Erdmagnetfeld: Steht uns eine Umkehrung der Pole bevor?

Forscher rechnen mit gravierenden Auswirkungen für das Leben auf unserem Planeten

Es schützt uns vor tödlicher Sonnenstrahlung und hilft sogar Tieren bei der Orientierung: das Magnetfeld der Erde.  Doch Forscher machen sich zunehmend Sorgen um diesen Rettungsschirm des blauen Planeten.  Das Magnetfeld wird immer schwächer -  ein Indiz dafür, dass sich eine Feldumkehr, also die vollständige Umpolung des Erdmagnetfeldes anbahnt.  Ein solcher Polsprung könnte das Ende unseres gewohnten Lebensstils zur Folge haben.



Die These, dass sich die Magnetfelder der Erde umpolen könnten, erfreut sich seit jeher bei Weltuntergangspropheten großer Beliebtheit. Sie versteigen sich auch gern zu der Behauptung, dass dies das Ende für unseren Planeten bedeuten könnte.

Dabei hat sich die Polarität des Erdmagnetfeldes im Verlauf der Geschichte bereits mehrmals umgekehrt – das konnten Geologen mit Hilfe von Untersuchungen des Atlantik-Meeresgrundes ermitteln. Die Messungen zeigen, dass es etwa in Zeiträumen von durchschnittlich 250.000 bis 500.000 Jahren zu einem Polsprung kam. Da der letzte gemessene sich vor rund 800.000 Jahren ereignete, wäre der nächste also mehr als überfällig, wie die Nachrichtenagentur „reuters“ berichtet.

Polumkehr hat bereits begonnen
Das Erdmagnetfeld wird durch schnelle Konvektionsströmungen im flüssigen Teil des Erdkerns, aber auch durch den Erdmantel, die Erdkruste, die Ozeane sowie Einflüsse aus dem Weltall bestimmt. Wissenschaftler nehmen an, dass es zu einer Polumkehrung kommt, wenn sich große Bereiche des Außenkerns der Erde entgegengesetzt zu ihrem Umfeld ausrichten. Derartige Vorgänge passieren jedoch keinesfalls plötzlich: es dauert Tausende, wenn nicht gar Zehntausende von Jahren, bis die Polarität sich komplett gewechselt hat.

Nach Ansicht vieler Wissenschaftler hat der Prozess, der zu der nächsten Polumkehr führen könnte, aber bereits begonnen. Ein Indiz ist die messbare Abschwächung des Erdmagnetfeldes. „In den vergangenen 150 Jahren hat die Stärke des Magnetfelds um zehn Prozent nachgelassen. Das könnte bedeuten, dass eine Umkehrung ansteht“, zitiert reuters Conall Mac Niocaill, Geologe und Geophysik-Professor an der Universität von Oxford. „Der magnetische Norden ist im vergangenen Jahrhundert mehr als 1500 Kilometer gewandert“. Schon binnen der nächsten 500 Jahre, so schätzen Forscher, könnte der Prozess der Pol-Umkehr so weit voranschreiten, dass es zu dramatischen bis chaotischen Auswirkungen auf der Erde kommt.

Welche Auswirkungen hätte ein Polsprung für die Erdenbewohner?
Während sich um das Thema zahlreiche Spekulationen und Verschwörungstheorien ranken, können Wissenschaftler zum Glück ziemlich genau vorhersagen, was im Falle eines Polsprungs passieren würde – und was nicht. Während Weltuntergangsverkünder gern behaupten, dass sich bei diesem Prozess der innere Erdkern dreht, sich dadurch die Erdoberfläche verschiebt und letztendlich die Menschheit vernichtet wird, erwarten Wissenschaftler weniger katastrophale, aber dennoch gravierende Auswirkungen. Demnach wären die Menschen durch die graduelle Schwächung des Magnetfeldes einer zunehmend stärkeren Sonneneinstrahlung ausgesetzt - und Solarpartikel könnten große Löcher in die Ozonschicht schlagen. Denn das Magnetfeld schirmt die Erde vor Sonnenwinden ab: es lenkt sie an die Pole und schützt so die Erde vor der Strahlung.

Die Hauptlast würden jedoch nicht die Menschen, sondern deren technische Geräte tragen. Bereits jetzt können Solarstürme und koronale Massenauswürfe zu Störungen bei Computern, Kommunikationssystemen und Hochspannungsnetzen führen. Mit einem schwachen Erdmagnetfeld wären die Auswirkungen weit schlimmer - so könnten wir etwa sämtliche Satelliten im Weltall verlieren, inklusive GPS und Kommunikationssatelliten. Auch die Stromzufuhr könnte regelmäßig unterbrochen werden oder sogar ganz ausfallen. Zusätzlich gäbe es möglicherweise statt zwei Polen vier magnetische Pole, was Reisen mit Kompassen deutlich erschweren würde. Auch für jene Tiere, die sich am Erdmagnetfeld orientieren, wäre das ein Problem: Vögel, Bienen und sogar manche Fischarten sind bei der Navigation auf das Magnetfeld angewiesen.

So viel steht jedoch fest: Ein Polsprung und die damit verbundene Schwächung des Erdmagnetfeldes würde sicher nicht das Ende der Menschheit bedeuten. Er könnte aber durchaus das Aus für unseren derzeitigen Lebensstandard mit all seinen Technologien herbeiführen.

Auch die Europäische Raumfahrt nimmt das Thema deshalb ernst. Um das Erdmagnetfeld und seine Veränderungen besser zu erforschen, startet die Europäische Raumfahrtorganisation ESA nächsten Monat deshalb die Mission „Swarm“. Drei europäische Satelliten sollen dann das Magnetfeld der Erde mindestens vier Jahre lang exakt vermessen – Forscher erhoffen sich dadurch, bei der Erforschung der Magnetfelder endlich ein ganzes Stück weiter zu kommen.



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