Ein trauriges Bild

Ein trauriges Bild
Ein trauriges Bild

„Inspiring the nation: Saudi Fans in awe“ („Inspiriert die Nation: Saudische Fans in Ehrfurcht“) - so verheißungsvoll lautet die Überschrift einer Pressemitteilung zu den WTA Finals in Riad, in welcher darüber hinaus von den zahlreichen einheimischen und internationalen Fans vor Ort geschwärmt wird.

Das Problem - die traurige Wahrheit sieht ein klein wenig anders aus. So merkte der langjährige Tennis-Journalist Ben Rothenberg sarkastisch dazu an, ob „Awe“ womöglich der Name eines anderen Veranstaltungsort auf der anderen Straßenseite sei, wo die ganzen erwähnten Fans zu finden sind.

Denn klar ist, im Stadion ist von der in der Pressemitteilung erwähnten Begeisterung wenig zu sehen. So befanden sich am Sonntag nur etwa 400 Zuschauer in einem Stadion, in dem 5.000 Zuschauer Platz finden. Der sich vor Ort befindende Telegraph-Journalist Simon Briggs filmte, wie lächerlich leer das Stadion aussah, während sich mit Coco Gauff und Jessica Pegula zwei der besten Spielerinnen der Welt duellierten.

„Äußert enttäuschend“: Tennis-Ikone übt Kritik

Ein trauriges Bild für das wichtigste Event der WTA-Tour, schließlich werden Grand Slams nicht von der Women‘s Tennis Association (WTA) selbst ausgerichtet.

Auch Englands Tennis-Ikone, die für Sky UK als Experte vor Ort ist, zeigte sich entsetzt: „Es wurde viel darüber diskutiert, ob Sportereignisse nach Saudi-Arabien kommen sollten, aber wenn wir darüber hinwegsehen und die WTA-Finals nur als ein Ereignis betrachten, ist es äußerst enttäuschend, dass die besten Spielerinnen der Welt - Iga Swiatek, Coco Gauff - heute vor einem solchen Publikum auftreten.“

Man kann den Veranstaltern in Saudi-Arabien dabei nicht vorwerfen, dass potenzielle Zuschauer durch hohe Ticketpreise abgeschreckt werden - ganz im Gegenteil. Die günstigsten Tickets kosten gerade einmal sieben Euro.

Dennoch sieht das Stadion mit Ausnahme des Auftakttages, als beim Match zwischen Qinwen Zheng und Aryna Sabalenka dank reichlich chinesischer Fans etwa 70 Prozent Auslastung erreicht wurde, weitgehend leer aus.

Kaum Zuschauer bei den Finals? WTA nicht überrascht

Am Sonntag wiesen die Organisatoren bezogen auf die geringe Zuschauerzahl darauf hin, dass die Studenten in Riad aktuell mit Prüfungen beschäftigt seien - unglücklich für eine Veranstaltung, die in der Indoor-Arena der King Saud University stattfindet. Mehr Zuschauer sind wohl erst wieder ab Freitag zu erwarten.

Die WTA nimmt das in einer Stellungnahme erstaunlich gelassen hin: „Wir haben mit Beginn der saudischen Arbeitswoche am Sonntag immer mit geringeren Besucherzahlen gerechnet, gehen aber davon aus, dass die Zahlen gegen Wochenende steigen werden.“

Die quasi einkalkulierten leeren Hallen während der saudischen Arbeitswoche bei dem einen großen Turnier, bei dem sich die Damen einmal nicht die Aufmerksamkeit mit den Herren teilen müssen, erstaunt. Natürlich lohnt es sich aufgrund der Finanzkraft der Saudis finanziell für die WTA selbst dann, wenn überhaupt keine Zuschauer erscheinen würden.

Doch beste Werbung für das Damentennis sieht anders aus.

Tennis in Saudi-Arabien: „Einfach Wachstumsschmerzen“

Die WTA weist vielmehr darauf hin, dass das Ziel wäre, „Tennis einem neuen Publikum näherzubringen und es braucht Zeit, dies aufzubauen.“

Ähnlich sieht es auch Gauff: „Wenn es in einer Region etwas Neues gibt, erwarte ich nicht, dass die Zuschauerränge voll sind. Das ist einfach Teil der Entwicklung des Spiels. Sehen Sie sich die WNBA (Frauen-Basketballliga in den USA; Anm. d. Red.) an. Diese Ränge waren vor ein paar Jahren wahrscheinlich nicht so voll und jetzt sind sie für alle Teams voll. Ich denke, es sind einfach Wachstumsschmerzen.“

Ein ähnliches Ziel verfolgt auch die Saudi Tennis Federation. Dieses lautet, mit diesen Turnieren in Saudi-Arabien eine Million Menschen bis 2030 zu inspirieren.

Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Ein baldiges Ende der „Wachstumsschmerzen“ ist nach diesem Beginn jedenfalls so schnell nicht in Sicht.