Der BVB ist zum Handeln gezwungen

Nuri Sahin war nach dem Remis in Mönchengladbach (1:1) am Boden zerstört. Er wirkte fassungs- und gerade bei einem Thema völlig ratlos. Auf die Frage nach den Verletzungen von Maximilian Beier und Niklas Süle, die beide den Platz hatten verlassen müssen, schlug er beide Hände vor seinem Gesicht zusammen und suchte nach den richtigen Worten.

„Ich weiß es nicht. Ich traue mich schon fast gar nicht mehr zu fragen. Das ist wirklich die Geschichte unseres Jahres“, sagte der Dortmund-Trainer.

BVB-Problem hält weiterhin an

„Es ist in dieser Saison nicht das erste Mal, dass der BVB mit Verletzungspech zu kämpfen hat“, erklärt BVB-Reporter Oliver Müller und verweist damit auf die Misere kurz vor der zurückliegenden Länderspielpause, als Sahin Probleme hatte, ein konkurrenzfähiges Team zusammenzustellen.

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Zur Erinnerung: Zwischenzeitlich hatten elf Spieler aus dem Profikader verletzungsbedingt nicht zur Verfügung gestanden.

Eine richtige Erklärung für das Problem hatten die Verantwortlichen nicht. Obwohl es sich überwiegend um Muskelverletzungen handelte, könne man sie „nicht vergleichen, weil alle so unterschiedlich sind“, sagte Sahin.

Muss der BVB auf dem Transfermarkt tätig werden?

„Diese Anzahl an Ausfällen hätte wohl kein Bundesliga-Team auffangen können“, schätzt SPORT1-Reporter Manfred Sedlbauer: „Doch wenn ein Klub wie der BVB immer wieder mit denselben Problemen zu kämpfen hat, muss man eben versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen.“ Sedlbauer sieht im kommenden Transferfenster im Januar daher dringenden Handlungsbedarf.

Wie SPORT1 vor wenigen Wochen erfuhr, will der BVB nicht zwingend aktiv werden. Die Einschätzung, dass der Kader sowohl qualitativ als auch quantitativ ausreiche, herrscht auch trotz der angespannten Situation vor.

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„Die Verantwortlichen wiesen immer wieder auf die Flexibilität ihrer Spieler hin. Dass ein Emre Can beispielsweise als Innenverteidiger auflaufen kann oder Pascal Groß gefühlt jede Position in der Defensive bekleiden kann“, wirft Müller ein und betont: „Für mich ist das aber auch viel zu dünn.“

BVB sieht keinen großen Handlungsbedarf

Auch setzten die BVB-Bosse bewusst auf einen dünneren Kader, um die Durchlässigkeit für junge Spieler zu erhöhen. „Die Marschroute finde ich an sich gut. Gerade in der Innenverteidigung geht der Plan aber nicht auf“, meint Sedlbauer.

Die Dortmunder hofften, dass sich die Verletztenmisere dauerhaft entspannen würde. Doch danach sieht es aktuell nicht aus. Niklas Süle erwischte es wohl erneut am Syndesmoseband. Schon vor seinem neuerlichen Comeback gegen die Bayern musste er deshalb knapp sechs Wochen aussetzen.

Waldemar Anton laboriert noch immer an einer Muskelverletzung. Da auch U23-Innenverteidiger Filippo Mané, der laut Sedlbauer „von der Entwicklung her noch nicht so weit ist, um dauerhaft bei den Profis zu sein“, weiterhin verletzt ist, bleibt aktuell nur Nico Schlotterbeck übrig.

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„Auch wenn er es niemals wahrhaben möchte, irgendwann braucht auch Schlotterbeck mal eine Pause. Sonst geht es ihm so wie Julian Brandt, der auch ständig spielen musste und dann verletzt wegbricht“, warnt Sedlbauer.

Deshalb fordert Müller: „Du brauchst da einfach einen Notnagel.“ Die Aufgabe für Sportdirektor Sebastian Kehl dürfte dabei knifflig sein. „Gesucht wäre ein Innenverteidiger, der auf höchstem Niveau, wie Champions League, spielen kann und Erfahrung hat. Auf der anderen Seite aber kein Problem damit hat, auf der Bank zu sitzen und nur ein Backup für Anton, Süle und Schlotterbeck zu sein“, meint Sedlbauer.

Am Mittwochabend gegen den FC Barcelona (LIVETICKER) ist Sahin erneut zum Improvisieren gezwungen. Gerade die Abwehrkette stellt sich schon fast von allein auf. Kapitän Emre Can, der gegen Gladbach noch wegen seiner Rückenprobleme geschont wurde, wird wohl wieder in die Innenverteidigung rücken.

Dauerhaft dürfte sich der BVB mit der ständigen Rotation und Angst vor weiteren Ausfällen aber keinen Gefallen tun. Abhilfe könnte dabei das kommende Transferfenster schaffen. Nuri Sahin hätte wohl, gerade nach seiner Reaktion in Gladbach, keine Einwände.