Ausschreitungen in Sainte-Soline: Prozess gegen Demo-Organisatoren beginnt in Frankreich
Knapp ein halbes Jahr nach heftigen Ausschreitungen im westfranzösischen Sainte-Soline bei einer Demonstration gegen Speicherbecken hat am Freitag der Prozess gegen neun mutmaßliche Organisatoren der illegalen Protestaktion begonnen. Die Anwälte der Angeklagten sprechen von einem "politischen Prozess", der dazu diene, die Demonstrationsfreiheit einzuschränken.
Mehr als 2000 Unterstützerinnen und Unterstützer der Protestbewegung sammelten sich nach Schätzungen der Zeitung "La Nouvelle République" in Niort, unter ihnen auch Gewerkschaftsführerin Sophie Binet. Die Parteichefinnen der Grünen, Marine Tondelier, und der linkspopulistischen Partei LFI, Mathilde Panot, hatten sich ebenfalls angesagt.
In Sainte-Soline war es Ende März zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Teilnehmern einer verbotenen Demonstration gekommen. Anlass der Proteste waren umstrittene Pläne für Speicherbecken, die von einer Minderheit der Landwirte zur Bewässerung der Felder im Sommer genutzt werden sollten. Dafür sollte das ohnehin knappe Grundwasser abgepumpt werden.
Nach Angaben der Organisatoren wurden bei den Zusammenstößen 200 Demonstranten verletzt, 40 von ihnen schwer. Zwei Männer lagen mehrere Wochen im Koma. Auf der Gegenseite wurden 46 Gendarme verletzt.
Die Sicherheitskräfte gerieten wegen ihres Einsatzes von etwa 5000 Tränengasgranaten in die Kritik. In 81 Fällen feuerten sie mit Gummigeschossen. Die Menschenrechtsliga hatte den Behörden zudem die "Behinderung von Rettungsmaßnahmen" vorgeworfen. In zwei offiziellen Berichten wurde der Einsatz durch die Anwesenheit von 800 bis 1000 radikalen Demonstranten gerechtfertigt.
Zu den Angeklagten zählen zwei Sprecher der Organisation Soulèvements de la terre, die Innenminister Darmanin auflösen wollte. Der Staatsrat hat dies vorläufig ausgesetzt. Auch vier Gewerkschaftsvertreter sind angeklagt. Im Fall einer Verurteilung drohen allen neun Angeklagten bis zu sechs Monate Haft und eine Geldstrafe in Höhe von 7500 Euro.
kol/ans