„Die Spieler wissen das ja selbst“ - Für Nagelsmanns größtes DFB-Problem haben seine Spieler bereits die Lösung gefunden
Der DFB-Neustart ist gegen Ungarn gelungen, nun muss die deutsche Nationalmannschaft gegen die Niederlande den nächsten Schritt gehen. Bei einem Thema, das dieses Team schon lange begleitet, hakt es aber immer noch. Nagelsmanns Spieler scheinen aber die Lösung gefunden zu haben.
Die deutsche Nationalmannschaft feiert einen euphorischen Start in die neue Nations-League-Saison und in eine Zeitrechnung ohne Weltmeister im Team. Der Übergang aus der Heim-EM ist mit dem 5:0-Kantersieg gegen Ungarn gelungen. Am Dienstag wartet in Amsterdam mit den Niederlanden jedoch ein anderes Kaliber.
Um gegen die Elftal zu bestehen und das positive Momentum auch in die kommende Länderspielphase im Oktober (Nations League gegen Bosnien-Herzegowina und die Niederlande) mitzunehmen, muss die DFB-Elf ein großes Problem in den Griff bekommen, das dieses Team schon begleitet, seitdem die Zeiten von Miroslav Klose in der Nationalmannschaft beendet sind: die Chancenverwertung.
Abschlussschwäche trotz 5-Tore-Gala
Das mag nach fünf Toren absurd klingen, doch der Traumfußball von Jamal Musiala und Florian Wirtz in der zweiten Halbzeit kaschierte einige Abschlussschwächen. Besonders im ersten Durchgang blieben einige „Hundertprozentige“ im Düsseldorfer Stadion ungenutzt.
„Wir haben uns sehr viele Großchancen herausgespielt und sind oft in torgefährliche Räume gekommen“, formulierte es Bundestrainer Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz zunächst positiv. „Der einzige Kritikpunkt ist, dass wir noch einige Chancen ausgelassen haben“, fügte er hinzu.
Das sei schon bei der EM im Sommer ein Thema gewesen. „Wir kommen schon oft vors Tor. Wir waren bei der EM, was Expected Goals (Anm. d. Red.: Messwert für die Qualität der Torchancen) angeht, die gefährlichste Mannschaft – mit Abstand“, betonte Nagelsmann. „Gegen Spanien haben wir einen Tick zu viele Chancen liegen lassen, wie heute in der ersten Halbzeit.“
Havertz und das Abschlusspech
Niclas Füllkrug ließ die erste große Möglichkeit liegen, als er frei vor Ungarns Torhüter Peter Gulasci scheiterte. Kai Havertz köpfte wenig später eine feine Flanke von Pascal Groß an den Querbalken, kurz vorm Gang in die Kabine vergab der Arsenal-Star erneut. Gegen Ungarn sei es „nicht so schlimm“ gewesen, weil „wir noch vier weitere gemacht haben“, so der Bundestrainer.
Havertz droht jedoch zum Gesicht dieser mangelnden Chancenverwertung zu werden. Der 25-Jährige war schon bei der EM äußerst glücklos. Beim Viertelfinal-Aus gegen Spanien wurde er zum tragischen Helden.
„Nach wie vor fehlt ihm manchmal das Abschlussglück“, verteidigte Nagelsmann seinen Schützling. Sowohl der Kopfball an die Latte als auch der Schuss im zweiten Durchgang an den Querbalken des Tores auf der anderen Seite waren gut. Das sei Abschlusspech, sagte Nagelsmann, „da muss man aus Trainersicht schon unterscheiden“.
Havertz kann „Bild der Mannschaft prägen“
Es scheint ein Problem zu sein, das sich bei Havertz rein auf die Nationalmannschaft beschränkt. Beim FC Arsenal traf er in der abgelaufenen Saison von Spieltag 13 bis 38 insgesamt zwölfmal. In dieser noch jungen Spielzeit zappelte der Ball bereits zweimal im gegnerischen Netz – zuletzt nach einem tollen Lupfer beim 1:1 gegen Brighton.
Nagelsmann macht sich daher wenig Sorgen um ihn. „Kai ist in einem sehr guten Alter und hat das Potenzial, das Bild der Mannschaft mitzuprägen.“ Keine Überraschung, dass er Havertz zum Vize-Kapitän von Joshua Kimmich ernannt hat.
Dass der ehemalige Leverkusener eiskalt sein kann, beweist er regelmäßig vom Elfmeterpunkt – die absolute Drucksituation im Fußball. Auch gegen Ungarn verwandelte er kaltschnäuzig zum 5:0-Endstand.
„Die Spielen wissen das ja selbst“
Nach dem Seitenwechsel lief es vorm Tor sowieso deutlich besser. Zielwasser habe Nagelsmann seinen Jungs zur Pause aber nicht gegeben. Die Chancenverwertung habe er nur mal in einem „Halbsatz fallen lassen“, erklärte Nagelsmann auf Nachfrage von FOCUS online. „Aber man weiß auch als Trainer, dass das nicht allzu viel bringt. Die Spieler wissen das ja selbst.“
Gegen Ungarn fanden die Spieler schließlich selbst die Lösung. Weitermachen, vertrauen. Die DFB-Elf spielte großartigen Fußball, der beim Zuschauen Spaß machte. Das Tor wird dann schon fallen, so der Tenor. Musialas Treffer zum 2:0 war der Brustlöser, danach funktionierte alles.
Vertraut die DFB-Elf auf ihre Fähigkeiten, sind ihr keine Grenzen gesetzt. Bis zur WM 2026 und dem erklärten Ziel Weltmeisterschaft ist es noch ein „weiter Weg“, wie Nagelsmann sagte. 19 Spiele noch. „Wenn wir die nächsten 19 Spiele bis zur WM auch noch gewinnen, zähle ich uns zum Favoritenkreis. Auch wenn wir nur 14 gewinnen.“ Spiel 1 von 19: Niederlande.