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Stevic: Serbien hat ein noch größeres Talent als Jovic

Miroslav Stevic (2.v.r.) bestritt sechs Länderspiele für das ehemalige Jugoslawien

München - Miroslav Stevic kennt sich aus im serbischen Fußball.

Der frühere Bundesliga-Profi von Borussia Dortmund und 1860 München startete 1984 seine Profikarriere bei Partizan Belgrad im damaligen Jugoslawien, war Nationalspieler, heute ist er als TV-Experte tätig.

Vor dem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Serbien spricht der 49-Jährige im SPORT1-Interview über das Duell, die Nationalspieler Luka Jovic, Mijat Gacinovic und Filip Kostic von Eintracht Frankfurt - und verrät einen serbischen Spieler, der einen nächsten Hype auslösen könnte (Länderspiel: Deutschland - Serbien, ab 20.45 Uhr im LIVETICKER).

SPORT1: Herr Stevic, wie wichtig ist die heutige Partie für Serbien?

Miroslav Stevic: Das darauffolgende EM-Qualifikationsspiel gegen Portugal hat Priorität für Nationalcoach Mladen Krstajic. Das Duell gegen Deutschland ist vorher natürlich eine wichtige Standortbestimmung gegen einen großartigen Gegner, aber Krstajic wird nicht in voller Besetzung antreten. Aleksandar Mitrovic und Dusan Tadic sind angeschlagen, Nemanja Matic wird auch fehlen, ebenso wie Aleksandar Kolarov. Ich glaube, Krstajic muss auf sechs Stammkräfte verzichten. Es gibt deshalb für andere Spieler die Möglichkeit sich zu zeigen und für die Qualifikationsspiele anzubieten (SERVICE: Spielplan der deutschen Nationalmannschaft).

SPORT1: Krstajic war früher bei Werder Bremen und Schalke 04 in der Bundesliga aktiv, ist seit 2017 im Amt. Was hat er verändert?

Stevic: Der Nationaltrainer hat das System verändert, aber fast alle Spieler wurden übernommen. Er hat auch vielen Talenten aus der U17-Mannschaft bei der Weltmeisterschaft die Chance gegeben für die Nationalmannschaft zu spielen. Das war bisher ein wichtiger Teil der Philosophie des Verbandes. Das war auch der Grund für den Trainerwechsel, obwohl der frühere Coach die WM-Qualifikation geschafft hat. Doch Slavoljub Muslin, der Vorgänger von Krstajic, wollte nicht auf die U17-Weltmeister und die U20 zurückgreifen mit Spielern wie Savic, Milinkovic, Maksimovic, Grujic oder Zivkovic. Krstajic hat auf diese Jungs gesetzt und hat damit die Vorgabe des Verbandes erfolgreich umgesetzt.

SPORT1: Was kann die Goldene Generation von Serbien noch alles erreichen nach dem U19-EM-Titel 2013 und dem U20-WM-Titel 2015?

Stevic: Da stellt sich die große Frage von Mentalität. Oft gab es in der Vergangenheit nach großen Erfolgen bei den Profis einen Leistungsabfall und es fehlte an Kontinuität. Ich glaube, dass die jetzige Generation sich toll entwickeln kann, weil viele junge Spieler ins Ausland gegangen sind und dort ihre Erfahrung sammeln konnten. Durch diese Qualität in ausländischen Topligen wird auch die Nationalmannschaft profitieren, wenn man die Jungs im Nationalteam integriert.

SPORT1: Der serbische Stürmer Luka Jovic ist der Superstar in Frankfurt und sprüht vor Spielfreude. Ist er schon bereit für einen Wechsel zu einem der Weltklasse-Vereine wie Real Madrid, FC Barcelona oder Bayern?

Stevic: Der Grund, warum die Jugo-Connection um Jovic, Rebic, Kostic oder Gacinovic so grandios spielt, hat einen Namen: Fredi Bobic (Eintrachts Vorstandsvorsitzender, d. Red.). Der Lauf der Jungs ist sein Verdienst. Er kennt ihre Mentalität und leitet die Jungs gut. Auch Niko Kovac hatte da in der vergangenen Saison seinen Anteil daran. Ob Jovic schon bereit ist für einen großen Verein, müssen die kommenden Monate zeigen. Er muss natürlich seine Form erst noch bestätigen. Aufgrund seines Alters ist er ein sehr interessanter Spieler. Es sind einige große Klubs an ihm dran, auch Bayern. Das ist gut für ihn. Aber auch für die Leute, die an ihn geglaubt haben und weiter glauben wie Fredi und die Verantwortlichen im Klub.

SPORT1: Warum läuft es bei Filip Kostic in Frankfurt so gut? Beim Hamburger SV floppte er.

Stevic: Fußball ist ein Mannschaftssport und da bist du als Profi abhängig von deinen Mitspielern. Wenn eine Mannschaft Probleme hat und von oben nicht gut geführt wird wie es beim HSV in der Vergangenheit der Fall war, dann leidet auch die Leistung eines Spielers darunter. Kostic ist auch reifer geworden und privat läuft alles super bei ihm. Er macht für mich den besten und konstantesten Eindruck von allen Spielern bei der Eintracht.

SPORT1: Wie kann man die Leistungexplosion von Frankfurts Umschaltspieler Mijat Gacinovic erklären?

Stevic: Adi Hütter ist da sicher der entscheidende Faktor. Eintracht und er haben sich gesucht und gefunden. Der richtige Mann richtigen Ort. Er ist nicht nur fachlich gut, sondern auch menschlich top, was sehr wichtig ist für einen guten Trainer. Es ist kein Zufall, dass bei der Eintracht alles passt. Fredi, Hütter, Sportchef Bruno Hübner und Präsident Peter Fischer, der den Klub liebt, machen zusammen einen tollen Job. Da passt alles. Diese Konstellation ist der Garant für den Erfolg.

SPORT1: Der 1,95 Meter große Verteidiger Nikola Milenkovic (21) vom AC Florenz gilt als der neue Nemanja Vidic. Was zeichnet ihn aus?

Stevic: Dieser bodenständige Junge ist ein typisches Beispiel für die Schule von Partizan Belgrad. Er wird dank seiner Professionalität, Bodenständigkeit, seines Willens wird er irgendwann bei einem Topklub landen, weil er alle Qualitäten hat, die ein top Innenverteidiger braucht. Obwohl er bei Fiorentina oft rechter Verteidiger spielt.

SPORT1: Welches Talent, das noch keiner kennt, wird der neue Star in Serbien?

Stevic: Dejan Joveljic von Roter Stern Belgrad. Er ist ein toller Stürmer mit einer ganz großen Perspektive, sogar einer größeren als Jovic. Joveljic ist ein sehr kompletter und beweglicher Spieler. Man sollte sich seinen Namen merken.

Aber es gibt auch Stürmer in der zweiten Reihe wie Dusan Vlahovic von Fiorentina, er kam von Roter Stern, er ist jung. Joveljic und Vlahovic sind zwei Spieler, die sehr interessant für die Bundesliga sein können.