alles verändert. "Früher war es wie ein Krieg zwischen mir und meinem Körper, ich habe immer versucht, ihn zu unterwerfen. Heute kann ich mich besser akzeptieren."

Nun möchte sie nach eigener Aussage kein "Fitness-Erklärbär" mehr sein und auch nicht die Sophia von damals. "Ich will offen über meine Probleme sprechen und mich nicht verstecken. Ich weiß, dass viele Frauen da draußen genauso wie ich leiden", erklärt sie der "Augsburger Allgemeinen". Früher habe sie selbst einen Lifestyle vorgelebt, der einen "unglaublichen Druck" auf andere ausgeübt habe. "Aber ich habe gelernt: Wenn man sich nur an dem orientiert, was andere vormachen, lebt man das eigene Leben nicht mehr so, wie es für einen selbst gut und richtig ist."

Perfektion spielt bei Influencern immer noch eine sehr große Rolle. Da dadurch viele Likes generiert werden, werde sich auch nichts ändern, so Thiel. So bekämen ganz schlanke Mädchen, die vor der Kamera tanzen, unfassbar viel Zustimmung. "Es ist doch klar, dass man sich da als Zuschauer denkt: Sie bekommen so viel Aufmerksamkeit, sie müssen einfach glücklich sein."

Anmerkung der Redaktion: Psychische Erkrankungen können mit professioneller Hilfe gelindert oder geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie etwa bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym und kostenlos.

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