Stellvertretende Grünen-Vorsitzende in S-Bahn bedroht

Jamila Schäfer bei ihrer Bewerbung um das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden im Januar in Hannover. Gestern wurde die gebürtige Münchnerin in der S-Bahn bedroht. (Bild: ddp images/Sven Simon)
Jamila Schäfer bei ihrer Bewerbung um das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden im Januar in Hannover. Gestern wurde die gebürtige Münchnerin in der S-Bahn bedroht. (Bild: ddp images/Sven Simon)

Sie dachte bisher, „rechte Trolle gibt’s nur im Internet“. Jetzt wurde Jamila Schäfer, stellvertretende Vorsitzende der Grünen, laut eigener Aussage in der S-Bahn von einem Unbekannten bedroht.

Die Grünen-Politikerin Jamila Schäfer beschreibt auf Facebook ein bedrohliches Erlebnis. Sie sei auf dem Heimweg mit der S-Bahn gefahren. Dann habe sie bemerkt, dass der Mann, der ihr gegenüber saß, sie filmte und fotografierte. Als sie daraufhin fragte, was das solle, sagte der Unbekannte: „Du wirst schon noch sehen, was du von alldem hast, F**!” Dazu machte er mit seiner Hand eine Bewegung, die eine durchgeschnittene Kehle symbolisiert. Er sei eben radikal, habe der Mann dann noch gesagt.

Schäfer schreibt auf Facebook, sie habe den Mann fotografiert und dann die Polizei gerufen. „Nach ein paar Stationen lief er auf mich zu, stieg dann aber aus. Ich habe mich leider nicht getraut, ihn bis in eine abgelegenere Seitenstraße hinein zu verfolgen.“

Mit dem Foto hofft die 25-Jährige nun, den Verdächtigen ermitteln zu können – sie habe es aber nur an die Polizei weitergegeben, öffentlich hat sie es nicht gepostet. Unter ihrem Posting schlägt ihr für diese Erfahrung viel Anteilnahme entgegen. Sie habe schon gedacht, rechte Trolle gäbe es nur im Internet, schreibt sie ans Ende des Eintrags. In Zukunft will sie sich dennoch nicht unsicher fühlen, gibt aber auch zu, „es ist in diesem Augenblick schwer“.

Schäfer positioniert sich vor allem gegen den Rechtsruck in Deutschland und für das Grundrecht auf Asyl. Bei den Verhandlungen über eine mögliche Jamaika-Koalition im vergangenen Herbst war sie im Lager der Skeptiker. „Die Grünen sollten nicht mit dem Ziel in die Verhandlungen gehen, auf jeden Fall eine Koalition zu bilden”, sagte sie damals „bento“. Die wichtigste Aufgabe einer neuen Regierung sei, dem Rechtsruck in Deutschland etwas entgegenzusetzen: Das ausgerechnet mit Union und FDP zu schaffen, hielt sie für schwierig.

Die Grünen müssten erst intern Einigkeit darüber herstellen, wie dem gesellschaftlichen Aufstieg der AfD zu begegnen sei, so Schäfer zu „bento“. Über die Profilierung als Gegnerin einer Regierungsbeteiligung gelang es Schäfer im Januar, zur stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Partei aufzusteigen. Sie setzte sich in einer Kampfabstimmung gegen Anna Cavazzini durch, die wie sie selbst auch dem linken Flügel der Grünen zugerechnet wird.