Empörung über gemeinsames Vorgehen von CDU mit AfD in Thüringen

Die gemeinsame Verabschiedung eines Gesetzes im Thüringer Landtag durch CDU, AfD und FDP ist bundesweit auf scharfe Kritik gestoßen. Die SPD warf der CDU daraufhin "historisches Versagen" vor. Die Grünen werteten das Vorgehen der CDU als "Tabubruch". (JENS SCHLUETER)
Die gemeinsame Verabschiedung eines Gesetzes im Thüringer Landtag durch CDU, AfD und FDP ist bundesweit auf scharfe Kritik gestoßen. Die SPD warf der CDU daraufhin "historisches Versagen" vor. Die Grünen werteten das Vorgehen der CDU als "Tabubruch". (JENS SCHLUETER)

Die Verabschiedung eines Gesetzes im Thüringer Landtag mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP hat für scharfe Kritik an der Union gesorgt. "Die CDU in Thüringen hat gestern mit der Höcke-AfD gemeinsame Sache gemacht", erklärte der SPD-Parteivorstand am Freitag in Berlin. Die Grünen sprachen von einem "Tabubruch". Die CDU verteidigte hingegen ihr Verhalten.

Das Landesparlament hatte den CDU-Antrag zur Senkung der Grunderwerbsteuer am Donnerstagabend beschlossen. Die Regierungsfraktionen von Linken, Grünen und SPD stimmten dagegen, sie haben jedoch keine eigene parlamentarische Mehrheit. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warf der CDU mit Blick auf die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD unter ihrem Rechtsaußen Björn Höcke einen "Pakt mit dem Teufel" vor.

"Mit diesen Demokratiefeinden darf es keine Zusammenarbeit geben", forderte auch die SPD-Spitze. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warnte die CDU vor weiteren parlamentarischen Entscheidungen mit AfD-Hilfe. "Demokraten dürfen die AfD niemals zum parlamentarischen Zünglein an der Waage machen", sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. "Das ist ein gefährlicher Beitrag zur Normalisierung von Rechtsextremen", betonte die hessische SPD-Spitzenkandidatin und Innenministerin Nancy Faeser gegenüber der "taz". Die CDU reiße die Brandmauer nach rechts außen immer weiter ein.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) warf der Thüringer CDU vor, offen mit der AfD zusammengearbeitet und Absprachen getroffen zu haben. Sie sprach im Rundfunk Berlin-Brandenburg von einem "Tabubruch". Grünen-Parteichefin Ricarda Lang forderte CDU-Chef Friedrich Merz auf, für Klarheit zu sorgen. "Unsere Demokratie braucht eine stabile konservative Kraft, die klar steht, wenn es um die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien geht", erklärte sie.

Der Linken-Bundesvorsitzende Martin Schirdewan warf der CDU mangelnden demokratischen Anstand vor. "Deren Wertekompass ist total kaputt", erklärte er.

Auch FDP-Politiker gingen auf Distanz zu den Liberalen in Thüringen, die ebenfalls für die Steuersenkung stimmten. Dafür gebe es "keinerlei Unterstützung der Bundespartei", sagte die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem "Spiegel". Sie erinnerte an die umstrittene Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich, der 2020 in Thüringen mit Unterstützung von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Er trat kurz darauf auch auf Druck der Bundes-FDP wieder zurück.

FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Augsburger Allgemeinen", der Gesetzesbeschluss mit den Stimmen der AfD sei "kein gutes Signal". Er wies allerdings eine Mitverantwortung seiner Partei zurück. "Es war ein Antrag der CDU-Landtagsfraktion", sagte Lindner. Deshalb sei es jetzt deren Verantwortung.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte das Thema als "landespolitische Entscheidung" am Freitag einerseits nicht kommentieren, sagte aber zugleich, dass sich die CDU nun dazu "Fragen beantworten" müsse. Er betonte zudem: "Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung."

Die CDU verteidigte hingegen ihr Vorgehen in Thüringen. Es sei infam, der CDU eine Nähe zur AfD zu unterstellen, sagte CDU-Vizechefin Karin Prien im Deutschlandfunk. Die CDU müsse in der Lage sein, konstruktive Oppositionsarbeit zu leisten – ohne sich dafür gleich Vorwürfe anhören zu müssen. Ähnlich hatte sich zuvor Parteichef Merz geäußert.

Thüringens CDU-Landes- und Fraktionschef Mario Voigt bekräftigte, es sei bei der Steuersenkung um Inhalte und Familienpolitik gegangen. "Wir arbeiten nicht zusammen mit dieser rechtsextremen Gruppe um Björn Höcke", sagte er in den ARD-"Tagesthemen".

Rückendeckung bekam die CDU von CSU-Chef Markus Söder. Merz habe recht, wenn er sage, die CDU mache sich bei inhaltlichen Initiativen wie einer Senkung der Grunderwerbssteuer nicht von anderen Fraktionen abhängig, sagte er RTL.

Scharfe Kritik äußerte hingegen Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU): "Die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordert eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei", sagte er der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Ein Vorgehen wie aktuell in Thüringen widerspreche dieser Haltung.

awe/bk