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SPD-Spitze will Sarrazin erneut aus der Partei ausschließen

Thilo Sarrazin, umstrittener Bestsellerautor und früherer Finanzsenator von Berlin, droht ein Parteiausschluss. Foto: Arne Dedert
Thilo Sarrazin, umstrittener Bestsellerautor und früherer Finanzsenator von Berlin, droht ein Parteiausschluss. Foto: Arne Dedert

Bisher hat die SPD es nicht geschafft, Thilo Sarrazin loszuwerden. Um diesmal sicher zu gehen, hat eine Kommission sein jüngstes islamkritisches Buch geprüft. Und auch Auftritte mit AfD-Leuten spielen eine Rolle. Sarrazin selbst glaubt: Ich bleibe in der SPD.

Berlin (dpa) - Die SPD-Spitze versucht zum dritten Mal, den wegen seiner migrationskritischen Äußerungen umstrittenen Autor und früheren Politiker Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen.

Sarrazins Thesen seien nicht mit den Grundsätzen der SPD vereinbar und er füge der Partei «schweren Schaden» zu, teilte Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag mit. Im Sommer hatte die SPD-Spitze Sarrazin aufgefordert, die Partei freiwillig zu verlassen, nachdem er sein islamkritisches Buch «Feindliche Übernahme» vorgestellt hatte.

Sarrazin selbst ist sich keiner Schuld bewusst. «Ich weiß, dass ich in meinem neuen Buch «Feindliche Übernahme» keine sozialdemokratischen Grundsätze verletzt habe», sagte er der «Passauer Neuen Presse». Das gelte auch für vorherige Veröffentlichungen.

Er arbeite mit Fakten, auf deren Basis er seine Argumentation aufbaue. Er sei seit 45 Jahren SPD-Mitglied und seine politischen Grundeinstellungen hätten sich «in diesen 45 Jahren nicht verändert». Von dem Beschluss des Vorstandes habe er aus den Medien erfahren. Dem «Tagesspiegel» sagte er: Der Beschluss des Parteivorstands sei «Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD».

Dem «Tagesspiegel» sagte er: Der Beschluss des Parteivorstands sei «Teil des innerparteilichen Machtkampfes um die künftige Linie der SPD». In der «Welt» bezeichnete Sarrazin das Ausschlussverfahren als «Angriff auf die innerparteiliche Meinungsfreiheit». Der SPD-Vorstand wolle «offenkundig Ansichten unterbinden, denen mit Argumenten nicht beizukommen ist».

Juso-Chef Kevin Kühnert begrüßte den erneuten Ausschlussversuch: «Das wichtigste Buch seiner Karriere war keines seiner islamfeindlichen Pamphlete, das wichtigste Buch war immer das Parteibuch der SPD», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Ohne dieses wäre er immer nur ein Hetzer unter vielen gewesen», meinte Kühnert. «Es wird Zeit, ihm dieses Privileg zu entziehen. Mit den Werten der SPD hat er schon lange nichts mehr am Hut.»

Es ist der dritte Versuch der SPD-Spitze nach 2010 und 2011 Sarrazin auszuschließen, allerdings sind die Regeln dafür sehr streng. Die heutige SPD-Chefin Andrea Nahles war bereits als Generalsekretärin an den ersten beiden gescheiterten Ausschlussverfahren beteiligt. Nach dem bisher letzten Versuche infolge seines Bestseller-Buchs «Deutschland schafft sich ab» hatte Sarrazin in einer Erklärung versichert, sich nicht parteischädigend zu verhalten. Diese Erklärung dürfte in dem neuen, mehrmonatigen Verfahren eine Rolle spielen.

Sarrazin argumentiert, nur entstandene Zustände zu beschreiben, nicht aber rassistisch zu argumentieren. Eine der zentralen These ist, dass Deutschland eine schleichende Spaltung der Gesellschaft durch die starke Zunahme von Einwanderern muslimischen Glaubens drohen könnte.

Die Parteistatuten sehen vor, dass ein Ausschluss erfolgen kann, wenn das Mitglied «erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat». Zunächst wird eine Schiedskommission des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf die Vorwürfe prüfen, Sarrazin könnte sich einen Anwalt nehmen. Danach könnte der Fall zur Landes- und dann zur Bundesschiedskommission wandern.

Eine Arbeitsgruppe hatte zuletzt Sarrazins neues Buch «Feindliche Übernahme» über den Islam geprüft, zudem wurden Auftritte wie bei Afd-nahen Veranstaltungen unter die Lupe genommen. Sein bisheriger Verleger hatte sich geweigert, das neue Buch zu veröffentlichen, da es ein Bild des Islams zeichne, das «einer Geißel der Menschheit gleichkommt».

Die Untersuchungskommission habe einen umfassenden und fundierten Bericht vorgelegt, sagte Klingbeil. Auf dieser Grundlage habe der Parteivorstand entschieden, ein neues Parteiordnungsverfahren einzuleiten. «Unser Ziel ist es, Thilo Sarrazin aus der SPD auszuschließen.»

Die Untersuchungsergebnisse wird die SPD vorerst nicht veröffentlichen. «Der Bericht ist Gegenstand des laufenden Verfahrens und wird entsprechend nicht veröffentlicht», sagte eine Sprecherin. Darüber hinaus gelte im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens die Verschwiegenheitspflicht nach Paragraf 17 Schiedsordnung. «Dies gilt für die Mitglieder der Schiedskommission sowie für alle Beteiligten und Beistände des Verfahrens», erklärte sie.

Die Hürden für einen Ausschluss sind sehr hoch, damit er nicht als Instrument missbraucht werden kann, missliebige Menschen loszuwerden. Der frühere Staatssekretär, Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand hatte im Sommer gesagt, er fühle sich in der SPD «nach wie vor gut aufgehoben».