Erfurts jüdisches Erbe auf dem Weg zum Unesco-Welterbe
Das mittelalterliche jüdische Erbe Erfurts könnte bald zum Welterbe der Unesco zählen. Venedig und seine Lagune, die Sophienkathedrale in Kiew und die historische Altstadt von Lwiw hingegen könnten als "bedrohtes" Welterbe eingestuft werden. Diese und weitere Entscheidungen trifft das Welterbekomitee der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur bei ihrer Konferenz, die am Montag im saudiarabischen Riad begonnen hat.
Zum jüdischen Erbe Erfurts zählt insbesondere die alte Synagoge, deren Bau im 11. Jahrhundert begonnen wurde. Sie zählt zu den am besten erhaltenen mittelalterlichen Synagogen Europas. Auch die Mikwe, eines der wenigen erhaltenen jüdischen Ritualbäder aus dem Mittelalter, gehört dazu. Die Gebäude verbildlichten die jüdisch-christliche Koexistenz im mittelalterlichen Erfurt vor den Massakern an Juden während des 14. Jahrhunderts, betont die Unesco.
Aus Deutschland hatten sich außerdem noch die Wiesen-, Weide- und Moorlandschaften im Ammergau beworben. Die Expertenkommission unterstützt allerdings lediglich die Aufnahme des mittelalterlichen jüdischen Erbes von Erfurt in das Unesco-Welterbe.
Mit Spannung wird zudem die Entscheidung zu Venedig erwartet. Die Unesco hatte die Lagunenstadt 1987 zum Weltkulturerbe der Menschheit erklärt. Ende Juli empfahl die Unesco aber, die Stadt als "bedrohtes" Weltkulturerbe einzustufen. Der italienischen Lagunenstadt drohten "irreversible" Schäden, falls die Behörden nicht mehr zu ihrem Schutz täten, argumentierte die UN-Kulturorganisation.
Ein politisches Symbol wäre auch die Aufnahme der Kiewer Sophienkathedrale und der historischen Altstadt von Lwiw auf die Liste des "gefährdeten" Weltkulturerbes. Beiden Welterbestätten drohe wegen des Kriegs die Zerstörung, hatte der Chef des Welterbe-Programms der UN-Kulturorganisation, Lazare Eloundou, gewarnt. Es habe bereits Angriffe auf die Pufferzonen rund um diese Stätten gegeben.
Im Juli hatte die UN-Organisation gewarnt, dass der russische Angriffskrieg "eine wachsende Bedrohung für die ukrainische Kultur" darstelle. Seit der russischen Invasion am 24. Februar 2022 hat sie bereits Schäden an 270 ukrainischen Kulturstätten festgestellt, unter anderem im historischen Zentrum der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer.
Das Welterbekomitee tagt noch bis zum 25. September. Mit einer Entscheidung über die ukrainischen Stätten und Venedig wird am 16. September gerechnet. Die mögliche Aufnahme Erfurts könnte am Nachmittag des 17. Septembers beschlossen werden. Die Stadt will den Rathaussaal für eine Live-Übertragung der Konferenz öffnen.
kol/ans