Starke Kinder durch starke Werte - Weil Sport fürs Leben prägt, hat Fitness-Profi einen wichtigen Rat für Eltern
Als Vater und Trainer erlebt Performance Coach Michèl Gleich täglich, wie Sport nicht nur bewegt, sondern Charakter stärkt. Die Werte, die wir unseren Kindern mitgeben, sind demnach entscheidend fürs Leben. Wie Eltern die Grundlage für eine starke, erfolgreiche Zukunft ihrer Kinder legen können.
In einer Zeit, in der Technologie und Leistungsdruck den Alltag vieler Kinder prägen, wird die Frage, wie wir sie auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten können, immer drängender. Werte wie Teamgeist, Respekt und Durchhaltevermögen werden oft diskutiert, doch wie vermitteln wir sie nachhaltig? Klare Antwort: durch Sport.
Ein persönlicher Startpunkt: Vom Spielfeld ins Leben
Meine eigene Geschichte beginnt auf den Fußballplätzen Berlins. Als Jugendlicher spielte ich auf höchstem Niveau und lernte früh, was es heißt, Teil eines Teams zu sein. Die Siege waren großartig, doch die wichtigsten Lektionen habe ich aus Niederlagen gezogen. Sie lehrten mich, wie man wieder aufsteht, Rückschläge meistert und stets an sich glaubt.
Diese Werte begleiteten mich durch meine Zeit als Offizier bei der Bundeswehr und später als Führungskraft und Coach. Heute, als Vater von zwei Kindern, sehe ich diese Prinzipien in einem neuen Licht: Sie sind nicht nur Erfolgsfaktoren für das Berufsleben, sondern essentielle Bausteine für ein erfülltes Leben.
Warum Sport so wertvoll ist
Sport ist eine der wenigen Aktivitäten, die körperliche, mentale und soziale Kompetenzen gleichzeitig fördern. Kinder lernen auf dem Spielfeld Respekt – vor dem Gegner, den Regeln und vor sich selbst. Sie erfahren, dass Einsatz und Teamarbeit oft wichtiger sind als individuelle Brillanz.
Studien bestätigen diesen positiven Einfluss. Eine Untersuchung der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt, dass Kinder, die regelmäßig Sport treiben, signifikant besser in Konfliktbewältigung und sozialem Verhalten abschneiden. Gleichzeitig stärken sie ihr Selbstbewusstsein und entwickeln eine höhere Frustrationstoleranz (Deutsche Sporthochschule Köln, Studie: Soziale Kompetenz und Sport bei Kindern und Jugendlichen, 2023).
Meine Perspektive als Vater und Coach
Meine beiden Kinder – zwei Wirbelwinde von 5 und 6 Jahren – sind meine größten Lehrer. Durch sie habe ich erfahren, wie wichtig es ist, Vorbild zu sein. Sie beobachten jedes Wort, jede Geste. Doch es ist nicht nur das, was wir sagen, sondern vor allem, was wir tun, das Eindruck hinterlässt. Als Trainer habe ich oft erlebt, wie Kinder durch den Sport aufblühen.
Ein Junge, der an sich selbst glaubt
Einer der einprägsamsten Momente in meiner Arbeit als Trainer war die Begegnung mit Tim, einem elfjährigen Jungen. Tim war neu im Training, eher zurückhaltend und hatte sichtlich Schwierigkeiten, sich in die Gruppe einzufinden. Beim ersten Spiel traute er sich kaum, den Ball zu berühren, aus Angst, etwas falsch zu machen.
Ich entschied, ihn behutsam zu fördern, ohne Druck, aber mit klaren Zielen. Während eines Trainings schlug ich ihm vor, die Verantwortung für eine Schlüsselposition zu übernehmen – ein Risiko, das er eigentlich scheute. Doch ich erklärte ihm, dass Fehler ein Teil des Lernens sind und dass ich an ihn glaube.
In einem entscheidenden Spiel, als es in der letzten Minute einen Freistoß gab, sah ich ihn zögern, ob er antreten sollte. Die Mannschaft rief seinen Namen, und ich nickte ihm zu. Er trat den Ball – und er landete im Tor. Der Jubel war groß, aber das Beeindruckendste war Tims Gesicht: eine Mischung aus Stolz, Erleichterung und dem stillen Bewusstsein, dass er etwas überwunden hatte. Nach dem Spiel kam er zu mir und sagte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas kann.“
Das war ein Moment, der mich tief berührte.
Die Wissenschaft hinter dem Spiel
Sportliche Aktivitäten fördern nicht nur den Charakter, sondern auch die kognitive Entwicklung. Eine Studie der American Academy of Pediatrics zeigte 2022, dass Bewegung die Konzentrationsfähigkeit und das Problemlösungsverhalten bei Kindern deutlich verbessert. Teamsportarten wie Fußball, Basketball oder Hockey fördern besonders strategisches Denken und Kommunikation, da Kinder lernen, komplexe Spielsituationen zu analysieren und gemeinsam Lösungen zu finden (AAP, Studie: Impact of Team Sports on Child Development, 2022).
Nicht nur Mannschaftssportarten, sondern auch Einzelsportarten spielen eine zentrale Rolle bei der Wertevermittlung. Eine Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2021 untersuchte die Wirkung von regelmäßigem Individualtraining auf die Entwicklung von Selbstdisziplin und Selbstwirksamkeit bei Jugendlichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Einzelsportarten wie Schwimmen, Leichtathletik oder Turnen Kindern und Jugendlichen helfen, ein starkes Gefühl von Eigenverantwortung und Resilienz zu entwickeln.
Einzelsportarten fördern die Fähigkeit, den eigenen Fortschritt zu reflektieren und aus Rückschlägen zu lernen. Gerade im Training, das oft ohne direkte Konkurrenz stattfindet, liegt der Fokus auf der stetigen Verbesserung der eigenen Leistung. Die Studie betont, dass diese Erfahrung langfristig dazu beiträgt, Herausforderungen nicht als Bedrohung, sondern als Wachstumschancen zu sehen (Universität Leipzig, Institut für Sportpsychologie, „Einzelsportarten und ihre Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen“, 2021).
Eine Botschaft für die Zukunft: Mehr als nur Sport
Kinder durch Sport zu fördern, bedeutet nicht nur, ihre körperliche Gesundheit zu stärken. Es geht darum, ihnen einen Raum zu bieten, in dem sie wachsen können – emotional, sozial und mental. Gerade in einer Welt voller Unsicherheiten und Herausforderungen ist der Sport ein Anker, der Halt und Orientierung gibt. Eltern spielen hier eine Schlüsselrolle. Wenn wir selbst aktiv mitmachen, unsere Begeisterung teilen und unseren Kindern die Freude an der Bewegung vorleben, schaffen wir eine Grundlage, die weit über das Spielfeld hinaus wirkt. Sport ist eine universelle Sprache, die Kinder lehrt, über sich hinauszuwachsen, Niederlagen anzunehmen und Stärke zu entwickeln.
Praktische Tipps für Eltern
Wie können wir als Eltern dazu beitragen, dass unsere Kinder durch Sport Werte lernen?
Vorbild sein: Begeisterung ist ansteckend. Wenn Eltern selbst aktiv sind oder Interesse zeigen, motiviert das Kinder ungemein.
Freude betonen, nicht Leistung: Kinder sollten Spaß an der Bewegung haben, ohne den Druck, perfekt sein zu müssen.
Gemeinschaft fördern: Mannschaftssportarten bieten eine ideale Plattform, um Teamgeist zu erleben.
Zeit für Reflexion schaffen: Nach einem Training oder Spiel können Gespräche helfen, das Erlebte zu reflektieren und wichtige Lektionen herauszuarbeiten.
Ein Mutmacher zum Schluss
In einer Welt, die oft von Individualismus geprägt ist, bleibt der Sport ein Ort, an dem Kinder lernen, dass sie zusammen mehr erreichen können als allein. Sie erfahren, dass nicht jeder Tag ein Sieg sein muss, sondern dass der Einsatz und der Glaube an sich selbst zählen. Als Vater und Coach bin ich überzeugt: Wenn wir unsere Kinder auf diesem Weg begleiten, legen wir die Grundlage für eine starke und resiliente Generation. Es mag Tage geben, an denen die Begeisterung schwindet oder der Weg steinig erscheint, doch genau das sind die Momente, in denen wir sie ermutigen müssen, weiterzumachen.
Denn der wahre Erfolg liegt nicht im Sieg, sondern im Wachsen – und genau das macht aus kleinen Spielern große Persönlichkeiten!