Spahn: Dritte Welle der Pandemie durch Impfungen nicht zu stoppen

Jens Spahn und Karl Lauterbach vor der Pressekonferenz (Bild: Michael Kappeler/dpa)
Jens Spahn und Karl Lauterbach vor der Pressekonferenz (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Bevölkerung darauf eingestimmt, dass die dritte Corona-Welle in Deutschland nicht durch Impfungen gestoppt werden kann.

"Wir befinden uns in der dritten Welle der Pandemie, die Zahlen steigen, der Anteil der Mutationen ist groß", sagte Spahn am Freitag in Berlin. "Zur ehrlichen Lageanalyse gehört: Es gibt in Europa noch nicht genügend Impfstoff, um die dritte Welle allein durch Impfen zu stoppen»", sagte Spahn. "Selbst wenn die Lieferungen aus EU-Bestellungen nun zuverlässig kommen, wird es noch einige Wochen dauern, bis die Risikogruppen vollständig geimpft sind", so der CDU-Politiker. "Erst dann können wir auch über breitere Öffnungen der Gesellschaft reden. Wir werden also noch einen langen Atem brauchen."

Die steigenden Infektionszahlen könnten bedeuten, dass es vielleicht keine weiteren Öffnungsschritte geben könne - sondern "sogar Schritte rückwärts" nötig würden. An diesem Montag wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die weiteren Schritte bei den Beschränkungen beraten.

RKI: Fallzahlen steigen exponentiell - Schwere Wochen stehen bevor

Der Anstieg der Corona-Infektionszahlen in Deutschland verläuft nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) wieder "ganz deutlich exponentiell". "Das Infektionsgeschehen gewinnt an Dynamik", sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade. Angesichts der raschen Ausbreitung der ansteckenderen Virusvariante B.1.1.7 stünden "leider wieder schwere Wochen bevor". Eine Verschlimmerung der Lage um Ostern, vergleichbar mit der Zeit vor Weihnachten, sei gut möglich.

Es gelte, die Entwicklung durch Einhalten der Schutzmaßnahmen zumindest noch abzufedern. Schaade bat darum, Ostern im engsten Kreis zu verbringen und auf Reisen im In- und Ausland zu verzichten. "Mobilität und Kontakte sind die Treiber der Pandemie." Wenn an Ostern Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands zusammenkämen, könnte demnach die Pandemie zusätzlich angeheizt werden. "Das müssen wir verhindern."

"Dieser Anstieg der Fallzahlen ist real. Nach unseren Daten lässt er sich nicht damit erklären, dass mehr Schnelltests gemacht werden", betonte Schaade. Der Anstieg gehe vor allem auf die ansteckendere und wohl auch tödlichere Variante B.1.1.7 zurück, die mittlerweile etwa bei drei Viertel aller untersuchten Menschen nachgewiesen werde.

Lauterbach: "Wir müssen zurück in den Lockdown"

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich dafür ausgesprochen, die Corona-Maßnahmen schnell wieder zu verschärfen. "Man kann es drehen und wenden wie man will, wir müssen zurück in den Lockdown", sagte er. Es mache keinen Sinn zu warten. Je früher man reagiere, desto kürzer müsse der Lockdown sein, um wieder auf eine beherrschbare Fallzahl zu kommen. Lauterbach sprach vom Beginn einer "fulminanten dritten Welle". Seinen Angaben nach ist durch die stattfindende Verdrängung der alten Virusvariante durch neue Varianten Mitte April mit einer bundesweiten Inzidenzzahl von 200 zu rechnen. Wenn die Fallzahlen nicht abgebremst würden, sei eine Überlastung der Intensivstationen in wenigen Wochen zu erwarten.

Lauterbach begrüßte zugleich die für diesen Freitag geplante Fortsetzung der Impfung mit Astrazeneca. Es handele sich dabei um einen sehr wirksamen Impfstoff, der bei den älteren Menschen die Krankenhauseinweisungen und den Tod sehr sicher verhindern könne. "Daher ist der Impfstoff sicher, und der Nutzen ist gewährleistet, und ich begrüße ausdrücklich, dass in Deutschland die Impfung wieder begonnen hat." Er würde diesen Impfstoff jederzeit nehmen, sagte Lauterbach.

Video: Lauterbach - Kinder mit Mutante genauso ansteckend wie Erwachsene