Die Tragödie um Jürgen Klopps Lehrmeister

Die Tragödie um Jürgen Klopps Lehrmeister
Die Tragödie um Jürgen Klopps Lehrmeister

Rot-Weiss Essen führte er 1994 ins Finale des DFB-Pokals. Die SpVgg Unterhaching 2003 zum Aufstieg in die 2. Bundesliga.

Auf dem Papier sind das die größten Erfolge, die Wolfgang Frank als Trainer gefeiert. Das Vermächtnis, das der heute vor elf Jahren zu früh verstorbene Fußball-Lehrer hinterlassen hat, ist allerdings weit größer.

Der einstige Bundesliga-Torjäger war als Coach seiner Zeit voraus, er war Wegbereiter des Bundesliga-Aufstiegs von Mainz 05, mit seinerzeit bahnbrechenden spielerischen Entwicklungen. Sein Erbe wird nicht zuletzt verkörpert von seinem berühmtesten Schüler: Jürgen Klopp.

Wolfgang Frank begründete den Mainzer Aufschwung

Der in Reichenbach an der Fils nahe Stuttgart geborene Frank absolvierte zwischen 1971 und 1982 215 Bundesligaspiele für den VfB Stuttgart, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund und den 1. FC Nürnberg. Er schoss 89 Tore, die meisten für Braunschweig.

Als Coach trainierte Frank diverse deutsche Zweitliga-Klubs - ein Bundesligist engagierte ihn nie. Dennoch übte er prägenden Einfluss auf, vor allem in seiner Zeit beim FSV Mainz 05 zwischen 1995 und 1997 und nochmal zwischen 1998 und 2000.

Der damals 44-Jährige übernahm die Rheinhessen als Zweitliga-Abstiegskandidat, krempelte das Team taktisch völlig um und wurde so zum Vorreiter für die neuen Entwicklungen des Spiels, die damals noch nicht in Deutschland angekommen waren.

Mit Sacchis Visionen nach Rheinhessen

Frank war als junger Spieler ein Jahr beim AZ Alkmaar in den Niederlanden aktiv und erlebte dort den von Johan Cruyff vorangetriebenen „Voetbal Total“ aus nächster Nähe.

Die Erfahrung prägte den 1,72 Meter kleinen Frank als Spieler und später auch als Trainer, schneller als andere implementierte er Innovationen - und ohne die damals weit verbreitete Furcht davor, dass die Ideen seine altmodisch geprägten Schützlinge überfordern könnten. In Mainz war sein Leitbild die Spielidee von Italien-Legende Arrigo Sacchi: Viererkette, Raumdeckung, Forechecking, Gegenpressing.

In der Libero- und Manndecker-Nation Deutschland waren das in den Neunzigern neumodische und von vielen noch belächelte Begriffe. In Mainz war das System Frank ein bereitwillig angenommener Rettungsanker in prekärer Lage. Es entwickelte sich zur DNA der damaligen Spielergeneration und zur Basis für den späteren Aufstieg in die Bundesliga, an dem Frank noch knapp scheiterte.

Jürgen Klopp, unter Frank noch Spieler, wurde zum Mann, der Franks Pionierarbeit vollendete - und sie später beim BVB und dem FC Liverpool auf die ganz große Bühne trug.

Jürgen Klopp von Frank sportlich und menschlich geprägt

„Er war der erste, der morgens um neun aufs Trainingsgelände kam, und er ging abends um 22 Uhr“, sagte Klopp später im Kicker über Frank: „Ich habe zunächst gar nicht verstanden, was er alles gemacht hat, außer, dass er sich viele, viele Videos angeschaut hat. Er hat mir einfach gezeigt, wie man mit einer Mannschaft umgehen kann, wie man der Mannschaft eine klare Linie vorgeben und eben trotzdem ein familiäres Gefühl vermitteln kann.“

Auch dem Verein hätte als Ganzes hätte er mit seinen Vorstellungen für ein umfassendes Aufbauprojekt eine „Vision“ vermittelt, von der 05 dauerhaft gezehrt hätte.

„Das Mainz 05 von heute gäbe es ohne Wolfgang Frank nicht“, sagte der langjährige Klubpräsident Harald Strutz 2013, nach Franks Tod.

Frank wurde im Mai 2013 mit einem Gehirntumor diagnostiziert, er starb am 7. September 2013.

Nicht nur Franks Söhne tragen das Erbe weiter

Der zu frühe Tod des Ex-Coachs schärfte in Mainz noch einmal das Bewusstsein dafür, was der Klub ihm zu verdanken hat. Seit 2021 heißt das Areal um Stadion und Nachwuchsleistungszentrum „Wolfgang Frank Campus am Bruchweg“.

Franks Erbe lebt auch in seinen Söhnen fort, die ihm ins Fußballgeschäft gefolgt sind: Benjamin Frank ist Scout beim BVB, Sebastian Frank Leiter der Scouting-Abteilung von Eintracht Frankfurt.

Meisterschüler Klopp - am 11. Todestag Franks im Mittelpunkt eines großen Klassentreffens beim anderen Herzensklub Dortmund - hält das Andenken an seinen Lehrmeister ebenfalls in Ehren. „Ein großartiger Trainer, ein großartiger Mensch und ein ganz, ganz großer Verlust für die Fußballwelt“, charakterisierte ihn der damalige Liverpool-Coach 2022, als Frank 70 Jahre alt geworden wäre: „Er hätte noch viel zu sagen gehabt.“