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SPD ringt um Ämterbesetzung - Frauenrat macht Druck

Berlin (dpa) - In der Debatte um die Nachfolge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gerät die SPD immer weiter unter Druck. Die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Beate von Miquel, forderte die Sozialdemokraten auf, das Amt mit einer Frau zu besetzen.

«Es ist unglaubwürdig, dass ausgerechnet die Partei, die in ihrem Wahlprogramm ein "Jahrzehnt der Gleichstellung" einfordert, jetzt offenbar überwiegend Männer in die höchsten Staatsämter schicken will», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Fünf Ämter - fünf Männer

Ähnlich hatte sich am Vortag bereits die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen geäußert. Zuvor hatte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans den bisherigen Fraktionschef Rolf Mützenich für das Amt ins Spiel gebracht. Damit wären jedoch mit dem möglichen Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht nur die ranghöchsten politischen Posten allesamt mit Männern besetzt. Mit dem Bundesratspräsident und dem Präsidenten des Verfassungsgerichts wären alle Verfassungsorgane des Bundes männlich geführt.

«Mit Blick auf eine männliche Doppelspitze in Kanzler- und Bundespräsidialamt sollte die SPD dringend eine Frau für das Amt der Bundestagspräsidentin und eine weitere für den Fraktionsvorsitz nominieren, um Parität zu wahren», verlangte von Miquel. «Wir erwarten diese paritätische Besetzung übrigens genauso im gesamten Kabinett! Unsere Demokratie ist nur dann gerecht, wenn gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Führungs- und Entscheidungsebenen gegeben ist.»

Die Zeit drängt, denn bereits am Dienstag soll das Bundestagspräsidium neu gewählt werden. Um einen Posten darin bewirbt sich auch erneut die Grünen-Politikerin Claudia Roth, die zuletzt Bundestagsvizepräsidentin war. Vizepräsidenten leiten zum Beispiel die Sitzungen des Plenums.

SPD mit Personalproblem

Der Bundestagspräsident wird normalerweise von der stärksten Fraktion gestellt. Nach den parlamentarischen Gepflogenheiten müsste der Posten daher an die SPD gehen, die bei der Bundestagswahl stärkste Kraft wurde. Die Sozialdemokraten haben bei der Besetzung jedoch ein Personalproblem. Unter den erfahrenen Fraktionsmitgliedern drängt sich keine Frau für den Posten auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote - viele von ihnen sind aber noch jung oder gar gerade erst ins Parlament eingezogen.

Findet die SPD keine weibliche Bundestagspräsidentin könnte sich das auf die Besetzung der anderen Verfassungsorgane und auch auf die Koalitionsverhandlungen auswirken. Schon länger wird spekuliert, Steinmeier könne dann auf eine zweite Amtszeit als Bundespräsident verzichten müssen. In das höchste Staatsamt könnte im kommenden Frühjahr etwa die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt gewählt werden. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die Ansprüche der Grünen bei der Verteilung der Ministerien in den Koalitionsverhandlungen haben.

Da bahnt sich ohnehin noch ein Konflikt an. SPD-Kanzlerkandidat Scholz hatte im Wahlkampf stets betont, sein Kabinett solle paritätisch, also mit gleich vielen Frauen wie Männern besetzt sein. Führende FDP-Politiker setzten zuletzt aber andere Akzente. So erklärte Parteivize Wolfgang Kubicki, bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen. Die FDP hat vergleichsweise wenige renommierte Politikerinnen, in der Fraktion etwa stellen Frauen weniger als ein Viertel der Mitglieder.