Die einstige Skandalliga boomt

Die einstige Skandalliga boomt
Die einstige Skandalliga boomt

Zuschauerkrösus in Europa, Rekordumsatz in der Jubiläumssaison: Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) erlebt nur zwei Jahre nach der Coronapandemie einen Boom. Das einstige Schmuddelkind im deutschen Sport ist in vielem zum Vorreiter geworden - und wirtschaftlich enorm gewachsen. „Wir haben uns extrem weiterentwickelt und sehr gut etabliert“, sagt DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) vor dem Start in die 31. Spielzeit.

„Am Anfang war es allein gegen alle - wir waren sehr isoliert“, erinnert sich der Ligachef, der seit 2000 im Amt ist und seinen Vertrag gerade bis 2028 verlängert hat, „das hat sich massiv gewandelt.“ Dauerkrach mit den Verbänden, Pleiteklubs, die mitten in der Saison ausstiegen, Schulden, Gerichtsprozesse: Aus der Skandalliga von einst ist in 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte geworden. Erstmals mehr als 7000 Zuschauerinnen und Zuschauer strömten in der vergangenen Saison im Schnitt in die Stadien, der Gesamtumsatz erreichte die Rekordmarke von 173,6 Millionen Euro.

DEL: Zwei Outdoor-Spiele

Tendenz weiter steigend. „Wir werden keine 20-Prozent-Sprünge mehr hinlegen“, sagte Tripcke, „aber es gibt noch Steigerungspotenzial.“ Auch schon in der neuen Saison, die am Donnerstag (19.30 Uhr) in Augsburg beginnt - dort, wo vor 30 Jahren die Liga erstmals aufs Eis ging. Red Bull München spielt ab Anfang Oktober im neuen SAP Garden mit einem Fassungsvermögen von 10.796. Tripcke rechnet mit einer Verdopplung der Besucherzahlen: „Das wird ein Quantensprung für die Liga, aber vor allem für den Eishockey-Standort München.“

Zudem stehen zwei Outdoor-Spiele auf dem Programm: Am 6. Dezember treffen Wolfsburg und München in Prag in einer Arena für 16.000 Fans aufeinander. Am 4. Januar trägt die DEL ihr eigenes Wintergame im Frankfurter Fußballstadion zwischen den Löwen und den Adlern Mannheim aus.

Spielergehälter in Skandinavien höher

Seit der Coronakrise hat die Liga, die mit der eigenständigen Ligagesellschaft oder dem Videobeweis anderen Sportarten den Weg wies, in allen Bereichen kräftig zugelegt. Nicht nur die Zuschauerzahlen sind erstmals höher als in allen anderen Ligen Europas, auch die Sponsoringeinnahmen sind von 60 Millionen Euro vor Covid auf 70 gestiegen. Ein Plus steht zur neuen Saison in der Vermarktung ins Haus: Die Telekom für die TV-Rechte und Penny als Ligasponsor zahlen künftig 14 Millionen Euro pro Jahr - fast doppelt so viel wie zuletzt.

Im europäischen Vergleich liegt die DEL wirtschaftlich inzwischen hinter der Schweiz gleichauf mit den Eishockeynationen Finnland und Schweden. In der Schweiz liegt der Umsatz vor allem aufgrund der TV-Gelder und der Sponsoren bei über 200 Millionen Euro. Schweden und Finnland haben weniger Zuschauer, aber höher dotierte Fernsehverträge. Dementsprechend gestalten sich die Spielergehälter: Topspieler in der Schweiz verdienen 800.000 Euro und mehr pro Jahr, in der DEL etwa die Hälfte.

Ein Zuschussgeschäft ist Eishockey in Deutschland dennoch. Ohne regionale Mäzene oder internationale Geldgeber, die zum Saisonende ein mögliches Minus ausgleichen, geht es auch nach 30 Jahren nicht. Wenn sie aussteigen, gibt es enorme Probleme wie in Nürnberg oder Düsseldorf, wo laut Bilanzen von 2022 Verbindlichkeiten in Höhe von 19 und 17 Millionen Euro verbucht wurden. Die Ice Tigers und die DEG sind inzwischen die ersten Abstiegskandidaten.