Steinmeier: Wahl hat Statik in Deutschland verändert

«Woher kommen die Enttäuschungen, die Wut, bei manchen gar der Hass, den wir im Wahlkampf erlebt haben?», fragt Bundespräsident Steinmeier. Foto: Maurizio Gambarini
«Woher kommen die Enttäuschungen, die Wut, bei manchen gar der Hass, den wir im Wahlkampf erlebt haben?», fragt Bundespräsident Steinmeier. Foto: Maurizio Gambarini

Streit ja - aber mit klaren Regeln: Das fordert der Bundespräsident nach dem Wahlerfolg der AfD. Und er nennt Bedingungen: Antisemitismus und Fremdenhass müssten eindeutig verurteilt werden.

Berlin (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nach dem Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl eine gründliche Analyse gefordert.

«Dieser Wahlsonntag hat die politische Statik in unserem Lande verändert», sagte Steinmeier. Wichtig sei jetzt, genau hinzuschauen. «Woher kommen die Enttäuschungen, die Wut, bei manchen gar der Hass, den wir im Wahlkampf erlebt haben?», fragte er.

«Die Kontroverse, notfalls auch die scharfe Kontroverse, gehört zur Demokratie», sagte Steinmeier. Aber dafür müssten Regeln gelten, etwa die Absage an jede Form von Antisemitismus und Fremdenhass. Auch die Verantwortung vor der deutschen Geschichte gehöre dazu. Notwendig sei Respekt vor dem politischen Gegner und Andersmeinenden, sagte er, ohne die AfD beim Namen zu nennen. Die Rechtspopulisten hatten am Sonntag 12,6 Prozent der Stimmen und 94 Mandate gewonnen

Mit dem Wahlergebnis müssten sich jetzt nicht nur die Politiker und Parteien beschäftigen, sondern alle Bürger. «Wir dürfen nach dieser Wahl nicht ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen.» Auch sollte sich niemand einfach nur in die eigene Nische zurückziehen.

Steinmeier äußerte sich im Schloss Bellevue bei einer Pressekonferenz mit dem albanischen Präsidenten Ilir Meta. «Woher kommt manches Misstrauen gegenüber unserer demokratischen Ordnung, auch unseren Institutionen?», fragte er weiter.

Veränderungen verunsicherten viele Bürger. Deren Bedürfnis nach Anerkennung, Stabilität und Zusammenhalt müsse ernst genommen werden. «Wir sollten als Gesellschaft nach dieser Wahl nicht weiter auseinanderlaufen, sondern nach Wegen suchen, wieder näher zueinanderzufinden», sagte er.

Deutschland stehe jetzt vor einer schwierigen Regierungsbildung, aber er sei zuversichtlich, dass es am Ende eine arbeitsfähige Regierung geben werde, sagte der Bundespräsident weiter. Auch im Ausland würde die Entwicklung mit erheblichem Interesse verfolgt. Dort sei auch die Einordnung des Bundespräsidenten gefragt.