Spezialist für Speichersysteme - Warum von Lithium-Ionen-Batterien keine Explosionsgefahr ausgeht
Nach den Explosionen von Hisbollah-Pagern im Libanon wurden Lithium-Ionen-Batterien als Ursache vermutet. Es lässt sich laut Batterie-Profi aber leicht verstehen, warum derartige Schadensmuster nicht von den Batterien ausgegangen sein können.
Tatsächlich wäre ja die Frage, wie so ein Event ausgelöst werden könnte. Erst hieß es, dass es Hackern gelungen sei, die Geräte zu manipulieren und die Batterien zur Explosion zu bringen. Dazu hätte aber zumindest ein massiver Anstieg des Strombedarfs durch eine Softwaremanipulation ausgelöst werden müssen.
Es ist in so einem Gerät aber kaum möglich, einen äußeren Stromfluss zu erzeugen, der einem Kurzschluss ähnlich sein könnte. Die Leiterbahnen und Drähte würden dann wegschmelzen, was den Stromfluss direkt unterbrechen würde. Nur ein harter Kurzschluss hätte die Möglichkeit zu einer Überhitzung der Batterie zu führen.
Das wäre aber ein ziemlich langsamer Prozess und würde je nach Umgebungsbedingungen und Ladezustand der Batterien sehr unterschiedlich schnell ablaufen und es wäre völlig unmöglich, alle Zellen gleichzeitig zur Explosion kommen zu lassen. Das gilt für alle kommerziellen Standard-Lithium-Ionen-Batterien.
Selbst wenn so ein Kurzschuss von außen möglich wäre, würde es zunächst sehr heiß. Temperaturen von 600°C oder mehr können erreicht werden. Es kann also im Prinzip zu Verbrennungen kommen und zu einem Zeitpunkt wird die Zelle durch inneren Überdruck auch aufbrechen und es kommt dann zu einer Art Stichflamme durch das schnell austretende Gas. Das ist aber in keiner Weise mit einer Explosion zu vergleichen, wie sie durch Sprengstoff auftritt.
Sprengstoff setzt den größten Teil der Energie in weniger als einer µ-Sekunde um, eine Batterie brennt über mehrere Minuten ab. Wenn die Batterien also die Ursache gewesen wäre, wäre es zu lokalen Verbrennungen aber nicht tiefen Fleischwunden und auch keine Fernwirkung auf umstehende Menschen gegeben.
Jährlich werden weit über 10 Milliarden Batteriezellen hergestellt - kaum Brandvorfälle
Wichtig ist vor allem, dass keine unbegründeten Ängsten vor Lithium-Ionen-Batterien entstehen. Sobald wir Menschen treffen sind wir schnell von Dutzenden oder auch hunderten von Batterien umgeben. Sie werden kaum jemanden kennen, der den Abbrand einer Gerätebatterie aus Mobilgeräten miterlebt hat und tatsächlich werden jährlich weit über 10 Milliarden Batteriezellen hergestellt und die Zahl der Brandvorfälle ist extrem klein.
Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung anders ist: Elektrofahrzeuge brennen um mindestens einen Faktor 10 bis 20 seltener als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren! Und wenn es doch mal zu einem Feuer kommt, dann ist Wasser das richtige Löschmittel. Es kühlt und reduziert das Risiko, dass das Feuer noch auf andere Zellen übergeht. Eine Batteriezelle, die einmal brennt, ist allerdings nicht mehr zu retten. Es geht also immer nur um die Reduktion der Brandausbreitung. Mit ausreichend Abstand zum Brandherd lässt sie das Feuer auch recht gefahrlos löschen, eben weil es zwar die Verpuffungen beim Öffnen der Zellen gibt, aber eben keine Explosion wie bei Sprengstoff.
Abgesehen davon ist im übrigen gar nicht klar, ob in den Pagern überhaupt Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt gewesen sind. Es deutet einiges auf wiederaufladbar Ni-basierte Batterien hin, aber gesicherte Informationen liegen mir dazu nicht vor.