Sparprogramm beschlossen - VW fehlen fünf Milliarden Euro - Job-Garantie gestrichen, Werksschließungen möglich

VW steuert auf einen neuen Konflikt mit dem Betriebsrat zu: Um die Kosten zu senken, will der Konzern Werksschließungen und Entlassungen nicht mehr ausschließen.<span class="copyright">Julian Stratenschulte/dpa</span>
VW steuert auf einen neuen Konflikt mit dem Betriebsrat zu: Um die Kosten zu senken, will der Konzern Werksschließungen und Entlassungen nicht mehr ausschließen.Julian Stratenschulte/dpa

Volkswagen schließt im Rahmen des Sparprogramms bei der Kernmarke VW Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger aus. Wie das Unternehmen nach einer Führungskräftetagung mitteilte, kündigt es zudem die bisher geltende Beschäftigungssicherung auf, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschloss.

Wie die „Bild“ weiter berichtet, fehlen dem Autobauer fünf Milliarden Euro. Deshalb wurde nun das Sparprogramm beschlossen. Bis 2026 sollen die Kosten erheblich gesenkt werden. Das „Handelsblatt“ schreibt von bis zu vier Milliarden Euro, die zusätzlich eingespart werden müssen.

Aus Sicht des Vorstands müssen die Marken innerhalb der Volkswagen AG umfassend restrukturiert werden, hieß es. „Auch Werkschließungen von fahrzeugproduzierenden und Komponenten-Standorten können in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden.“ Zudem reiche der bisher geplante Stellenabbau durch Altersteilzeit und Abfindungen nicht mehr aus, um die angepeilte Einsparziele zu erreichen.

„Ein Umbau allein entlang der demografischen Entwicklung ist aus Sicht des Unternehmens nicht ausreichend, um die kurzfristig notwendigen Strukturanpassungen für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen“, hieß es in der Mitteilung. „Vor diesem Hintergrund sieht sich das Unternehmen dazu gezwungen, die seit 1994 fortgeschriebene Beschäftigungssicherung aufzukündigen.“

Betriebsrat macht gegen Pläne mobil

Gewerkschaft und Betriebsrat kündigten umgehend massiven Widerstand an. Die Pläne seien „ein Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge“, erklärte sie in einer Sonderausgabe der Betriebsratszeitung „Mitbestimmen“. „Dagegen werden wir uns erbittert zur Wehr setzen“, so Cavallo. „Mit mir wird es keine VW-Standortschließungen geben!“ Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger sprach von einem „unverantwortlichen Plan“, der die „Grundfesten von Volkswagen erschüttert“.

Konzernchef Oliver Blume begründete den Kurs mit der sich zuspitzenden Lage. „Die europäische Automobilindustrie befindet sich in einer sehr anspruchsvollen und ernsten Lage. Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft“, sagte er laut Mitteilung. Um die angepeilten Ergebnisverbesserungen von zehn Milliarden Euro bis 2026 zu erreichen, müssten die Kosten nun stärker als bisher geplant sinken. „Der Gegenwind ist deutlich stärker geworden“, sagte Markenchef Thomas Schäfer laut Mitteilung. „Wir müssen deshalb jetzt noch mal nachlegen und die Voraussetzungen schaffen, um langfristig erfolgreich zu sein.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte VW auf, Standortschließungen zu vermeiden. Dass bei VW Handlungsbedarf bestehe, sei unstreitig, sagte der SPD-Politiker, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, laut Mitteilung. VW müsse aber zunächst alle anderen Möglichkeiten zur Kostensenkung prüfen. „Dabei erwarten wir, dass sich die Frage einer Schließung von Standorten durch die erfolgreiche Nutzung von Alternativen schlichtweg nicht stellt. Die Landesregierung wird darauf ein besonderes Augenmerk legen.“

Kernmarke seit Jahren Sorgenkind

Die letzte Schließung eines Produktionsstandorts liegt bei VW mehr als 30 Jahre zurück: 1988 hatte VW seine Fabrik in Westmoreland in den USA dicht gemacht. In Deutschland wurde noch nie ein VW-Werk geschlossen. Neben dem Stammwerk in Wolfsburg unterhält VW Fabriken in Hannover, Emden, Osnabrück, Braunschweig, Salzgitter, Kassel, Zwickau, Dresden und Chemnitz. Die Tochter Audi hatte jüngst bereits ihr Werk in Brüssel auf den Prüfstand gestellt.

Die Kernmarke Volkswagen hat seit Jahren mit hohen Kosten zu kämpfen und liegt bei der Rendite weit hinter Konzernschwestern wie Skoda, Seat und Audi zurück. Ein 2023 aufgelegte Sparprogramm sollte hier die Wende bringen, das Ergebnis bis 2026 um zehn Milliarden Euro verbessern. Unter anderem sollen die Personalkosten in der Verwaltung um 20 Prozent sinken. Beim Personalabbau setzte VW bisher auf Altersteilzeit und Abfindungen, entsprechende Programme wurden im Frühjahr noch einmal ausgeweitet und 900 Millionen Euro für Abfindungen von bis zu 474.000 Euro für besonders lang gediente Mitarbeiter zurückgelegt.

Um die angepeilten Ergebnisverbesserungen trotzdem zu erreichen, müssten die Kosten nun stärker als bisher geplant sinken. „Der Gegenwind ist deutlich stärker geworden“, sagte Markenchef Thomas Schäfer laut Mitteilung. „Wir müssen deshalb jetzt noch mal nachlegen und die Voraussetzungen schaffen, um langfristig erfolgreich zu sein.“

Sinkende Verkaufszahlen, der stockende Hochlauf der Elektromobilität und neue Konkurrenz aus China machen der Branche insgesamt zu schaffen. Bei VW brach der Konzerngewinn nach Steuern im ersten Halbjahr um 14 Prozent ein, bei Mercedes-Benz sogar um fast 16 Prozent. BMW verdiente im zweiten Quartal acht Prozent weniger. Der Zulieferer ZF kündigte nach einem Gewinnrückgang an, bis Ende 2028 in Deutschland zwischen 11.000 und 14.000 Stellen zu streichen. Continental will sein schwächelndes Autozuliefergeschäft womöglich komplett abspalten und an die Börse bringen.