Häftlinge in Ecuador nehmen 57 Wärter und Polizisten als Geiseln
Nach einer Razzia gegen Drogenbanden haben Häftlinge in sechs Gefängnissen in Ecuador dutzende Sicherheitskräfte als Geiseln genommen. Nach Angaben der Strafvollzugsbehörde brachten die Gefängnisinsassen 50 Wärter und sieben Polizisten in ihre Gewalt. Die Geiselnahmen am Donnerstag (Ortszeit) ereigneten sich einen Tag nach einer großangelegten Razzia, bei der hunderte Soldaten und Polizisten eines der größten Gefängnisse des Landes nach Waffen, Munition und Sprengstoff durchsucht hatten.
Die Strafvollzugsbehörde stufte die Geiselnahmen als Rache für die Razzia gegen die Drogenkartelle ein, andere Beamten sprachen auch von Protestaktionen gegen die Verlegung von Häftlingen in andere Gefängnisse. So hatte die Strafvollzugsbehörde SNAI am Mittwoch sechs Gefangene verlegt, die mit der Ermordung des aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio in Zusammenhang stehen, der auch als Journalist gegen Korruption und das organisierte Verbrechen gekämpft hatte.
Sicherheitsminister Wagner Bravo erklärte, die Verlegung sei erfolgt, um Zusammenstöße von kriminellen Banden in den Gefängnissen zu vermeiden. In den chronisch überfüllten Gefängnissen Ecuadors kommt es häufig zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Banden. Dabei wurden seit 2021 mehr als 430 Häftlinge getötet. Erst am Mittwoch waren nahe zwei Bürogebäuden, die von der Strafvollzugsbehörde genutzt beziehungsweise früher genutzt wurden, zwei Autobomben explodiert. Auch dies wurde von den Behörden mit der Razzia und der Gefangenenverlegung in Zusammenhang gebracht.
Ecuador galt lange als Hort der Stabilität und Ruhe trotz seiner Lage zwischen den bedeutenden Kokain-Produzentenländern Kolumbien und Peru. Inzwischen ist das südamerikanische Land aber zu einer Drehscheibe für den Drogenschmuggel in die USA und nach Europa geworden. Rivalisierende Banden mit Verbindungen zu Drogenkartellen in Mexiko und Kolumbien kämpfen um die Vorherrschaft - auch in den Gefängnissen. Das hat zu einem deutlichen Anstieg der Gewalt in Ecuador geführt. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Morde auf 26 pro 100.000 Einwohner - fast doppelt so viele wie im Vorjahr.
Angesichts von Bandenkämpfen hatte Ecuadors Präsident Guillermo Lasso Ende Juli für 60 Tage den Ausnahmezustand für die Haftanstalten des Landes verhängt, so dass dort auch Soldaten zur Überwachung zum Einsatz kommen können.
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