Sterbende Innenstädte: Zukunftsforscher warnt in ARD-Magazin vor Gefahr für die Demokratie

Seit vielen Jahren sind die aussterbenden Zentren ein Problem für deutsche Städte. Die Corona-Pandemie hat diesen Prozess dramatisch beschleunigt. Gefahren und Lösungsansätze zeigte ein Beitrag des SWR-Magazins "Report Mainz".

Schon lange vor der Corona-Pandemie machten langsam aussterbende Einkaufszonen deutsche Innenstädte unattraktiv. Nach und nach schlossen die großen Kaufhäuser, die kleinen Läden zogen wegen der ausbleibenden Laufkundschaft nach. Dadurch sind aber nicht nur die Innenstädte gefährdet, sondern sogar die ganze Stadt, weiß Zukunftsforscher Klaus Burmeister.

"Im Grunde genommen ist eine tote Innenstadt Visitenkarte für den sozialen Niedergang einer Stadt und einer Region", erklärte er in einem alarmierenden Beitrag in aktuellen Ausgabe von "Report Mainz" im Ersten. "Wenn das Aushängeschild beschlagen ist, wirkt sich das auf die gesamte Stadtgesellschaft aus. Die städtische Gesellschaft ist der Kern für jede demokratische Gesellschaft. Wenn wir da nicht das Gefühl haben, wir sind aufgehoben, wir haben einen Platz und wir können auch was mitbewirken, dann ist auch die Demokratie ein Stück weit beschädigt."

Die Coronakrise bedeutet für viele Läden den Todesstoß

Die aktuellen Probleme, die diese Entwicklung fördern, sind Einkaufsmöglichkeiten im Freien und der wachsende Online-Handel - alles verstärkt durch die Coronakrise, wie der Beitrag zu berichten weiß. Der Kaufhaus-Gigant Galeria Karstadt Kaufhof GmbH, der Anfang Juli in die Insolvenz ging, muss nun mehr als 60 Filialen aufgeben. Nach der eh schon kritischen Situation in der Coronakrise bedeute das für viele kleinere Läden den Todesstoß.

In der Stadt Worms, in der die Filmemacher drehten, schloss vor 20 Jahren eine Filiale des Moderiesen C&A. Die Laufkundschaft blieb aus, und benachbarte Läden mussten ebenfalls ihr Geschäft beenden. So wie hier sieht es in vielen deutschen Innenstädten aus - verödete Straßenzüge, vergammelnde Groß-Immobilien und Ein-Euro-Shops. Die Wormser Bürger fordern ein ordentlicheres Stadtmanagement: "Die Stadt Worms muss mehr tun", sagt im ARD-Beitrag ein Passant. Doch eine Rettung lässt auf sich warten.

"Es braucht innovative Konzepte" - und viel mehr Geld

Wie der Beitrag zeigt, werden Lösungsansätze in einigen wenigen Städten bereits umgesetzt. Gerade kleine und mittelgroße Städte, die mit dem Strukturwandel überfordert sind, müssen die Kunden anderweitig in die Zentren ziehen. In dem Modehaus L&T in Osnabrück sorgt beispielsweise eine stehende Welle für Surfer für ein Erlebnis-Shopping. Die Attraktion zieht jährlich sechs Millionen Kunden an. "Es braucht innovative Konzepte, damit die Leute einen Besuchsanlass haben und eben über Shopping- und Gastronomieangebote hinaus den Weg in die Innenstädte finden", weiß Geschäftsführer Thomas Ganter vom Modehaus L&T. Während der Coronakrise ist die Welle allerdings abgedeckt - ein schlimmer Verlust für die gesamte Fußgängerzone.

Doch nicht nur Attraktionen würden die Kunden wieder in die Innenstadt locken. Der Beitrag erörterte dies am Beispiel der Stadt Gießen. Die Eigentümer der an der Fußgängerzone befindlichen Immobilien haben sich zusammengeschlossen und setzen sich seit 15 Jahren für eine Verschönerung der Straße ein. Mit einem jährlichen Beitrag von jeweils 300.000 Euro machen sie die Straße attraktiv - mit Cafés, Sitzmöglichkeiten, Brunnen, oder auch digitalen Displays mit Infos zu den Geschäften, Busfahrplänen oder der aktuellen Tageszeitung.

Doch das ist ein nur ein positives Einzelbeispiel, vielen Städten und Kommunen fehlen schlicht die finanziellen Mittel, um den Verfall zu stoppen. "Wir haben insgesamt 790 Millionen zur Verfügung für Innenstadtentwicklung in Deutschland, und ich glaube, da muss was rein in den Topf", erklärt Burkhard Jung, Präsident des deutschen Städtetages. Für viele Ladenbesitzer käme selbst das wohl zu spät,