Steuer-Profi Alexander Schneider - Wegen Erbschaftssteuer: Deutsche verlieren ihre Häuser an Immobilien-Giganten

<span class="copyright">Getty Images/ William_Potter</span>
Getty Images/ William_Potter

Obwohl die Erbschaftsteuer in Deutschland von vielen befürwortet wird, birgt sie unerwartete und oft übersehene Nebenwirkungen: Von der Verdrängung privater Vermieter bis zur Doppelbesteuerung von Immobilien. Steuer-Profi Alexander Schneider klärt die wichtigsten Fragen.

Erbschaftsteuer in vielen Bereichen ungerecht

Die in Deutschland bestehende Erbschaftsteuer wird von einer Mehrheit der Politik und Bürger befürwortet.

Allerdings wird von einer Mehrheit der Bundesbürger die Besteuerung von Erbschaften auch als ungerecht oder unfair angesehen. Als wesentlicher Punkt für dieses Empfinden wird häufig die erbschaftsteuerliche Steuerbegünstigung von Betriebsvermögen genannt. Meist wird bei dieser weitverbreitenden Meinung jedoch vergessen, dass sich die Steuerbegünstigung im Kern nur auf das im Betrieb produktiv eingesetzte Vermögen und nicht auf das Verwaltungsvermögen bezieht. Auch kann in der Praxis das betriebliche Produktivvermögen der vollen Besteuerung unterliegen, wenn bestimmte Grenzen nicht eingehalten werden.

Weniger beachtet sind diverse andere Nebenfolgen der Erbschaftsteuer, die zumindest Zweifel an einer gerechten und fairen Steuer aufkommen lassen:

Verdrängung privater Vermieter zugunsten von Immobilienfonds und großen Wohnbauunternehmen

Anders als Privatpersonen zahlen große Wohnungsunternehmen auf vermietete Wohnimmobilien keine Erbschaftsteuer. Diese unterschiedliche Behandlung führt dazu, dass Privatpersonen zunehmend ihre Immobilien an Wohnungsunternehmen oder Immobilienfonds verkaufen. Besonders sozial eingestellte private Vermieter gehen hierdurch zunehmend auf dem Markt verloren.

 

Bremswirkung für Wohnungsneubau

Auch der Neubau von Wohnungen im privaten Sektor wird durch die Erbschaftsteuer gebremst. Die Erbschaftsteuer wird bei der (ohnehin derzeit geringen) Rendite einer Immobilie als Investment miteingepreist. Anders als bei liquiden Mitteln (Aktien, festverzinsliche Wertpapiere) hat man bei Immobilien weniger Möglichkeiten, durch gestaffelte Vorabzuwendungen die Steuerlast zu reduzieren oder das Steuersubstrat zu verbrauchen.

Unterschiedliche Behandlung der Kinder

Wenig einleuchtend ist auch, dass Kinder, die ihre Wohnung von den Eltern mieten, Erbschaftsteuer zu zahlen haben, während Kinder, die in die Wohnung der Eltern ziehen, eine solche Steuer nicht zu tragen haben.

Verlust von Wohneigentum

Erbschaftsteuer auf Wohneigentum kann dazu führen, dass Steuerpflichtige oder ihre Nachkommen das Eigentum hieran verlieren und zukünftig zur Miete wohnen. Die Erbschaftsteuer kann nicht aus Erträgen der geerbten Immobilie bezahlt werden. Meist muss eine Darlehensschuld aufgenommen, die sich durch zukünftige Erbschaften weiter erhöhen wird. Steuerpflichtige sehen sich veranlasst, ihre Immobilie zur Begleichung der Schuld zu veräußern. Teilweise behalten sich die Steuerpflichtigen noch ein lebenslanges Wohnrecht zurück. Letzendlich ist das Wohneigentum jedoch dann früher oder später verloren. Der Verlust der Absicherung im Alter von Erben und ihren Nachkommen wird vom Staat in Kauf genommen.

Doppelbesteuerung bei Grundvermögen

Für Immobilien gilt zudem eine doppelte Substanzbesteuerung. Neben der Erbschaftsteuer fällt jährlich auch Grundsteuer auf Immobilien an. Durch die wohl eher steigende Grundsteuer wird die Doppelbesteuerung auf die Substanz noch höher ausfallen.

 

Regionale Abhängigkeit von Höhe der Steuer

Zudem fällt die Erbschaftsteuer auf Immobilien aufgrund regional sehr unterschiedlicher Bodenrichtwerte höchst unterschiedlich aus. Dies ist zumindest bei nur selbst genutztem Eigentum wenig nachvollziehbar.

Verlust von Steuerzahler

Wenig beachtet ist auch die Konsequenz, dass eine hohe Erbschaftsteuer dazu beiträgt, dass Steuerzahler für Ertragsteuern dauerhaft verloren gehen. Steuerpflichtige übertragen ihr Vermögen von Todes wegen zunehmend ganz oder teilweise erbschaftsteuerfrei an gemeinnützige Einrichtungen oder Stiftungen. Insbesondere Unternehmen werden vermehrt in Stiftungen eingebracht. Steuerpflichtige sehen hierin den Vorteil, ihr Vermögen ungeschmälert zu übertragen und zudem die konkrete Verwendung des Vermögens zu bestimmen. Dies gilt vor allem, wenn Abkömmlinge fehlen. Dann droht eine Besteuerung von 30 % oder sogar 50 % des Vermögens. Unternehmen oder Anteile an Unternehmen sind dem allgemeinen Kreislauf der Besteuerung von Gewinnen dann entzogen. Dies ist besonders spürbar für die Kommunen, die hierdurch wichtige Gewerbesteuerzahler verlieren.

Schlechterstellung gegenüber anderen Bürgern aus Europa

Die Erbschaftsteuer führt zu einer Schmälerung von Vermögen. Dies mag im Hinblick auf eine Umverteilung unterschiedlicher Vermögen innerhalb von Deutschland gerecht erscheinen. Gegenüber anderen Bürgern in Europa führt dies jedoch zu einem Wohlstandsverlust. In den Ländern wie Österreich, Schweden, Norwegen, Tschechische Republik, Norwegen, Slowakei, Estland, Lettland, Malta, Rumänien und Zypern gibt es keine Erbschaftsteuer.