Steigende Corona-Zahlen: Ist Sport im Fitnessstudio noch möglich?

Training mit Maske ist wichtig - und möglich. (Bild: MBLifestyle/Shutterstock.com)
Training mit Maske ist wichtig - und möglich. (Bild: MBLifestyle/Shutterstock.com)

Im Herbst zieht es viele Sportler zum Trainieren wieder in die Fitnessstudios. Gleichzeitig steigen die Corona-Neuinfektionen stark an. Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel erklärt im Interview mit spot on news, wie das Training mit Maske, Lüften und Abstand funktionieren kann.

Kann man trotz steigender Corona-Zahlen noch das Fitnessstudio besuchen?

Michael Despeghel: Die steigenden Zahlen werden tatsächlich zum Problem, weil viele Menschen Angst haben und deswegen nicht zum Training gehen. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, sich zu bewegen. Das akute Krankheitsgeschehen trifft auf eine chronisch kranke Welt. Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weit verbreitet. Diese können für schwere Covid-19-Verläufe verantwortlich sein. Mit einem aktiven Lebensstil kann man gegen die Grunderkrankungen aber gut ankommen. Und hierzu können Fitnesscenter beitragen. Denn viele Menschen bewegen sich bei schlechtem Wetter draußen nicht.

Welche Bedingungen müssen im Fitnessstudio erfüllt sein, damit die Mitglieder sicher trainieren können?

Despeghel: Die Aerosol-Belastung ist in Umkleiden, in kleinen Räumen oder Fluren, wo schlecht gelüftet werden kann, hoch. Die Trainingsflächen in den Studios selbst sind in der Regel aber so angelegt, dass eine Querlüftung möglich ist. Das ist auch zwingend notwendig, um die Aerosole zu vertreiben. Trägt man beim Training dann auch noch eine Maske, ist man ähnlich geschützt wie zum Beispiel in einem Baumarkt oder Einkaufszentrum.

Was muss eine Maske mitbringen, die für den Sport geeignet ist?

Despeghel: Bei herkömmlichen Alltagsmasken ist der Stoff oft nicht durchlässig genug, um beim Sport genügend Sauerstoff zu bekommen. Wir haben bei Untersuchungen festgestellt, dass das bei einer Mischung aus Nylon und Elasthan anders ist: Die Sauerstoffsättigung lag bei Tests mit unserer "Oxygym Mask" bei 99 Prozent. Auch ältere Menschen und Sporteinsteiger könnten damit trainieren.

Neben Lüften und Maske ist auch der Mindestabstand wichtig.

Despeghel: Die Studios sorgen in der Regel dafür, dass die Bereiche zwischen den Geräten gesperrt sind. Aber natürlich hat man hier auch eine Eigenverantwortung, gerade in den freien Trainingsbereichen ist es wichtig, dass jeder auf den Abstand achtet. Fitnessstudios mit großen Räumen können auch noch Kurse anbieten, aber nur mit begrenzter Teilnehmerzahl.

Kann Sport im Freien das Training im Fitnessstudio ersetzen?

Despeghel: Im Prinzip ist ein körperliches Training überall möglich. Aber auch ohne Covid-19 machen 60 Prozent der Deutschen grundsätzlich keinen Sport. Schlechtes Wetter wird neben Zeitmangel oft als Grund angeführt, dass die Leute ihre Komfortzone nicht verlassen. Und sich nicht zu bewegen, ist das Schlimmste. Wichtig ist, jetzt durch Sport das Immunsystem zu stimulieren und auch Grunderkrankungen weiter positiv zu beeinflussen.

Wie wichtig ist Bewegung, um psychische Belastungen durch die Corona-Einschränkungen zu bewältigen?

Despeghel: Wenn Menschen psychisch belastet, traurig sind oder sich unwohl fühlen, leidet das Immunsystem. Auf der anderen Seite droht auch eine Gewichtszunahme. Eine Studie hat gezeigt, dass es im ersten Lockdown bei Frauen im Alter von 35 bis 43 im Schnitt bis zu fünf Kilo Gewichtszunahme in acht Wochen gab. Das kann zu Folgeerkrankungen führen und auch die Psyche leidet natürlich. Das lässt sich durch einen aktiven Lebensstil vermeiden.

Wie kommen Menschen, die bisher keinen Sport gemacht haben, zu mehr Bewegung?

Despeghel: Das ist erst mal eine Motivationssache. Man muss sich klar machen, dass es Möglichkeiten gibt und dass man mal loslegen muss. Und dann muss man erkennen, was für ein Typ man ist. Im Homeoffice lassen sich vielleicht mittags Verabredungen mit der Nachbarin oder dem Nachbarn treffen für eine Aktivierungseinheit, beginnend mit schnellem Spazierengehen, das zum Nordic Walking ausgebaut werden kann. Es gibt auch einfache Übungen für zu Hause, die nicht viel Zeit kosten.

Wie viel sollte man sich mindestens bewegen am Tag?

Despeghel: Unter anderem die WHO empfiehlt 30 Minuten körperliches Training am Tag. Das machen leider nur fünf Prozent der Menschen.