Das tragische Ende eines besonderen Sportlers
In dem, was er tat, steckte mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Das war die große Kunst von Dan Quisenberry.
Die Spezialität des legendären Baseball-Pitchers war der so genannte Submarine, der Unterwasserwurf, trickreich und wirkungsvoll, weil die unorthodoxe Wurfbewegung unterhalb der Schulter und sein tiefes Loslassen viele Schlagmänner vor Probleme stellt.
Seinen Fastballs, der schneller als erwartet kommenden Variante, gab er den Spitznamen „Peggy Lee“. Peggy Lee war eine US-Sängerin, deren berühmtestes Lied den Titel „Is That All There Is?“ hatte: War das schon alles? Genau das wäre der erste und trügerische Gedanke seiner Gegenspieler.
Man sieht an dieser Anekdote: Dan Quisenberry war kein ganz gewöhnlicher Sportler. Er blieb auch in Erinnerung für seine Schlagfertigkeit und Intelligenz, Journalisten und Fans liebten seinen Witz und seine oft poetischen Gedanken über das Spiel, das er betrieb.
Umso trauriger war Sport-Amerika, als die besondere Legende heute vor 26 Jahren tragisch früh aus dem Leben gerissen wurde.
MLB-Legende trotz eines großen Handicaps
Quisenberry geboren am 7. Februar 1953 im kalifornischen Santa Monica, wurde in jungen Jahren von seinem Stiefvater ermutigt, seinem Talent als Baseballer nachzugehen.
Nach seiner College-Zeit bekam er einen Vertrag bei den Kansas City Royals, die ihn zunächst in die Minor Leagues schickten. Während er auf sein MLB-Debüt hinarbeitete, jobbte er in einem Sportartikelgeschäft und einem Leichenhaus und erwarb ein Lehrer-Diplom an der Uni, falls die Karriere nicht abgehoben hätte.
Die Karriere hob allerdings ab: 1979 feierte „Quiz“ mit 26 seine späte Feuertaufe, er entwickelte sich trotz eines vergleichsweise schwachen Wurfarms durch seine trickreiche technische Präzision zu einem der besten Pitcher der Liga. Er war der Erste der Geschichte, dem in mehr als einer Saison mehr als 40 Saves gelangen. Im Jahr 1985 krönte der dreimalige All-Star seine Karriere, als er mit den Royals die World Series gewann - zum ersten Mal in der Franchise-Geschichte.
Tumor-Diagnose nach Snowboard-Urlaub
Quisenberry, später noch bei den St. Louis Cardinals und den San Francisco Giants aktiv, beendete seine Karriere im Jahr 1990.
Der Mann mit der Vorliebe für Bonmots („Ich habe die Zukunft gesehen und sie ist eigentlich wie die Gegenwart, nur länger“) verwirklichte sich nach der Zeit als Athlet auch literarisch, veröffentlichte 1998 einen Gedichtband.
Im selben Jahr traf den zweifachen Familienvater der Schicksalsschlag: Bei einem Snowboard-Urlaub wurde Quisenberry von Kopfschmerzen, Sehproblemen und Schwindel geplagt. Ärztliche Untersuchung ergaben ein Astrozytom der Stufe 4, einen besonders bösartigen Gehirntumor.
Bewegender Abschiedsauftritt vor 30.000 Fans
Die Royals ermöglichten dem todkranken Quisenberry einen letzten großen Auftritt, als sie ihn am 30. Mai 1998 in einer bewegenden Zeremonie vor 30.000 Fans in ihre Hall of Fame aufnahmen.
In einer Pressekonferenz nach dem Event zeigte sich, dass der Tumor Quisenberrys scharfen Geist nicht beeinträchtigt hatte.
Auf eine Reporterfrage nach seinem sportlichen Vermächtnis antwortete er: „Ich denke nicht so viel darüber nach, ich hätte nichts davon geschafft, wenn ich nicht so viel Hilfe bekommen hätte, wo ich sie gebraucht habe. Von Willie Wilson als Center. Von Frank White auf der Second Base. Von meiner tollen Frau.“
Auf eine andere Frage, was man lernen könne aus seinem Schicksal, stockte Quisenberry, er wolle nicht mit einem „Klischee“ antworten. Dann sagte er: „Wir brauchen einander. Das ist die Lektion.“
„Warum nicht ich? Ich bin einer, der es ertragen kann“
Die Fassung, mit der der gläubige Christ Quisenberry sein Los annahm, inspirierte viele, auch Royals-Ikone George Brett, ebenfalls Teil des Meisterteams von 1985.
„Er wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen würde“, berichtet der Hall of Famer von einem Treffen mit Quisenberry nach der Diagnose: „Ich habe ihn gefragt: ‚Warum hat es ausgerechnet dich getroffen?‘ Er hat geantwortet: ‚Warum nicht? Ich bin einer, der es ertragen kann.‘“
Dan Quisenberry starb am 30. September 1988 im Beisein seiner Frau Janie und seiner Kinder Alysia und David, er wurde nur 45 Jahre alt.