"Meiner Meinung nach ist das 75 Prozent Pferd"
Wenn bei Olympia auf eine Sache Verlass ist, dann auf deutsche Erfolge im Dressurreiten: Seit Jahrzehnten hat die Equipe um Reitsport-Ikone Isabell Werth, die mit ihrer Goldmedaille im Teamwettbewerb am Samstag zur erfolgreichsten deutschen Olympionikin überhaupt aufgestiegen ist, eine eingebaute Medaillengarantie. Beim Einzel am Sonntag holten Jessica von Bredow-Werndl und Werth erneut Gold und Silber.
Und so sitzt Sport-Deutschland alle vier Jahre gebannt vor dem Fernseher, wenn im Dressur-Viereck Piaffen, Traversalen und Passagen geritten werden, obwohl ein Großteil der Zuschauer mit dem Sport abseits der Olympischen Spiele kaum etwas am Hut haben dürfte.
Wie viel Einfluss hat das Pferd?
Was aber macht die Faszination Dressurreiten aus? Wie viel Einfluss hat das Pferd? Wie kann der Reiter während des Wettbewerbs noch eingreifen? Und welche Bedeutung haben die Olympischen Spiele für die Sportart?
SPORT1 hat darüber mit dem deutsch-amerikanischen Dressurreiter Steffen Peters gesprochen, der mit dem US-Team bereits drei olympische Medaillen gewann und in Paris seine sechsten Olympischen Spiele miterlebt.
SPORT1: Herr Peters, für all die Menschen, die bei Olympia jetzt wieder vor dem Fernseher mitgefiebert haben, sich sonst aber nicht mit Dressurreiten beschäftigen: Was macht die Faszination Ihrer Sportart aus?
Steffen Peters: Die Faszination liegt darin, dass die Pferde, besonders bei so großen Championaten, für uns kämpfen und Medaillen gewinnen. So sind die Pferde. Dann natürlich auch, dass man mit einem Pferd so eine riesige Kommunikation hat. Ab und zu fühlt sich das fast schon menschlich an, wie man die Hilfen gibt und wie die Pferde darauf ansprechen, das ist die Faszination. Und dass man auf der einen Seite wahnsinnige Energie aufbringen muss für Piaffe und Passage, aber auf der anderen Seite dann auch wieder die totale Losgelassenheit und Entspannung sieht im Schritt. Das ist schon faszinierend.
„Meiner Meinung nach ist das 75 Prozent Pferd“
SPORT1: Kann man sagen, wie viel Prozent bei der Dressur der Reiter ausmacht und wie viel das Pferd?
Peters: Meiner Meinung nach ist das 75 Prozent Pferd, 25 Prozent Reiter.
SPORT1: Sie haben über die Kommunikation mit dem Pferd gesprochen. Wie findet die statt, wenn man dann wirklich im Viereck ist?
Peters: Man muss das Vertrauen aufbauen. Auch wenn man viel von dem Pferd erwartet, ist Vertrauen wahnsinnig wichtig - und die korrekten Hilfen, die ständig wiederholt werden und ständig mit dem Pferd geübt werden. Dabei ist das Vertrauen das Allerwichtigste.
SPORT1: Findet das dann hauptsächlich mit den Zügeln statt, mit den Beinen, mit dem Körper?
Peters: Für mich ist es Kreuz und Schenkel, also sehr viel Bauchmuskulatur und die Schenkelhilfe - und das so ruhig wie möglich. Das ist im Training auch so wichtig, dass man immer wieder versucht, die allerkleinsten Hilfen anzuwenden und dass die Hilfen fast unsichtbar sind. Es kann schon sein, dass man ab und zu mal eine Hilfe gibt, die etwas mehr überzeugend ist, aber trotzdem nicht so stark, dass das Pferd das Vertrauen verliert.
Snoop Dogg? „Das war klasse, richtig klasse!“
SPORT1: Bei Olympia steht das Dressurreiten immer wieder im Rampenlicht, insbesondere in Deutschland. Wie wichtig sind die Olympischen Spiele für die Sportart?
Peters: Ich kann da nur für mich selbst sprechen: Für mich sind es die sechsten Olympischen Spiele und es ist immer wieder eine Riesenehre, das eigene Land zu vertreten. Wir haben es hier gesehen: Ich weiß gar nicht, wie viele Zuschauer da waren, aber es war eine volle Bude und das ist natürlich super für den Sport. Olympia und Dressur? Riesig!
SPORT1: Am Samstag war ja sogar Rap-Superstar Snoop Dogg zu Besuch. Was bedeutet Ihnen das?
Peters: Er war am Morgen bei uns am Stall, mit den Teamkollegen durfte ich ganz nah an ihn ran. Er hat mit uns kommuniziert und ist ein bisschen ein Maskottchen geworden für die Amis. Das hat uns natürlich super gefreut. Er ist ganz cool, Martha Stewart war auch dabei, die auch pferdebegeistert ist. Das war klasse, richtig klasse!