Reallöhne erstmals seit zwei Jahren wieder leicht gestiegen

Erstmals seit zwei Jahren sind die Reallöhne in Deutschland im Quartal von April bis Juni wieder gestiegen - wenn auch nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Grund sind die hohen Nominallohnsteigerungen. (Philippe Huguen)
Erstmals seit zwei Jahren sind die Reallöhne in Deutschland im Quartal von April bis Juni wieder gestiegen - wenn auch nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Grund sind die hohen Nominallohnsteigerungen. (Philippe Huguen)

Erstmals seit zwei Jahren sind die Reallöhne in Deutschland im Quartal von April bis Juni wieder gestiegen - wenn auch nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Grund sind die hohen Nominallohnsteigerungen im Quartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte: Sie legten um 6,6 Prozent zu, das ist der höchste Anstieg in einem Quartal seit 2008. Die Verbraucherpreise stiegen in dem Zeitraum um 6,5 Prozent.

Zur hohen Steigerung der Löhne trugen auch die Auszahlungen der Inflationsausgleichsprämien bei, wie die Statistiker erläuterten. Diese Bonuszahlung kann bis zu 3000 Euro betragen und ist steuer- und abgabenfrei. Auch die Erhöhung des Mindestlohns im Oktober 2022 hat den Angaben zufolge einen positiven Effekt auf das gesamtwirtschaftliche Lohnwachstum im Frühjahrsquartal gehabt.

Den stärksten Nominallohnanstieg mit 9,7 Prozent hatten laut Statistikamt geringfügig Beschäftigte. Dies sei vor allem auf die seit Oktober 2022 gültige Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze von monatlich 450 Euro auf 520 Euro sowie auf die Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro zurückzuführen. Die Löhne für Teilzeitkräfte stiegen demnach ebenfalls kräftig um 7,2 Prozent, die für Auszubildende um 8,4 Prozent.

Die Nominallöhne von Beschäftigten in Vollzeit stiegen im Zeitraum von April bis Juni leicht unterdurchschnittlich um 6,3 Prozent. Innerhalb der Vollzeitbeschäftigten hatte das Fünftel mit den geringsten Verdiensten mit 11,8 Prozent im Durchschnitt die stärksten Verdienststeigerungen, wie die Statistiker hervorhoben.

In stark von der Corona-Pandemie betroffenen Branchen profitierten die Beschäftigten von "Aufholeffekten": So stiegen die Nominallöhne im Gastgewerbe im Zeitraum von April bis Juni um 12,6 Prozent. Auch im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung betrug der Lohnanstieg überdurchschnittliche 11,9 Prozent im Quartal. Um 10,0 Prozent legten die Löhne in den Bereichen Lagerei und Verkehr zu - dazu gehört etwa auch die Luftfahrt.

Arbeitsmarktexperte Dominik Groll vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) erwartet, dass die Teuerung im Laufe dieses Jahres weiter nachlassen und die Nominallöhne weiter kräftig steigen werden. Ein starkes Indiz dafür seien die Tarifabschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie, im öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden, bei der Deutschen Post und bei der Deutschen Bahn. Der Einzelhandel, der Groß- und Außenhandel und der öffentliche Dienst der Länder dürften diesen Beispielen in den kommenden Monaten folgen.

Spätestens im kommenden Jahr werden die Nominallöhne aller Voraussicht nach dann auch deutlich stärker steigen als die Verbraucherpreise, wie Groll weiter ausführte. "Mit etwas Glück könnten die Reallohnverluste, die sich zwischen 2020 und 2022 aufsummiert haben, dann sogar wettgemacht sein."

ilo/ju