Spanisches Parlament soll am Donnerstag über neue Sánchez-Regierung entscheiden
Das spanische Parlament soll am Donnerstag darüber entscheiden, ob Ministerpräsident Pedro Sánchez für eine weitere Legislaturperiode das Land regiert. Die Debatte über die neue Regierung soll am Mittwoch beginnen, für Donnerstag ist eine Vertrauensabstimmung geplant, wie das Abgeordnetenhaus am Montag mitteilte. Es wird damit gerechnet, dass Sánchez nach einer Amnestie-Vereinbarung mit den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern die für seine Wiederwahl nötige Mehrheit erreicht.
Aus der Parlamentswahl im Juli war die konservative Volkspartei (PP) als stärkste Kraft hervorgegangen. PP-Chef Alberto Núñez Feijóo fand danach aber nicht genügend Verbündete für eine Mehrheit im Parlament, obwohl er sich die Unterstützung der rechtsextremen Partei Vox sowie einer Handvoll weiterer Abgeordneter von kleineren Parteien sichern konnte. Daraufhin ging der Auftrag für die Regierungsbildung an Sánchez von der Sozialistischen Partei.
Um eine Regierungsmehrheit zu bekommen, verständigte sich Sánchez mit den katalanischen Unabhängigkeitsbefürwortern: Im Gegenzug für ihre Unterstützung erhielt die Partei Junts per Catalunya von Carles Puigdemont die Zusage für die Verabschiedung eines Amnestie-Gesetzes. Die Amnestie soll denjenigen Unabhängigkeitsaktivisten zugute kommen, die nach dem gescheiterten Abspaltungsversuch Kataloniens von Spanien im Jahr 2017 von der Justiz verfolgt wurden.
Gegen die Amnestie gibt es massiven Widerstand vor allem aus dem rechten Lager in Spanien. Seit Wochen gehen immer wieder zehntausende Menschen dagegen auf die Straße. Die Proteste werden neben der PP auch von der rechtsextremen Vox befeuert. Erst am Sonntag gingen allein in Madrid wieder 80.000 Menschen auf die Straße, um gegen das Amnestie-Vorhaben zu protestieren.
Für Aufregung sorgen in Spanien zudem die Finanzabsprachen zwischen den Sozialisten und den Katalanen. So sagte Sánchez den Katalanen von der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) zu, auf deren Unterstützung er ebenfalls angewiesen ist, dass 15 Milliarden Euro Schulden der Region aus der Finanzkrisen-Zeit ab 2008 gestrichen werden. Auch wenn die Sozialisten die Schuldenstreichungen allen Regionen ermöglichen wollen, trifft die Zusage im Land auf Unbehagen.
Denn die Verteilung von Steuern und Finanzen zwischen den Regionen ist in Spanien ein heikles Thema. Das reiche Katalonien mit rund 16 Prozent der Einwohner Spaniens steht für etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dass die Katalanen - anders als die Basken und Navarra - nicht zu 100 Prozent über ihre Steuern verfügen dürfen, ist schon seit Jahren in Barcelona ein Ärgernis. Doch ärmere Regionen wie Andalusien sind auf Unterstützung über einen Finanzausgleich angewiesen.
Sánchez soll nun den Katalanen von Puigdemont auch "Maßnahmen für eine Finanzautonomie" Kataloniens zugesagt haben. Puigdemonts Partei Junts per Catalunya verlangt schon lange, dass ihre Region künftig ähnlich wie das Baskenland zu 100 Prozent die Steuern erheben und verteilen darf. Das Baskenland und Navarra erheben komplett die Steuern auf ihrem Gebiet und überweisen einen bestimmten Prozentsatz an den Zentralstaat.
Nicht nur die Konservativen laufen gegen eine Steuerautonomie für die Katalanen Sturm, sondern auch Sozialisten aus ärmeren Landesteilen, die um Gelder aus Madrid fürchten. Die Sozialisten aus der Region Kastilien-La-Manche etwa drohten sogar mit einer Klage.
Die Sozialisten bemühen sich derzeit, die Wogen zu glätten. Finanzministerin María Jesús Montero versicherte, dass sich die sozialistische Partei nie dafür ausgesprochen habe, "hundert Prozent der Steuern" den Katalanen zu überlassen.
cp/ju